Aaron saß still und regungslos auf seinem Platz, während der Zug wieder in Bewegung geriet und die Umgebung um sie herum allmählich wieder in Dunkelheit versank. Seine Augen blickten leer aus dem Fenster, aber Lara konnte sehen, dass in seinem Inneren ein Sturm tobte. Die Worte des Mannes hallten in seinem Kopf wider, und das Angebot schien schwer auf seinen Schultern zu lasten.
Lara beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Sie konnte die Spannung in seinen Schultern sehen und wie seine Hände fest auf den Armlehnen des Sitzes ruhten. Aaron war normalerweise so ruhig und gelassen, aber jetzt schien er tief in Gedanken versunken. Lara wagte es kaum, ihn zu unterbrechen, aber ihre Neugierde war stärker.
„Aaron", begann sie vorsichtig, ihre Stimme leise, fast flüsternd. „Was denkst du über das Angebot?"
Aaron blinzelte, als würde er aus einem tiefen Traum erwachen, und wandte sich Lara zu. Seine Augen waren voller Emotionen, eine Mischung aus Unsicherheit, Nachdenklichkeit und etwas, das Lara als eine Art von Traurigkeit interpretierte.
„Es ist... es ist eine große Entscheidung", sagte Aaron schließlich. „Eine Entscheidung, die nicht leicht zu treffen ist. Ich habe so lange hier im Zug gedient, den Seelen geholfen, ihren Weg zu finden. Es ist das, was ich kenne, was ich verstehe. Und jetzt..."
Er brach ab und starrte wieder aus dem Fenster, als ob er die Dunkelheit um sie herum um Rat fragen würde. Lara konnte die Schwere seiner Gedanken fast fühlen und wusste, dass er sich viele Fragen stellte. Würde er wirklich eine gute Führungsperson für ein ganzes Land sein? War es das, was er wirklich wollte? Oder sollte er seine vertraute Rolle als Führer der verlorenen Seelen beibehalten?
„Manchmal", sagte Aaron leise, „denke ich, dass Veränderung notwendig ist. Dass man sich neuen Herausforderungen stellen muss, um zu wachsen und um zu lernen. Aber auf der anderen Seite... habe ich so viele Seelen durch die Dunkelheit geführt. Ich habe ihnen geholfen, Frieden zu finden. Kann ich das einfach aufgeben?"
Lara nickte langsam. „Ich verstehe, dass es keine leichte Entscheidung ist", sagte sie einfühlsam. „Aber vielleicht liegt in diesem Angebot eine neue Art des Dienens. Eine Möglichkeit, auf eine andere Weise Gutes zu tun."
Aaron schloss die Augen und atmete tief durch. „Vielleicht hast du recht", murmelte er. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich etwas Neues versuche. Aber gleichzeitig habe ich Angst. Angst davor, dass ich in dieser neuen Rolle versage. Dass ich nicht der richtige Mann bin, um ein ganzes Land zu regieren."
„Jeder hat Angst vor dem Unbekannten", sagte Lara sanft. „Aber wenn du es nicht versuchst, wirst du es nie wissen. Vielleicht bist du genau der Richtige, um diese Aufgabe zu übernehmen. Mit deiner Erfahrung und deiner Weisheit... ich denke, du könntest einen großen Unterschied machen."
Aaron lächelte schwach, dankbar für Laras Worte, aber die Sorgen in seinen Augen blieben. „Vielleicht", wiederholte er. „Vielleicht habe ich etwas beizutragen, das andere nicht haben. Aber ich muss sicher sein, dass ich die richtige Wahl treffe. Eine Entscheidung wie diese... sie ist endgültig. Wenn ich sie treffe, gibt es keinen Weg zurück."
Lara legte ihre Hand sanft auf Aarons Arm. „Was auch immer du entscheidest, ich bin sicher, es wird die richtige Wahl sein. Du hast ein gutes Herz, Aaron. Und ich glaube, dass du das Beste für die Menschen tun wirst, egal welche Entscheidung du triffst."
Aaron sah sie an, seine Augen dankbar und sanft. „Danke, Lara. Deine Worte bedeuten mir viel. Ich werde noch ein wenig darüber nachdenken müssen, aber du hast mir geholfen, ein wenig Klarheit zu finden."
Lara lächelte und nickte. „Nimm dir alle Zeit, die du brauchst. Diese Reise hat uns gezeigt, dass wir uns mit unseren Entscheidungen Zeit lassen sollten. Es ist wichtig, dass du die richtige Entscheidung für dich selbst triffst."
Aaron nickte langsam und lehnte sich wieder zurück, seine Augen schlossen sich für einen Moment, als er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Der Zug fuhr weiter durch die Dunkelheit, und obwohl die Welt draußen still und dunkel war, wusste Lara, dass in Aarons Innerem ein schwerer Kampf tobte. Ein Kampf zwischen der Pflicht, die er kannte, und der neuen Möglichkeit, die ihm geboten wurde.
Doch sie war zuversichtlich, dass Aaron die richtige Entscheidung treffen würde, egal wie schwer sie sein mochte. Denn sie wusste, dass er ein Mann von großer Weisheit und tiefem Mitgefühl war, und dass diese Eigenschaften ihn auf seinem Weg leiten würden.
DU LIEST GERADE
Der Geisterzug „Schattenreise"
Horor„Schattenreise" FSK 14/16 Willkommen in der Schattenwelt In einer Welt, in der die Grenze zwischen Leben und Tod verschwimmt, begibt sich Lara auf eine düstere Reise in einen mysteriösen Geisterzug. Was als unheimliches Abenteuer beginnt, entwickel...