Kapitel 10

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Ginny wurde als Erste im Schlafsaal der Gryffindormädchen wach. Ausgeschlafen und mit guter Laune, riss sie die Vorhänge auf und ließ die aufgehende Sonne in den Raum scheinen. Hermine grummelte etwas vor sich her und warf ein Kissen nach ihr. Josefine streckte sich genüsslich und lächelte ihre Freundinnen an. „Guten Morgen ihr beiden."

Die Mädchen machten sich fertig für den Unterricht. „Wie fühlst du dich Josie?", fragte Hermine vorsichtig. Die Angesprochene tänzelte durch das Zimmer. „Wundervoll Mine. Ich bin so glücklich und gleich kann ich Draco wiedersehen." Mit einem glänzenden Funkeln in den Augen und dem größten Lächeln aller Zeiten, blickte die Braunhaarige ihre Zimmergenossen an. „Du liebst ihn also noch immer", seufzte Ginny. Josefine lachte. „Natürlich. Sowas hört nicht einfach auf." Sie schüttelte ihren Kopf.

„Ach Mädels, ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich ihn liebe. Draco ist so toll. Er ist perfekt. Wir sind perfekt. Einfach alles ist so magisch mit ihm. Wir sind füreinander bestimmt. Und wir werden eine wundervolle Zukunft haben, bis ans Ende unserer Tage. Ich hoffe, er hat genauso gut geschlafen wie ich, ich geh ihn gleich mal fragen." Damit verließ Josefine den Raum.

Hermine und Ginny schauten sich einander hilflos an. „Sie tut mir so leid. Sie war noch nie so glücklich. Ich hoffe, sie kann sich an nichts erinnern, sobald der Trank abgeklungen ist. Auch wenn sie Malfoy niemals wirklich mögen würde, dieses Gefühlschaos würde ihr das Herz brechen", sprach Hermine leise. Die Rothaarige nickte. „Ich wüsste wirklich gerne, warum es ausgerechnet dieses Ekelpaket geworden ist."

Gemeinsam verließen sie ebenfalls ihren Schlafsaal, die Wendeltreppe hinunter in den Gemeinschaftsraum und trafen dort auf Harry und Ron. Auch die beiden blickten sie voller Sorge und Verzweiflung an. „Ich dachte der Trank soll weniger werden, aber sie scheint sich eher immer mehr in das Frettchen zu verlieben", brummte Ron vor sich her. „Warum mussten wir nur diese dumme Idee haben", klagte Harry. Ihn zerfraßen die Schuldgefühle. Hätten sie diese kindische Idee nicht gehabt, hätten sie niemals den Liebestrank gekauft und Josefine würde sich nicht in dieser verdrehten Situation befinden.

Doch sie alle mussten den Moment akzeptieren, und für die vier Freunde stand eines fest. Sie würden ihre Freundin beschützen, unterstützen und wenn es eben sein musste, Malfoy zu Freundlichkeit zwingen. Vielleicht war es nicht ganz fair, aber am Ende hing tatsächlich ihr Leben von dem Slytherin ab. Was genau den wunden Punkt traf. Sie wussten, Malfoy hatte nichts für Josefine übrig und seine impulsive Art machte das ganze nicht leichter.

Wenn es tatsächlich darauf ankommen würde, trauten die Gryffindors ihm zu, lediglich seinen eigenen egoistischen Hintern zu retten und Josefine ihrem Schicksal zu überlassen. Was in solch einem Fall schrecklich aussehen würde.

Langsam machte sich die Truppe auf den Weg zur großen Halle. Kurz vor der großen Flügeltür, erkannten sie den Slytherin, mit ihrer Freundin am Arm. Er sah müde aus. Malfoy schüttelte den Kopf, ließ Josefine jedoch wo sie war. Diese strahlte ihn an, mit ihrem Herzen auf Wolke sieben. Das ungleiche Paar schritt in die Halle. Die Gryffindortruppe stand unentschlossen am Treppenende. Noch immer war es ein komischer Anblick und keiner von ihnen wollte es wirklich wahrhaben. Und sie wussten auch nicht, wie sie sich Malfoy gegenüber verhalten sollten. Würde Josie es schlecht gehen, wenn es ihm schlecht ging? Oder beschränkten sich ihre Emotionen gänzlich auf seine Aktionen ihr gegenüber?

So viele Fragen und doch konnte ihnen niemand die Antworten verraten. Selbst Professor Slughorn, der schon unendlich viele Tränke gebraut hatte und eine Menge an Erfahrung und Wissen hegte, konnte ihnen keine wirklich gute Lösung unterbreiten. Es waren nur Vermutungen und Abwägungen, aber eine Sicherheit gab es für sie nicht.

Dann machten sich die Freunde langsam auf den Weg zum Frühstück. Während sie sich dem Alltag hingaben und mit ihren Mitschülern sprachen, wanderte von jedem von ihnen immer wieder ein Auge Richtung Slytherintisch. Ebenso im Unterricht. Auch wenn es vor allem Harry und Ron schwerfiel, ihre beste Freundin neben dem Frettchen sitzen zu sehen und mit anschauen zu müssen, wie desinteressiert er da saß. „Er könnte sich echt mehr Mühe geben", raunte Ron Harry zu. Dieser nickte. „Wir könnten zu Professor McGonagall gehen, aber wenn er sich feige aus dem Staub macht, wie sonst auch, haben wir ein Problem", flüsterte Harry zurück.

In diesem Moment blickte der Slytherin kühl zu ihnen hinüber. Sein Ausdruck war wie in Stein gemeißelt. Die beiden Gryffindors schauten von Josefine zurück zu dem Blonden und hofften, er würde ihre Anmerkung verstehen.

Draco hingegen fühlte sich noch unwohler als die Tage zuvor. Was fast schon an Unmöglichkeit grenzte, da er sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, wann er sich das letzte Mal ernsthaft wohl in seiner Haut gefühlt hatte. Vor allem in dieser Schule. Er blickte wieder auf seinen Teller, welcher noch immer voll belegt war. Zwar hatte sich der Junge fest vorgenommen, Turner einfach zu ignorieren und einen halbwegs normalen Tag zu haben, doch vor der großen Halle hatte sie ihn schon erneut belagert.

Wie sehr sie ihn vermisst hatte. Wie sie sich freute, ihn zu sehen. Turner hatte es sogar gewagt, ihn zu fragen, ob er auch so gut geschlafen hatte. Der wohl schlechteste Witz, den Draco seit langem gehört hatte.

Die Müdigkeit, seine schlechte Laune und die aufkeimende Wut in seinem Bauch, vermiesten ihm zusätzlich das Frühstück. Nicht einen Bissen bekam der Slytherin runter. „Draco, du hast noch gar nichts gegessen. Geht es dir nicht gut?", sanft nahm Turner seine Hand in ihre. Alles in ihm spannte sich an. Sein Kiefer schmerzte schon, so sehr presste er die Zähne aufeinander. „Alles bestens", presste er nach einem langen Atemzug hervor. Wenn das Problem nach dem Problem fragte.

Doch seine Aussage schien dem Mädchen nicht zu reichen. Voller Sorge blickte sie ihn an. Draco hatte das Gefühl, ihr Blick durchbohrte ihn. „Vielleicht solltest du zu Madame Pomfrey gehen." Ihre moosgrünen Augen glänzten Draco an. „Es. ist. alles. bestens." Mit größter Mühe schaffte Draco es, ein kleines gepresstes Lächeln auf seinem Gesicht erscheinen zu lassen.

Was würde er dafür geben, ihr einen Fluch aufhalsen zu dürfen, um endlich seine Ruhe zu haben.

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