Kapitel 22

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Der nächste Morgen war alles andere als Gut. Josefine konnte fühlen, wie ihr Gehirn von sämtlichen Gedanken und Erinnerungen geflutet wurde. Es war, als würde sie ihr gesamtes Leben sehen, jeden Moment - die Guten, wie auch die Schlechten. Nachdem Hermine und Ginny ihre Freundin komplett aufgelöst in ihrem Bett gefunden hatten, hatte Hermine beschlossen, dass Josefine nicht am Unterricht teilnehmen würde. „Ich geh zu Madame Pomfrey und hole dir einen Trank", damit hatte Ginny ihren Schlafsaal verlassen, nachdem Josefine von schreckliche Kopfschmerzen gesprochen hatte.

Während sie auf Ginny warteten, hielt Hermine Josefines Hand fest in ihrer und flüsterte leise, dass alles wieder gut werden würde. Mit roten aufgequollen Augen schaute Josefine zu ihr hoch. „H-Her-mine . . ich kann das nicht nochmal, bitte. .", ihre Stimme zitterte, Tränen liefen weiter in Strömen über ihr Gesicht. Erschöpft sank Josefine tiefer in ihr Kissen. „Wir sind da Josie, du bist nicht alleine. Draco ist auch da . . für dich", flüsterte Hermine leise. Zum ersten Mal lächelte Josefine. „Draco", nuschelte sie leise in ihr Kissen.

Währenddessen war Draco auf dem Weg zur großen Halle. Doch diesmal waren keine Gryffindors zu sehen. Schweigsam nahm er sein Frühstück zu sich. Immer wieder blickten Dracos Augen hinüber zu dem anderen Tisch. Potter und Weasley waren inzwischen eingetroffen, doch von Josefine fehlte jede Spur. Kurz bevor es Zeit wurde, sich auf den Weg zum Unterricht zu machen, kamen Granger und das Weasley Mädchen in die Halle gestürmt, griffen sich etwas Essbares und verließen den Raum ebenso schnell wieder.

Draco sprang halb von der Bank auf und lief den beiden mit schnellen Schritten hinterher. „Granger!", rief Draco über den langen Flur und zu seinem Glück, drehte sich der Lockenkopf in seine Richtung. Ein wenig außer Atem kam Draco neben ihr zum Stehen. „Wo ist Josefine?" Ginny konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Es geht ihr nicht gut, wir haben McGonagall Bescheid gegeben und sie braucht heute nicht zum Unterricht erscheinen", ratterte Hermine hinunter.

„Alles in Ordnung?", Ron stellte sich direkt neben Hermine und blickte fragend zu dem Slytherin. Harry stand nun neben Ginny und Dracos Seiten wurden von seinen Freunden eingerahmt. „Alles bestens, aber der Unterricht beginnt in 3 Minuten und falls ihr es vergessen habt, Professor Flitwick ist mittlerweile ziemlich streng was Pünktlichkeit betrifft", mit diesen Worten läuft Hermine los und die gesamte Truppe folgt ihr.

Doch Draco kann sich nicht annähernd konzentrieren und versucht es erst gar nicht. Irgendetwas war mit Josefine und es brachte ihn um den Verstand, dass er hier sitzen musste und nicht zu ihr konnte. Dass sie in ihrem eigenen Schlafsaal war, welchen Draco so oder so nicht betreten konnten, machte die ganze Sache nicht besser.

Nachdem sich die Stunde elendig lang hingezogen hatte, beendete Professor Flitwick schließlich seinen Unterricht und binnen Sekunden stand Draco vor dem Tisch von Hermine. „Was ist mit ihr?", Dracos Stimme platze vor Anspannung und eine leichte Gereiztheit verpasste ihr einen ungeduldigen Unterton. „Sie hat schreckliche Kopfschmerzen und ist . . einfach ziemlich fertig mit allem. Wir wissen selber nicht, was es genau ist, sie hat nicht mit uns gesprochen", Hermines Stimme war gefasst und ruhig. Sie hoffte inständig, Ginny würde bei ihrer Lüge mitmachen und sie nicht verraten. Hermine wollte nicht mit Draco darüber reden, dass der Trank abgeklungen war und was sie über Josefines Gefühle wusste. Dies war ein Thema, was die beiden selbst besprechen mussten. Und generell musste Josefine sehr viel mit ihnen besprechen.

Draco fühlte wie sein Herz zersprang. Er war sich sicher, es hatte etwas mit dem Zaubertrank zu tun, doch es war viel schlimmer, dass er Josefine nicht einmal helfen konnte. Er nickte kurz und verließ ohne ein weiteres Wort das Klassenzimmer.

Für den Rest des Tages war Draco verschwunden. Nicht einmal Blaise und Pansy wussten, wohin sich der Junge verschanzt hatte. Sie hatten sämtliche Orte abgesucht und waren in den Pausen durch das halbe Schloss gelaufen, doch ohne Erfolg. „Er ist auch nicht beim Quidditchfeld", kam Harry ihnen entgegen. Die Freunde, welche verschiedener nicht sein konnte, ließen allesamt die Schultern hängen.

Professor McGonagall kam auf sie zu. „Mr. Zabini wissen Sie, wo sich Mr. Malfoy befindet?" Der Junge verneinte. Während ihre Schulleitung in die Runde blickte, schüttelten die Anderen ebenfalls die Köpfe. McGonagall räusperte sich. „Nun, ich denke, das alles hängt mit Miss Turner zusammen. Ich werde mit den anderen Lehrern sprechen und Sie können Mr. Malfoy ausrichten, er ist für heute entschuldigt." „Danke, Professor", lächelte Pansy schwach. Sie machte sich allmählich große Sorgen um Draco. Sie wusste, Draco hatte vieles durchgemacht und das meiste davon war das Gegenteil von Gut. Doch so emotional und betroffen, wie die gesamte Situation mit Josefine, hatte sie ihn noch nie erlebt. Während des sechsten Schuljahres hatte Draco Angst und kannte die Konsequenzen, wenn er scheitern würde.

Doch diesmal war es anders. Diesmal waren es keine Konsequenzen, die jemand anderes versuchen würde, keine Drohungen, keine Unterwerfung. Diesmal war alles einzig und alleine Dracos eigene Entscheidungen, seine eigenen Reaktionen und Handlungen, wie er mit seinen Gefühlen und Gedanken umging. Wenn er wollte, könnte er auf kalt stellen, emotionslos werden wie früher und nichts davon wäre eine wirklich lebensbedrohende Konsequenz. Draco hätte Liebeskummer, wie viele Teenager in diesem Alter, aber er würde davon nicht sterben. Nicht, wenn er nicht wollte.

Und das kleine ‚wenn' war etwas, das Pansy einen Schauer über den Rücken jagte. Denn mit Josefine war Draco wirklich ehrlich glücklich. Ihre Beziehung hatte sich in etwas Reines und Wundervolles entwickelt und Draco schien es so gut zu gehen, wie schon lange nicht mehr. Vielleicht sogar so gut, wie noch nie in seinem Leben. Aber Draco war eben auch gebrochen, hatte schon so vieles einstecken müssen, so viel Leid ertragen müssen, dass Pansy sich nicht sicher war, wie viel er noch aushielt.

Und jetzt war er verschwunden, unauffindbar.

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