Viel Output für eine nüchterne Person

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Der Geruch von Chlor und Blumenwiese steigt mir in die Nase. Zu meinem wiederholten Erstaunen ist das eine angenehme Mischung. Mit meinem Handtuch unterm Arm schlendere ich zu den Mädels rüber und mache mich neben Connie breit. "Wow, dein Bikini ist richtig schön." So, als ob ich nicht mehr weiß was ich trage, schaue ich an mir herunter. "Chrissy hat mich gezwungen den anzuziehen", lache ich leicht. "Tschuldigung, dass ich wollte, dass genau das jemand zu dir sagt", empört sich Chris auf meiner linken Seite. "Auch wenn ich dachte es kommt von einem männlichen Wesen", fügt sie murmelnd hinzu. Diese Aussage bringt mich zum Schmunzeln und die Anderen zum Lachen. "Wie wäre es mit einer Runde schwimmen?", schlägt Alex nach einer Zeit vor. Wir Alle nicken begeistert und machen uns auf ins Becken. Nachdem wir ein paar Bahnen geschwommen sind, halten wir uns am Beckenrand auf und beobachten die anderen Besucher. Total unauffällig. "Schau mal der." Wie es kleine Kinder machen würden, zeigt Con auf einen Jungen mit braunen Locken und einer runden Brille, der sich suchend umschaut. Um nicht losprusten zu müssen hält sich Alexandra ihre Hand vor den Mund. Sie kann es jedoch nicht lassen mit ihrer freien Hand auf die rosa Badehose des Jungen zu zeigen. Anstelle von Alex bricht nun Chrissy in schallendes Gelächter aus. Was ist nur bei der Erziehung der Dreien schief gelaufen? Mit rotem Kopf, weil sie mir gerade richtig peinlich sind, halte ich Christine ihren Mund zu und schlage die Hände von Alex und Connie unter Wasser. Das bringt die Zwei auch zum Lachen. "Ich glaube unser Feuermelder braucht eine Abkühlung." Und schon werde ich von meinen lieblichen Freundinnen unter Wasser gedrückt. Das gibt Rache. Eine ziemlich wilde Wasserschlacht entsteht und wir werden schon von einigen älteren Leuten kritisch beäugt. Als ob diese nie jung waren. Anscheinend bemerkt auch Alex die Blicke. Mit einem "auch in unserem Alter darf man noch Spaß haben" schwingt sie sich aus dem Wasser und läuft auf die Wiese zu. Wir Anderen folgen ihr.
Nachdem ich meine Haare durchgekämmt habe, lege ich mich auf meinen Bauch und versuche zu entspannen. Da heute einer der wärmeren Tage im Jahr ist trockne ich ziemlich schnell. Im Sekundentackt fallen kühle Wassertropfen auf meinen Rücken. Ich hasse diese unlustigen Streiche. "Hör auf Phil", grummel ich, während ich versuche mit meinem Handrücken die Tropfen wegzuwischen. Und du fragst dich nicht wieso das Phil sein sollte? Die herunterfallenden Tropfen werden immer mehr. Laut schnaufe ich auf, bevor ich mich aus meiner Liegeposition hoch quäle. "Ich habe gesagt du sollst aufhö..." Weiter komme ich nicht. Über mir steht nicht Phil. Natürlich nicht. Sondern ein klitschnasser Luca. Verschmitzt lächelt er mich an. "Hey!" Gehirn lass mich jetzt nicht im Stich. Wehe du antwortest jetzt mit einem langgezogenen 'Hi'. "So schnell sieht man sich also wieder", antworte ich, um meine zweite Stimme zufrieden zustellen. Ohne jegliche Aufforderung lässt Luca sich neben mir auf meinem Handtuch nieder und verschränkt seine Arme hinter dem Kopf. Wie kann man nur so selbstbewusst sein? "Cooler Bikini", lässt er ganz beiläufig fallen. Erneut schaue ich an mir runter. Stimmt den hatte ich an. "Äh ja ist von Chrissy." Hoffentlich ist sie jetzt zufrieden. "Von Chrissy also", lacht er. Mit dem Namen kann er doch gar nichts anfangen. Ich stütze mich auf meine Unterarme, um sie ausfindig zu machen. "Hey, ich bin Chrissy", kommt sie mir zuvor. "Luca." Höflich wie er ist reicht er Chris die Hand. "Ich weiß", zwinkert sie ihm zu, während sie den Handschlag erwidert. Flirtet sie gerade mit ihm? Bullshit. Sie weiß, dass Luci dir gehört. Dass mich meine innere Stimme ewig auslacht, macht mich noch fertig. "Wie war das nochmal mit dem Bikini?", hakt Christine nach. Luca schaut sie nur aus verwirrten Augen an. "Hör auf!", zische ich so leise wie möglich. So leise wie eine Horde Elefanten auf dem Jahrmarkt. Nun guckt Luca mich mit großen Augen an. Erwartet er jetzt eine Erklärung? "Chrissy wollte unbedingt, dass ich diesen Bikini anziehe, damit mir irgendjemand Komplimente macht. Aber außer Connie hat das noch keine getan. Bis du natürlich mit deinem unverschämt großen Ego einen Kommentar über den Bikini ablassen musstest. Also vielen Dank. Jetzt kann Chris wenigsten beruhigt schlafen gehen", rassel ich herunter, "und warum ich dir das gerade erzähle ist mir auch noch nicht ganz klar..."
"Ich habe also ein unverschämt großes Ego?"
"Denke schon", erwidere ich mit einem knappen Nicken. Warum faselst du immer so viel? "Und dein Freund hat dir noch kein Kompliment über deinen Bikini gemacht?" Luca scheint wirklich irritiert. Dabei müsste ich Diejenige sein, die diesen Blick drauf hat. "Wer soll mein Freund sein? Und können wir das Thema Bikini sein lassen?"
"Okay, Thema ist abgehakt", lacht der Blondschopf neben mir, "Ich meinte den, der letztens mit dir im Desert war." Phil. Na toll. Auch kein besseres Thema. "Ah...Nein er ist nicht mein Freund. Also zumindest nicht so einer an den du jetzt denkst? Phil ist mein Kumpel. Zumindest war er das, bevor ich mich mit ihm gestritten habe. Ich weiß nicht, ob wir jetzt noch Freunde sind..." Fahr mal einen Gang runter! "Warum erzähl ich dir das überhaupt? Soviel rede ich noch nicht einmal, wenn ich zu viel getrunken habe. Nicht, dass ich sowas tun würde. Also zu viel trinken." Du quaselst wie eine Bescheuerte. Leider besitze ich keine Hände, um dir den Mund zu zukleben. Faziniert starrt mich Luca an. Ich bin doch kein Tier im Zoo. "Mund zu, sonst kommen Fliegen rein", mischt sich nun wieder Chrissy ein. "Viel Output für eine nüchterne Person." So als will er irgendwelche absurden Gedanken loswerden, schüttelt Luca den Kopf. Na super, jetzt hält er mich für total bekloppt. Wer tut das nicht? "Ehm ja ich verschwinde dann mal kurz." Mit diesen Worten mache ich mich auf in Richtung Toilette.
"Und du bist echt noch nie auf einem Motorrad mitgefahren?", wiederholt anscheinend Chrissy ihre Frage, als ich zu meinem Platz zurückkehre. Lachend schüttelt Luca seinen Kopf. "Ich kenne halt keinen der eine Maschine fährt."
"Oh und ob! Frag mal die liebe Joy", posaunt meine aller beste Freundin heraus. Wo bleibt die Intelligenz, wenn man sie braucht? Mit meinen beiden Händen fuchtel ich wie wild herum. So als ob ich meine Kehle durchtrennen will. "Du fährst Motorrad?" , wendet sich Luca wieder mit diesem unglaublich faszinierten Blick an mich. Bevor ich ihm antworte räuspere ich mich und kratze mit meinem Finger etwas verlegen an meinem Haaransatz rum. "Hm..ja doch kann durchaus sein, dass eins bei mir Zuhause steht." Mist. Mist. Mist. Das Klingeln meines Handys erlöst mich aus dieser Situation. Mein Dad ordert mich nach Hause. Wer hätte gedacht, dass ich mich jemals darüber so freue.
"Okay Leute, machts gut." Zum Abschied umarme ich meine Mädchen. "Bis dann." Mit einem aufrichtigen Lächeln verabschiedet sich auch Luca von mir. Bis dann...

Distract me with your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt