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Die beiden Frauen verließen den Raum und ließen mich mit Maria allein zurück. Die Stille war beinahe greifbar, nur unterbrochen von dem leisen Summen der Geräte. Meine Hand lag immer noch in Marias, mein Kassack war nach oben geschoben, mein Bauch entblößt. Keine Tränen. Nur ein tiefer, unerwarteter Frieden erfüllte mich.

Maria ließ meine Hand los, griff nach dem Ultraschallgerät und trug erneut das kühle Gel auf meinen Bauch auf. Mit einer sanften Bewegung führte sie den Schallkopf über meine Haut, während sie den Monitor so drehte, dass auch ich endlich sehen konnte, was die beiden Damen zuvor gesehen hatten.

Mein Blick haftete an dem Bildschirm, als ob dieser kleine schwarze Fleck das Einzige wäre, das existierte. Es war kaum etwas zu erkennen, nur ein winziger Punkt, nicht größer als ein Reiskorn. Laut der Ärztin befand ich mich in der sechsten Schwangerschaftswoche. Der Embryo war so klein und zerbrechlich, und dennoch, da war er. Das Wunder, das in mir heranwuchs. Tränen stiegen in mir auf, aber diesmal waren es Tränen der Freude und des Staunens. Ich konnte nicht aufhören zu lächeln.

Maria sah mich an und lächelte ebenfalls. »Ich werde Tante« flüsterte sie, und ihre Stimme war weich und voller Liebe.

Ich nickte, mein Lächeln breitete sich aus. »Ich muss es Liam sagen«

Maria hob eine Augenbraue und ein neckisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ist es seins ?« Ihre Augen blitzten vor Witz, doch in ihnen lag auch eine tiefe Fürsorge.

»Natürlich ist es von Liam« antwortete ich und schüttelte den Kopf über ihre Absurdität. Wir beide lachten leise. »Er soll herkommen und das sehen« sagte ich dann, meine Stimme fest und voller Entschlossenheit. Ich griff nach meinem Handy und rief ihn an, spürte das leichte Zittern meiner Finger, als ich ihm sagte, er solle sofort kommen. Natürlich ließ ich es dramatischer klingen, als es war, wollte ihn ein wenig auf die Folter spannen.

Keine fünfzehn Minuten später klopfte es an der Tür. Maria sprang auf und öffnete sie. Liam stürmte herein, außer Atem, und seine Augen suchten panisch nach mir.

»Was ist passiert ? Wo ist sie ?« fragte er, seine Stimme überschlug sich fast vor Sorge.

»Es ist alles in Ordnung, sie ist hier« beruhigte ihn Maria und trat zur Seite, damit er eintreten konnte. Ohne zu zögern kam er auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung.

»Was ist los ? Warum sagt niemand etwas ?« Seine Stirn legte sich in Falten, als er uns beide ansah.

Maria und ich warfen uns einen bedeutungsvollen Blick zu. »Liam, setz dich« sagte Maria schließlich und schaltete das Licht aus, um die Spannung noch ein wenig zu steigern. Er tat es ohne zu zögern, obwohl ich sehen konnte, wie sehr die Ungewissheit ihn quälte.

Ich legte mich zurück, zog meinen Kassack wieder hoch und Maria trug erneut das kühle Gel auf meinen Bauch auf. Der Schallkopf glitt sanft über meine Haut, und diesmal richtete sie den Monitor direkt auf Liam. Sein Blick verharrte auf dem Bildschirm, er starrte wie gebannt auf das winzige, pulsierende Leben. Minuten vergingen, in denen er nichts sagte, nichts tat, und die Stille wurde fast unerträglich.

Ich fühlte, wie sich die Angst in mir zusammenzog. Was, wenn er nicht glücklich war ? Was, wenn das alles zu viel für ihn war ? Aber dann legte er seine Hand auf meine, und ich spürte die Wärme, die von ihm ausging. Maria schenkte uns einen ermutigenden Blick und schob Liam den Schallkopf in die Hand. Sie drückte meinen Arm leicht und verließ den Raum, uns den Moment überlassend.

Liam stand auf, seine Hand zitterte leicht, als er den Schallkopf auf meinen Bauch legte. Der Kontakt war so sanft, dass kein Signal empfangen wurde. Ich legte meine Hand auf seine und drückte ein wenig fester zu. Sofort erschien das Bild wieder auf dem Monitor. Sein Blick wechselte vom Bildschirm zu mir, seine Augen suchten die meinen. Es war, als ob alles um uns herum verblasste, als ob nur wir beide existierten.

his obsession Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt