Verabredung

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Ein weiteres T-Shirt wird von mir aus dem Kleiderschrank genommen. Nach kurzem Anhalten findet es den Weg auf meinen Zimmerboden. Neben dem Berg aus Hosen türmt sich allmählich ein doppelt so großer Haufen aus Oberteilen. "Ich verstehe dein Problem nicht. Wenn ihr euch trefft, ist es eh schon längst dunkel", stöhnt Amber. Kopfschüttelnd drehe ich mich zu meinem Computer. "Erzähl mir nicht, dass du dir keine Gedanken machst, was du zu einem Date anziehst", lache ich. "Das habe ich auch nicht gesagt. Aber ich fange damit nicht erst drei Stunden vorher an und ich entleere dabei auch nicht meinen ganzen Kleiderschrank", zieht mich meine Cousine auf. Mit einem Blick auf die untere Ecke des Bildschirmes stelle ich fest, dass es bereits sechszehn Uhr ist. In zwei Stunden würde Luca mich abholen kommen. Somit werde ich nach einem weiteren Blick auf meinen geöffneten Schrank und die vielen zerknüllten Anziehsachen auf dem Boden nur noch nervöser. "Oh Gott Amber, was soll ich nur machen?", rufe ich aus. "Du bewegst jetzt deinen Hintern aus meinem Sichtfeld und lässt mich deine Sachen durchgucken", befiehlt sie mir, "so gut das natürlich von Amerika aus geht..." Frustriert setze ich mich auf mein Bett und warte darauf, dass sich Amber wieder zu Wort meldet.

"Princess?", klopft es an der Tür. Kurz darauf wird sie von meinem Dad geöffnet. "Damn! Welche Bombe ist denn hier eingeschlagen?", fragt er erschrocken. "Nicht du auch noch", winke ich müde ab. "Okay, also ich wollte dir eigentlich nur Bescheid geben, dass ich noch schnell einkaufen fahre."

"Meinen Segen hast du", spaße ich. "Danke", lacht mein Dad, "und dir viel Spaß heute bei deiner Verabredung." Zwinkernd verlässt er mein Zimmer. Nur eine Sekunde später klatscht Amber in ihre Hände und reibt sie voller Tatendrang aneinander. "Du nimmst einfach die hellblaue Jeans, die ganz oben auf dem Berg liegt, und das weiße T-Shirt, welches noch im Schrank hängt. Darüber ziehst du den dunkelblauen Blazer, den du letztens getragen hast, als wir nach Liams Geburtstag zusammen im Zoo waren, und kombinierst alles mit deinen blauen Ballerinas, die du mit guten Willen sicher in deinem Schuhschrank findest. Et voilà dein Outfit ist perfekt."

Meiner Cousine vertrauend, sammele ich alle genannten Kleidungsstücke zusammen und verschwinde ins Bad. Dort springe ich schnell unter die Dusche.

Während ich meine Haare föhne, betrachte ich mich im Spiegel. Amber hatte damit recht, dass es das perfekte Outfit ist. Was würdest du nur ohne sie mache?

Zurück im Zimmer, fange ich an, meinen Schmuck zu durchwühlen. "Silbernen oder goldenen Schmuck?", erkundige ich mich. "Silber", lautet die Antwort meiner Cousine. Rasch streife ich einige Armbänder und Ringe über und hänge mir Kettchen um. "Make Up oder kein Make Up?", frage ich weiter. "Ein dezentes Make Up ist nicht schlecht", rät mir Amber. Also tusche ich mir meine Wimpern und trage etwas Puder auf. "Gut so?", halte ich mein Gesicht lachend ganz nah vor die Kamera. "Du siehst wunderhübsch aus, Cousinchen", komplementiert sie. "Danke. Ich werde dann mal unten meine Schuhe suchen gehen und hoffentlich nicht in den letzten Minuten noch völlig verrückt werden", erhebe ich mich aufgeregt von meinem Schreibtischstuhl. "Joy, das wird sicher ein ganz toller Abend. Genieße ihn, habe Spaß und mach dich nicht so verrückt", muntert Amber mich auf. "Und wer weiß, vielleicht hat die kleine Joyce morgen schon einen Freund", flötet sie hinterher. Meine Augen verdrehend beende ich den Skype-Anruf und mache mich auf den Weg nach unten.

Gerade halte ich stolz die Ballerinas in die Luft, als es klingelt. Irritiert öffne ich noch barfuß die Tür. "Du bist fünfzehn Minuten zu früh", rufe ich, als ich Luca erblicke. "Was für eine Begrüßung", lacht dieser. "Und warum siehst du so gut aus?", frage ich überwältigt. Verschmitzt grinsend lehnt sich der Blondhaarige an den Türrahmen. Seine Hände steckt er wie immer in seine Bluejeans. Du siehst nicht sehr elegant dabei aus, wie du versuchst durch seinen Pullunder und durch sein weißes Hemd hindurch zugucken. "Oh Gott, ich muss noch meine Schuhe anziehen", gebe ich vollkommen durch den Wind von mir. Schnell ziehe ich diese an und trete dann über die Türschwelle.

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