Kapitel 14: Nur eine Richtung

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Die Dunkelheit um sie herum war allumfassend, und der Zug bewegte sich scheinbar endlos durch die Finsternis. Das Gespräch mit Aaron hallte in Laras Gedanken nach, während sie neben Anna saß, die immer noch an ihre Schulter gelehnt schlief. Aaron war wieder zur Lokomotive gegangen, um den Zug weiter zu steuern, und Lara spürte eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Verwirrung.

Sie starrte aus dem Fenster und ließ ihre Gedanken schweifen. Die Worte, die Aaron gesagt hatte, brannten sich in ihr Gedächtnis ein: „Es gibt noch Dinge, die ihr lernen müsst, bevor ihr euren endgültigen Frieden finden könnt." Aber was meinte er damit? Was mussten sie noch lernen?

In diesem Moment erinnerte sie sich an etwas, das Aaron kurz zuvor erwähnt hatte. Er hatte gesagt: „Es gibt nur eine Richtung." Der Satz kehrte immer wieder in ihre Gedanken zurück, als ob er eine besondere Bedeutung hätte, die sie nicht ganz verstand. Sie dachte an den Moment zurück, als sie beschlossen hatten, den Güterzug wegzuschieben, um ihren Weg fortzusetzen. Es hatte keine andere Wahl gegeben. Sie hatten sich nur nach vorne bewegen können, durch die Dunkelheit, ohne zurückzublicken.

Lara schloss die Augen und ließ sich von den Geräuschen des Zuges beruhigen. Das monotone Rattern der Räder auf den Schienen, das leise Quietschen der Bremsen — all das klang wie eine seltsame Melodie, die sie in einen Zustand tiefer Konzentration versetzte. Plötzlich erkannte sie, was Aaron wirklich meinte.

„Es gibt nur eine Richtung" — es war nicht nur eine physische Anweisung, dass der Zug nur in eine Richtung fahren konnte. Es war eine Metapher für das Leben und die Reise der Seele. Es gab keine Möglichkeit, in die Vergangenheit zurückzukehren, keine Möglichkeit, die Entscheidungen ungeschehen zu machen oder das Schicksal zu ändern. Die einzige Wahl, die sie hatten, war, nach vorne zu schauen und weiterzumachen, egal was vor ihnen lag.

Lara spürte eine tiefe Einsicht in sich aufsteigen. Sie dachte an ihr eigenes Leben und die vielen Male, in denen sie sich gewünscht hatte, in die Vergangenheit zurückkehren zu können, um Fehler zu korrigieren oder andere Entscheidungen zu treffen. Sie hatte sich oft in Gedanken verloren, was hätte sein können, wenn sie nur anders gehandelt hätte. Aber jetzt wurde ihr klar, dass solche Gedanken sie nur davon abhielten, vorwärts zu kommen.

„Es gibt nur eine Richtung" bedeutete, dass sie das, was geschehen war, akzeptieren musste — die guten und die schlechten Zeiten, die Schmerzen und die Freuden. Sie musste lernen, alles hinter sich zu lassen und mit Zuversicht nach vorne zu blicken.

„Nur eine Richtung", murmelte sie leise vor sich hin und spürte, wie eine Welle der Erleichterung über sie hinwegspülte. Es war, als ob ein schwerer Stein von ihrem Herzen fiel. Sie verstand endlich, dass sie ihre Reise fortsetzen musste, ohne zurückzuschauen, und dass sie alles, was geschehen war, als Teil ihrer Geschichte akzeptieren musste.

Langsam öffnete Lara die Augen und sah sich im Waggon um. Die Dunkelheit schien weniger bedrohlich, und sie spürte eine neue Entschlossenheit in sich aufkeimen. Sie würde diesen Weg weitergehen, egal was vor ihr lag. Sie würde nicht aufgeben, und sie würde sicherstellen, dass Anna und sie gemeinsam aus dieser Finsternis herausfinden würden.

Lara stand vorsichtig auf, um Anna nicht zu wecken, und ging zur Lokomotive. Aaron stand dort, die Augen fest auf die Strecke vor ihnen gerichtet. Er bemerkte sie und drehte sich um.

„Du hast es verstanden, nicht wahr?", fragte er, als ob er ihre Gedanken lesen konnte.

Lara nickte. „Ja", antwortete sie. „Es gibt nur eine Richtung."

Aaron lächelte und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Dann sind wir auf dem richtigen Weg", sagte er sanft. „Wir haben noch eine lange Reise vor uns, aber du wirst sehen, dass alles seinen Sinn hat."

Lara nickte erneut und blickte wieder nach vorne, in die endlose Dunkelheit. Sie wusste, dass die Reise noch nicht vorbei war, aber sie fühlte sich bereit, den Weg fortzusetzen. Mit jedem Schritt, den sie nach vorne machten, kam sie ihrem Ziel näher — und sie war entschlossen, es zu erreichen, egal was kommen würde.

Gemeinsam standen sie in der Lokomotive, das Rattern der Schienen unter ihren Füßen, und schauten in die Ferne. Vor ihnen lag die Dunkelheit, doch irgendwo da draußen war auch das Licht. Und sie würden es finden — in einer Richtung, nach vorne.

Der Geisterzug „Schattenreise"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt