Kapitel 4

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Draco hatte sich auf einen Felsen am Wegrand gesetzt. Nichts ergab mehr irgendeinen Sinn. Josefine stand vor ihm und blickte ihn weiter mit einem so verliebten Blick an, es war unmöglich auszuhalten.

„Aber . . Du . . Ich . . Das geht nicht", stammelte Draco vor sich hin. Er konnte seine Verwirrung nicht einmal genau in Worte fassen. „Wir haben noch nie normal miteinander geredet, ich . . Ich habe dich Schnecken spucken lassen im dritten Jahr. Du hast gesagt, ich bin der grauenvollste Mensch, dem du je begegnet bist."

Draco war von dem Felsen aufgesprungen und lief auf und ab. Er dachte an die letzten Jahre und versuchte sich an eine Situation zu erinnern, in der Turner nett zu ihm war oder sie sich anders benahm und man auf solch eine Reaktion hätte schließen können. Doch ihm fiel nichts ein. Immer wieder schüttelte er den Kopf.

„Manchmal ist es schwierig, seine wahren Gefühle zu erkennen. Es ist sehr viel passiert in dieser Zeit und wir waren noch Kinder", lächelte das Mädchen ihn sanft an. Abermals nahm sie seinen Arm und schmiegte sich an ihn. „Ich weiß jetzt, was wichtig im Leben ist und mit wem ich meine Zukunft verbringen möchte." „Aber warum ich? Es ergibt keinen Sinn Turner, überhaupt nicht", stieß der Slytherin verzweifelt aus und brachte Abstand zwischen sie.

Josefine stand ihm gegenüber, ihre Augen glänzten von den Tränen, ihre Atmung überschlug sich vor Unregelmäßigkeit. Draco seufzte. „Kannst du bitte damit aufhören? Es ist kein Weltuntergang", schnaubte er genervt und fuhr sich durch die Haare. „Doch", schniefte das Mädchen. „Draco, du bist meine Welt und ohne dich macht es für mich durchaus keinen Sinn mehr. Wir sind füreinander geschaffen, verknüpft bis an unser Lebensende."

Langsam kam sie auf ihn zu. Ihre grünen Augen fesselten seinen Blick, es fühlte sich an, als würde Turner direkt in seine Seele blicken. „Es ist gut Gefühle zuzulassen", flüsterte sie leise. Wie hypnotisiert stand Draco einfach da.

Erst als ihre Nasenspitze die Seine berührte und er ihren Atem über seinen Lippen spürte, erwachte der Blonde aus seiner Starre. Mit weit aufgerissenen Augen stolperte er einige Schritte nach hinten. Sie hätte ihn fast geküsst. Turner hatte tatsächlich versucht ihn zu küssen. „Lass uns zurück zum Schloss gehen", versuchte Draco die nächste tränenreiche Situation zu unterbinden. Vielleicht konnte er sich trotz Anhängsel auf dem Quidditchtfeld ablenken. Und solange er in der Luft war, hing Tuner nicht an seinem Ärmel.

Dieser Plan ging zum Glück auf. Auch wenn die Gryffindor ihn vorher minutenlang bequatscht hatte, wie viele Unfälle beim Fliegen passierten und wie vorsichtig er doch sein sollte, saß Draco schlussendlich auf seinem Besen. Weit genug oben und am anderen Ende des Feldes, sodass er Turner auf der Tribüne gar nicht mehr wahrnahm. Die Ruhe, die Freiheit seines Armes, es war der wohl wundervollste Moment des Tages.

Draco flog seine Bahnen und versank tief in Gedanken. Wieso war Turner auf einmal so unsterblich in ihn verliebt? Wurde sie verflucht? Doch Draco kannte sehr viele Flüche und hatte noch nie von solch einem Zauber gehört. Mit dem Imperiusfluch konnte man die Menschen gut manipulieren, aber er traute niemanden an der Schule zu, begabt genug zu sein, den Zauber so lange und kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Außer der Besserwisserin Granger, aber sie würde ihrer Freundin so etwas niemals antun.

Und Draco selbst wäre natürlich dazu in der Lage, aber er hatte nichts getan. Es gab weder eine Party noch ein exzessives Trinkspiel der Slytherin in der letzten Zeit, somit hätte er auch nichts im betrunkenen Zustand machen können. Selbst wenn, warum sollte er Turner für sich auswählen? Es wäre das gleiche, als wenn er Granger oder Weasley daten würde. Bei dem Gedanken schüttelte sich alles in Draco.

Es musste einen anderen Grund geben und er müsste diesen schnellstens herausfinden. So konnte es auf keinen Fall weitergehen, dessen war Draco sich sicher. Vorher würde er verrückt werden. Abwertend blickte er auf die Tribüne, wo Turner noch immer saß. Glücklich lächelnd winkte sie ihm. „Erbärmlich", brummte er leise.

Nach einer kleinen Ewigkeit hatten sich seine Gedanken wenigstens für den Moment beruhigt und er schaffte es sogar, eine ausgiebige dusche im Bad der Vertrauensschüler zu nehmen. Turner konnte er bestens damit abspeisen, auf seinen Besen aufzupassen. Langsam kam er in ihre Richtung gelaufen. Das breite Lächeln auf ihrem Gesicht war noch immer da und ihr Blick betete ihn förmlich an.

Der Slytherin überlegte, wohin sie gehen könnten, ohne zu viel Aufsehen zu erregen. „Ich . .  muss noch meinen Aufsatz für Zaubertränke schreiben", meinte er möglichst gelangweilt. „Wir könnten in die Bibliothek." Draco zwang sich zu einem kleinen Lächeln. Als wäre diese Idee nicht die einzig logische Schlussfolgerung auf seine Aussage. Diesmal würde er aufs Ganze gehen.

„Treffen wir uns dort in einer Stunde?" Draco hoffte inständig, die Zeitangabe war nicht zu weit entfernt. Wie einstudiert setzte er seinen charmantesten Gesichtsausdruck auf und fuhr sich einmal durch die Haare. Diesmal war er derjenige, der sich erbärmlich verhielt. „Sowas wie ein Date?", grinste Turner ihn an.

NEIN, schrie alles in dem Jungen, doch er musste seine Fassade aufrechterhalten. Es war Mittel zum Zweck und diesmal lief es verdammt gut. Und eine ganze Stunde Ruhe waren mehr, als Draco überhaupt gedacht hatte. „Sowas wie ein Date", brachte er mit etwas Mühe hervor. Ihre Augen fingen noch mehr an zu strahlen und Draco hätte es nicht gewundert, wenn in der Luft haufenweise Herzen entstehen würden.

Turner drückte ihm seinen Besen in die Hand. „Das wird wunderschön Draci Pupsi. Bis in einer Stunde", trällerte sie ihm zu, ehe sie schon davon lief.
Auch Draco machte sich auf den Weg zu seinem Schlafsaal. Im Gemeinschaftsraum traf er auf Blaise und Pansy. Die beiden schauten ihn halb mitleidig, halb mit dem dämlichsten Lachen auf dem Gesicht an. „Haltet bloß die Klappe", kommentierte er ihre Blicke.

„Wie bist du sie losgeworden?", kam sein bester Freund ihm hinterher. Der Blonde seufzte. „Konnte sie überreden, dass wir uns später in der Bibliothek treffen." „Als Date oder was", lachte Blaise los. Dracos Blick verfinsterte sich und sein Gegenüber verstummte. „Oh", war alles, was er dazu beitrug. Er quittierte es mit einem Nicken und ließ sich auf sein Bett fallen. Wie benommen starrte Draco an die Decke. Es war ein Alptraum. Und er war gefangen darin.

Pünktlich machte sich Draco auf den Weg zur Bibliothek, doch auf den letzten Metern wurde er immer langsamer. Was bei Salazar machte er hier eigentlich? Er hätte schlichtweg in seinem Schlafsaal bleiben müssen und es wäre nicht mehr sein Problem gewesen. Entschlossen machte Draco auf dem Absatz kehrt. Doch es war zu spät. Hinter ihm kam Turner angelaufen und sie sah gut aus. Ziemlich gut. Ihre lockigen Haare hatte sie halb hochgesteckt und einzelne Strähnen umrahmten ihr Gesicht. Das schwarze Strickkleid schmeichelte ihrer Figur und die passenden Stiefel ließen sie elegant wirken.

Ihr Gesicht erhellte sich und glücklich schmiegte sie sich an Dracos Arm. Dann würde es doch die Bibliothek werden. Gemeinsam suchten sie nach einem Platz, auch wenn Draco sie eher in die hinterste Ecke zog, wo kaum ein Schüler war. Der Blonde versuchte sich an seinem Aufsatz, was sich jedoch als schwierig erwies. Alle paar Minuten hing Turner wieder an seinem Arm oder fing an über irgendwelche Dinge zu reden. Zwar hatte sie ebenfalls ein Pergament dabei, aber bis auf ein paar Herzen, hatte sie nichts weiter geschafft.

Würde dieser Tag jemals zu Ende gehen? Jede Minute fühlte sich an wie elendig lange Stunden und Draco wünschte sich nichts sehnlicher herbei, als die Nacht.

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