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1,5 Jahre später
»Vielen vielen Dank Dr. Lopez« Die ältere Frau reichte mir ihre Hand, und ihre Fingerspitzen zitterten leicht, als sie meine berührten. Ihr Lächeln war sanft, müde, aber voller Wärme. Ich erwiderte es mit einem der freundlichsten Lächeln, das ich aufzubringen wusste, und trat aus dem Zimmer, nachdem ich gerade einen tief eingedrungenen Nagel aus der Hand ihres Mannes entfernt hatte. Es war eine kleine, fast banale Verletzung, die er sich zugezogen hatte, während er eine Hundehütte zusammenbaute. 
Das ältere Paar hatte in mir eine tiefe Zuneigung geweckt; die Art, wie sie einander liebten und neckten, während ich arbeitete, zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht. Die Frau hatte sich mit einem besorgten Stirnrunzeln über die Tollpatschigkeit ihres Mannes beklagt, während er nur schmunzelnd die Schultern zuckte und alles herunterspielte.

Als ich den Flur entlangging, spürte ich, wie die alltägliche Hektik der Notaufnahme mich wieder einholte. Maria kam mir entgegen, ihre Augen glitten kurz über die Patienten, die geduldig auf ihre Behandlung warteten. »Ari, es kommt gleich ein Streifschuss und eventuell ein SHT in die Drei. Soll ich übernehmen oder machst du das ?« fragte sie, ihre Stimme ruhig, aber mit der typischen Anspannung, die wir alle in den Notfällen hatten.

»Ich kümmere mich darum. Du kannst hier weitermachen.« Maria lächelte kurz und rief den nächsten Patienten auf, während ich mich schon gedanklich auf den bevorstehenden Ernstfall vorbereitete. Seit fast sechs Monaten arbeiteten Maria und ich nun Seite an Seite in der Notaufnahme, und in dieser Zeit hatten wir eine fast wortlose Verständigung entwickelt. Wir waren bereits vorher ein gutes Team, aber seit der Zusammenarbeit in der Notaufnahme hatte sich unsere Freundschaft enorm verändert, sie war mein persönlicher Lola Ersatz. Tatsächlich hatte ich Maria dazu überredet, den Wechsel in die Notaufnahme mit mir zu beschreiten. Es war mein Bedürfnis nach mehr Adrenalin und Spannung gewesen, das uns schließlich hierhergeführt hatte, und obwohl sie anfangs gezögert hatte, war sie mir natürlich gefolgt. Mit einer Partnerin wie ihr an meiner Seite war der chaotische Alltag in der Notaufnahme nicht nur erträglich, sondern oft sogar erfüllend und mit einem gewissen Spaß zu schaffen.

Bevor ich mich jedoch den beiden neuen Notfällen widmen konnte, zog ich kurz mein Handy aus der Tasche und las die neue Nachricht von Nick.
"Bobby will nicht raus, er bellt mich die ganze Zeit an." Ein leichtes Schmunzeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Ihre Beziehung, die zwischen Nick und Bobby, war immer etwas angespannt gewesen, ein Zustand, der sich trotz aller Bemühungen nie verbessert hatte. Aber meine Beziehung zu Nick hatte sich im Laufe der Monate vertieft. Anfangs hatte ich mich gegen die Gefühle gewehrt, die er vorausgesagt hatte, doch irgendwann hatten sie mich eingeholt. Es lief gut zwischen uns, besser als ich es mir je vorgestellt hatte, abgesehen von einer kleinen, aber nicht unwichtigen Sache: dem Sex. Nick war ein guter Liebhaber, der den Sex als reine Pflichtübung sah, ohne großen Aufwand oder Hingabe. Kein Verführer, kein Genießer, sondern einer, der es schnell und unkompliziert mochte. Rein und raus, mehr war es nicht. Anfangs hatte mich das frustriert, doch mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt, es akzeptiert, wie so vieles andere auch. Schließlich war es nicht das Wichtigste, oder ?

Die lauten Sirenen, die draußen vor der Tür aufheulten, rissen mich aus meinen Gedanken und signalisierten die Ankunft der neuen Notfälle. Noch bevor ich mich umdrehen konnte, rief eine der Pflegerinnen den Sanitätern zu, die beiden Verletzten in Behandlungszimmer Drei zu bringen. Mit einem schnellen Schritt machte ich mich auf den Weg dorthin. Noch bevor ich mich auf den Weg in das Zimmer machte, wurde ich bereits von einem der Sanitäter abgefangen, der mir schnell die ersten Details nannte.

»Junge Frau, Ende zwanzig, Anfang dreißig, Verdacht auf SHT durch einen Sturz, keine Bewusstlosigkeit. Männlich, Ähnliches alter, Streifschuss an der rechten Schulter bei einem Einsatz mit der Polizei« berichtete der Sanitäter schnell, während wir hastig in das Behandlungszimmer liefen. Seine Stimme war klar und präzise.

his obsession Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt