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»Seid ihr jetzt zusammen ?« fragte Maria plötzlich, als wir den langen Korridor entlanggingen. Die Lichter warfen kalte Schatten auf die weißen kahlen Wände, während unsere Schritte durch etliche Gespräche übertönt wurden. Es war ein typischer Nachmittag in der Klinik, und der sterile Geruch hing in der Luft, eine Mischung aus Chemie und Desinfektionsmittel.

»Ich denke schon« antwortete ich zögerlich, während ich die Akte des nächsten Patienten durchblätterte. Meine Stimme klang unsicher, selbst für meine eigenen Ohren. Die Zeilen verschwammen vor meinen Augen, aber ich zwang mich, weiterzulesen.

Maria blieb stehen und drehte sich zu mir um. »Du denkst schon ?« Ihre Augenbrauen schossen in die Höhe, und sie schüttelte den Kopf. »Wie kann man nicht wissen, ob man zusammen ist ?«

Ich schlug die Akte mit einem leisen Knall zu und verdrehte die Augen. »Maria, bitte. Sei still. Es sollen nicht alle erfahren.« Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, als ich mich umsah, ob jemand in Hörweite war.

»Du meinst wohl eher, James soll es nicht erfahren« entgegnete sie und hielt inne, um mich mit einem durchdringenden Blick zu fixieren. Ihr Ausdruck war eine Mischung aus Verständnis und Neugier.
Ich seufzte und nickte widerwillig.
»Ja, er sollte es nicht erfahren. Ich habe einfach Angst vor seiner Reaktion, vor dem, was er tun könnte.« Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
»Um ehrlich zu sein, ist es mir sogar lieber, wenn erstmal niemand davon erfährt. Wer weiß, was in Zukunft passiert ?«
Maria legte eine Hand auf meine Schulter und drückte sie sanft. »Wir reden beim Essen weiter. Erst Visite, dann reden wir«
Ich nickte dankbar und folgte ihr, während sie leise an die nächste Zimmertür klopfte.

Die Visite verlief routinemäßig. Ich bemerkte, dass Marias Fragen nachließen, als wir uns auf unsere Aufgaben konzentrierten. Doch in meinem Hinterkopf nagten die Gedanken an Liam und mir.

Endlich setzten wir uns in der großen Mensa an unseren üblichen Tisch. Hinten links am Fenster, wo wir unauffällig, aber nicht unsichtbar waren. Der Platz bot einen perfekten Blick auf den Raum, und die vorbeiziehenden Kollegen grüßten uns freundlich.

Liam hatte die letzten Tage bei mir geschlafen, und ich genoss jede Sekunde davon. Sein Handy klingelte gelegentlich, aber nie aus einem Grund, der ihn zum Aufbruch zwang. Alles lief gut zwischen uns, obwohl er immer noch ein Geheimnis um seine Arbeit machte. Seit unserem Date hatte ich das Thema nicht mehr angesprochen. Er wird reden, wenn er bereit ist sagte ich mir immer wieder.

Während Maria sich mit einer anderen Kollegin unterhielt, spürte ich plötzlich ein beklemmendes Gefühl, als würde mich jemand beobachten. Ich schaute mich um, konnte aber niemanden erkennen, der mich ansah. Trotzdem ließ das Gefühl nicht nach, und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.

»Aurora, alles in Ordnung ?« Maria berührte leicht meine Hand, und ich zuckte zusammen.

»Ja, tut mir leid. Ich war nur... Wovon habt ihr gesprochen ?« versuchte ich abzulenken und schaute zwischen ihr und unserer Kollegin hin und her. Ihre Blicke verrieten, dass sie meine Ablenkung durchschauten, aber sie ließen es unkommentiert.

Kurz darauf rief die Notaufnahme an. »Verdacht auf Pneumonie? Nicht ganz meine Fachrichtung, aber ich schaue ihn mir an« sagte ich zu Elisa die gerade am telefonieren war
»Ich kann auch gehen« erwiderte Maria, doch ich wieso sie daraufhin sitzen zu bleiben und machte mich auf den Weg.

Die Notaufnahme war wie immer belebt, ein Chaos aus Stimmen, hastigen Schritten und dem unaufhörlichen Piepen von Monitoren. Eine Pflegerin führte mich hastig durch den Flur, vorbei an vollbesetzten Wartebereichen und eilenden Ärzten, bis wir vor einer Tür zum Behandlungszimmer ankamen. Ich atmete tief durch, drückte die Klinke herunter und trat ein.

his obsession Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt