Kapitel 23: Annas wahre Identität

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Der Zug fuhr weiter durch die dunkle, trostlose Landschaft der Schattenwelt. Die erschütternden Erlebnisse am See der Lügen lagen noch schwer auf Laras Schultern, und Anna saß still neben ihr, die Augen auf den Boden gerichtet, während der Zug durch die Nacht ratterte.

Aaron, der am Fenster stand, sah tief in die Dunkelheit hinaus, als ob er nach etwas suchte. Die Spannung in der Luft war fast greifbar, und Lara konnte fühlen, dass etwas Unausweichliches auf sie zukam. Schließlich brach Aaron das Schweigen.

„Lara," sagte er mit ernstem Ton, ohne sich von dem Fenster abzuwenden, „es gibt etwas, das du wissen musst."

Lara sah zu ihm auf und spürte einen Knoten in ihrem Magen. „Was ist es, Aaron?"

Er drehte sich zu ihr um, seine Augen durchdringend und voller Weisheit. „Wir werden die Dunkelheit nicht verlassen können, solange Anna ihre wahre Identität nicht kennt."

Laras Augen weiteten sich. „Was meinst du damit? Anna ist... sie ist doch nur ein kleines Mädchen, das ihren Bruder verloren hat."

Aaron schüttelte langsam den Kopf. „Das ist es, was wir bisher gedacht haben. Aber die Schattenwelt spielt oft mit unseren Wahrnehmungen. Es gibt Dinge, die wir nicht sehen können, weil sie in den Tiefen unseres Unterbewusstseins verborgen sind."

Anna sah von ihren Füßen auf und blickte Aaron mit verwirrten Augen an. „Ich weiß, dass ich mich an vieles nicht erinnere", sagte sie leise. „Aber was hat das mit meiner Identität zu tun?"

Aaron trat näher und kniete sich vor Anna hin, sodass er auf Augenhöhe mit ihr war. „Anna, tief in deinem Herzen weißt du, wer du wirklich bist. Du hast es vielleicht vergessen oder verdrängt, aber es ist da, ein Teil von dir. Es gibt einen Grund, warum du hier bist, warum du diese Reise mit uns machst. Es ist an der Zeit, dich zu erinnern."

Anna schaute hilflos zwischen Aaron und Lara hin und her. „Aber... ich erinnere mich an nichts", flüsterte sie. „Ich weiß nicht, wer ich bin."

Lara fühlte Mitleid mit dem kleinen Mädchen und legte beruhigend einen Arm um ihre Schultern. „Es ist okay, Anna. Wir sind hier bei dir. Wir werden das zusammen herausfinden."

Aaron nickte zustimmend. „Manchmal braucht es einen Auslöser, um das Verborgene ans Licht zu bringen", erklärte er. „Etwas, das eine tief verborgene Erinnerung wachruft. Es könnte ein Ort, ein Geräusch oder sogar ein Geruch sein. Es kann etwas sein, das einen tiefen Eindruck hinterlässt und uns zwingt, uns zu erinnern."

Lara dachte darüber nach, was Aaron sagte, und spürte, dass er recht hatte. Die Schattenwelt war voller Rätsel und Geheimnisse, und es schien, als ob jede Seele, die hierher kam, etwas zu lernen oder zu verstehen hatte.

„Was können wir tun, um Anna zu helfen, sich zu erinnern?" fragte Lara schließlich.

Aaron stand auf und ging zur Zugtür. „Es gibt einen Ort", sagte er nachdenklich. „Einen Ort, der oft als Tor zur Wahrheit beschrieben wird. Wir sind auf dem Weg dorthin. Es ist möglich, dass Anna dort die Antworten findet, die sie sucht."

Anna sah ihn mit großen Augen an. „Ein Tor zur Wahrheit? Was bedeutet das?"

Aaron lächelte schwach. „Es bedeutet, dass dort alles klar wird. Die Dunkelheit wird durch Licht ersetzt, und das, was verborgen ist, wird sichtbar gemacht. Wenn wir dort ankommen, wirst du vielleicht endlich verstehen, wer du wirklich bist."

Lara nickte, entschlossen, Anna zu helfen, egal was es brauchte. „Wir schaffen das, Anna. Wir werden diesen Ort finden und das Rätsel lösen."

Der Zug fuhr weiter, und eine neue Hoffnung keimte in Lara auf. Sie wusste, dass diese Reise noch lange nicht zu Ende war, aber sie fühlte sich bereit, sich allem zu stellen, was noch kommen mochte.

Während sie durch die Dunkelheit fuhren, spürte Lara, wie der Zug schneller wurde, als ob er auf etwas zusteuerte, das jenseits ihrer Vorstellungskraft lag. Das Schicksal hatte sie auf diesen Weg geführt, und sie würde nicht aufgeben, bis sie die Wahrheit gefunden hatten, nicht nur über Anna, sondern auch über sich selbst und diese mysteriöse Schattenwelt.

Anna sah aus dem Fenster, ihre Gedanken wirbelten um die Worte, die Aaron gesagt hatte. Was könnte sie über sich selbst vergessen haben? Und warum war es so wichtig, dass sie sich erinnerte? Die Antworten lagen irgendwo vor ihr, versteckt in der Dunkelheit, und sie war entschlossen, sie zu finden.

Mit einem tiefen Atemzug sah Lara wieder nach vorn, in die ungewisse Zukunft, die vor ihnen lag. Die Reise war noch lange nicht vorbei, aber sie wusste, dass sie bereit war, alles zu tun, um Anna zu helfen, ihre wahre Identität zu finden und endlich aus der Dunkelheit herauszutreten.

Der Geisterzug „Schattenreise"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt