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„Madison, im Keller stehen noch ein paar Kartons. Kannst du die holen?" rief meine Mutter aus der Küche. „Klaro." Ich rappelte mich von meiner bequemen liege-sitzt Position auf und tapste mit meinen nackten Füsse zur Haustür um zum Keller, der sich neben unserem Haus befand, zu gelangen. Ich hätte mir Schuhe anziehen sollen, dachte ich als ich die paar Stufen hinunter ging. Naserümpfend öffnete ich die Tür, schaltete das Licht ein und trat in das kühle.

Vielleicht sollte ich euch mal aufklären was momentan so los ist. Vor ein oder zwei Monaten kam meiner Mutter die glorreiche Idee, um zu ziehen. Vom wunderschönen Arizona in das noch schönere Kansas City wie sie immer schwärmte. Ich finde beide Orte nicht besonders schön aber mir soll es egal sein. Hauptsache ist, meine Mutter ist glücklich. Für meinen kleinen Bruder Aron, wird es wegen der Schule keine grosse Sache werden da er nach den Sommerferien die 10 oder sogar 11 Klasse besuchen und sicherlich schnell Freunde finden wird. Ich mache mir wegen meinem Schulwechsel keine grossen Sorgen. Entweder werden sie Freunde oder Feinde.

Mit einem schnellen Handgriff, nahm ich die leeren Kartonschachteln und rannte die Treppe hoch. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr hinter euch das Licht ausschaltet und denkt, dass euch jemand packen könnte wenn ihr nicht so schnell wie möglich nach oben verschwindet? Schnell schloss ich die Kellertür hinter mir und schloss ab. Sofort brannte mir die Sonne ins Gesicht als ich einen Schritt Richtung Haustür machte. „ Ach du...Heiss, heiss, heiss!" fluchend hopste ich über die Plattensteinen. Zurück im Haus steuerte ich direkt in die Küche und überreichte meiner Mom die leeren Kartonschachteln die sie dankend an sich nahm. „Soll ich dir irgendwie helfen?" fragte ich, doch sie schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Nein aber Sailor und Abu..." Sie musste nicht mal fertig sprechen und ich wusste schon was sie von mir verlangte. „Wird gemacht." Seufzend drehte ich mich um und wollte die Küche verlassen als sie mich aufhielt. „Madi? Wenn du sowieso mit den beiden Gassi gehst, kannst du das dann noch Oma bringen und achja nimm doch Aron mit. Der vergammelt sonst noch." Lächelte sie und streckte mir einen Korb mit frischen, selbst gepflücktem Obst entgegen. „Sicher. Mach ich." Ich stellte den Korb auf die Kommode im Flur und schlüpfte in meine Schuhe. „Aron." Schrie ich durch die ganze Wohnung und suchte in der Zwischenzeit das Hundegeschirr für die beiden schwanzwedelnden Ungeheuer vor mir. Als Aron neben mir stand streckte ich ihm Sailors Leine entgegen. „Wir gehen zu Oma." Erklärte ich ihm nur und schob ihn aus der Haustür. „Bis später Mom."

„Warum muss ich mit kommen?" fragte er stöhnend und öffnete die Gartentür. „Frische Luft tut dir gut." Gab ich Schulterzuckend von mir und wartete bis Abu mit dem beschnuppern des Hydranten fertig war. „Warum sind wir nicht mit deinem Auto gegangen?" „Gehen ist gesund und ausserdem brauchen wir das Benzin für Morgen." Als ich das sagte, fiel sein Blick auf die Strasse. „Freust du dich, dass wir Umziehen?" fragte er nach einer kurzen Pause und schaute mich an. Doch als ich nichts erwiderte redete er weiter. „Ich meine, wir werden dann 1,822,35 km von Oma, Opa und unseren Freunden entfernt sein." Seine Stimme wurde gegen Ende immer leiser und bedrückter. Das er sogar die Entfernung von Arizona zu Kansas wusste, hiess wohl, dass er sich viele Gedanken über den Umzug gemacht hatte und für sowas war er eigentlich immer zu faul. Ich sah zu ihm rüber und wuschelte durch seine perfekt gemachten Haare, wie er immer sagte. „Mach dir darüber keine Sorgen Aron. Oma und Opa werden uns nie vergessen, ausserdem wirst du in Kansas neue Freunde finden." Nickend blieb er stehen und bückte sich zu Sailor runter die sich die Leine um ihre Pfote gewickelt hatte. „Wenn du das sagst, wird's eher das Gegenteil sein." Lächelte er und ging weiter. Kopfschüttelnd ignorierte ich seine aussage und ging weiter. Nach etwa fünf Minuten kamen wir endlich am Haus unserer Grosseltern an und klingelten. Mit einem fetten Strahlen auf dem Gesicht, öffnete uns Oma die Tür und bat uns stürmisch hinein. „Carlsen schau wer uns besuchen gekommen ist." Schrie Oma und zog uns weiter in die Küche wo wir uns gleich auf einen Stuhl setzten mussten. Abu und Sailor leinte ich ab und liess sie in der Wohnung herum laufen. „Wie geht es meinen zwei süssen. Schon alles fertig gepackt?" wollte Oma wissen und schnappte sich den Korb, um ein paar der süssen Aprikosen in Stücke zu schneiden. „Nein. Mom ist gerade dabei die Küche Umzugs bereit zu machen." Schmunzelnd wandte ich mich an Opa der gerade mit Abu in den Armen die Küche betrat. „Carlsen komm setz dich doch zu uns."

Nach einigen Stunden verliessen wir das Haus wieder und machten uns auf den Weg nach Hause. Der nach Hause weg verlief ruhig bis auf einmal zwei bekannte Gesichter direkt in unsere Richtung starrten. „Aron nimm Abu und geh schon mal nach Hause." Fragen sah er mich an, wollte was sagen doch ich unterbrach ihn und drückte ihm die Leine in die Hände. „Na los." Verwundert machte er sich auf den Weg uns schaute immer wieder über seine Schultern zu mir zurück. Mit verschränkten Armen lehnte ich mich an die Strassenlaterne und sah mein Gegenüber mit zusammengekniffenen Augen an. „Wenn das nicht unsere kleine Madison ist." Grinste Justus. „Kleiner Spaziergang mit deinem Bruder, so kennen wir dich gar nicht." Mischte sich jetzt auch Finn ein und musterte mich. „Was interessiert es dich was und mit wem ich was mache?" knurrte ich und stellte mich gerade hin. Wie ich diese zwei Idioten hasste. Meinten wie cool und krass sie sind aber nichts in der Hose wenn es hart auf hart kommt. Kings der Schule und totale nieten wenn es um Schulische Noten geht. Wie nennt man solche Typen? Bad Boys? Lächerlich. Verarschen könnt ihr euch selber. „Wo ist das süsse lächeln von vorher geblieben Madi?" stichelte er weiter und kam einen Schritt auf mich zu. „Tut mir leid aber wenn man in eure Gesichter sehen muss, vergeht einem das Lachen." Mit angewidertem Gesichtsausdruck sah ich zu Finn und dann zu Justus. „Und wenn ihr mich jetzt Entschuldigen würdet, ich hab was Besseres zu tun als mit euch." Ich schaute sie naserümpfend an und drängte mich zwischen ihnen hindurch. „Du kannst uns nichts mehr vormachen Madison. Wir haben deine Fassade schon längst durchschaut." Schrie Justus hinter mir her. „Ach geh fischen." Rief ich und streckte ihm mein Mittelfinger entgegen. „Du fischst?" hörte ich Finn noch entsetzt fragen bis ich augenverdrehend um die nächste Ecke bog. Was für Idioten.

Zu Hause angekommen, zog ich meine Schuhe aus und stellte sie ordentlich neben die Kommode. „Bin wieder zu Hause." Rief ich und folgte der Stimme meiner Mutter die mich in das Wohnzimmer führte. „Wo warst du noch das Aron alleine nach Hause gekommen ist?" fragte sie als ich in ihr Blickfeld trat. „Ich habe alte Schulkollegen getroffen." Ich strich meine langen Haare nach hinten und wartete auf ihre Antwort. Doch sie nickte bloss und schaute mich ein paar Minuten in die Augen bevor sie sich wieder ihrer vorherigen Arbeit widmete. Die Kartonschachteln bis zum Rande füllen. „Ich hab dir noch ein paar Schachteln in dein Zimmer gestellt. Dein Kleiderschrank ist auch noch nicht ausgeräumt. Den Koffer findest du im Abstellraum und wie geht es Hanna und Carlsen überhaupt?" ratterte sie hinunter. „Ihnen geht es gut. Sie wünschen uns morgen eine schöne und ruhige Fahrt. Achja und Oma wäre froh wenn du sie noch anrufen würdest." Mit diesen Worten begab ich mich zum Abstellraum, holte meinen riesigen Koffer und dann in mein Zimmer. Dort liess ich mich zuerst seufzend auf das Bett fallen und strich mir müde übers Gesicht. „Verdammt." Flüsterte ich in meine Hände und erschreckte mich als auf einmal meine Tür aufging. Aron streckte seinen Kopf in mein Zimmer und sah mich an. „Kannst du mir kurz helfen?" „Bei was?" gab ich ein bisschen zu harsch von mir. Mit hochgezogenen Augenbrauen kam er in mein Zimmer und setzte sich neben mir aufs Bett. „Ist irgendwas passiert?" fragte er nach einiger Zeit und verschränkte seine Hände ineinander. „Nein. Was soll schon passiert sein?" stellte ich eine Gegenfrage und begann mir einen Zopf zu flechten. Aron sah mir bis zu Schluss zu bis ich mich räusperte und ihn fragte, was er den jetzt von mir wollte. „Ich bring den Koffer nicht zu. Du musst die auf ihn setzten damit ich ihn besser schliessen kann." Nickend folgte ich ihm in sein Zimmer das gegenüber von meinem war. „ Wie darf ich das eigentlich verstehen?" Ich zeigte auf den Koffer auf dem ich sass und er fing an zu schmunzeln. „Gar nichts...." Er half mir hoch und sein schmunzeln wurde breiter. „Du bist nicht dick Schwesterchen." „Ja Ja.. Das nächste Mal helf ich dir nicht deinen Koffer zu schliessen." „Ich hab es gar nicht so gemeint." „Schon okay Aron. Ich bin dir nicht böse." Sagte ich nun schmunzelnd, tätschelte seinen Kopf und verliess sein Zimmer, um endlich mit dem packen meines Koffers anzufangen. Morgen hiss es dann bye bye Arizona und hallo Kansas.

Two SidesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt