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"Ich verstehe nicht, wie Samuel genauso aussehen kann wie du.", gebe ich zu und setze mich auf das weiche Sofa an der Wand. Sam nimmt neben mir Platz und sieht nachdenklich aus.

"Ich habe mal gehört, dass jeder Mensch sieben Doppelgänger hat. Ich denke das Samuel einer von meinen ist und sich das zunutze gemacht hat."

"Ein ziemlicher Zufall.", gebe ich zu und vergrabe das Gesicht in meinen Händen. Ich war erschöpft, hatte lange nicht mehr mehr als ein paar Stunden geschlafen.

"Ich glaube nicht an Zufall. Manchmal passieren Dinge, die nicht einfach Zufall sein können. Dinge, die Schicksal sein müssen."

Es folgt Stille. Ich bin Sam so unendlich dankbar. Ohne ihn säße ich jetzt immer noch bei dieser Bestie fest und müsste seine Sklavin spielen ohne seine wahre Identität zu kennen. Bald könnte ich wieder nach Hause gehen, meine Mutter und Kate sehen und glücklich sein. Ich würde die Erinnerungen nie vergessen und sie würden mich immer prägen, aber ich könnte damit leben.

"Danke.", sage ich plötzlich einfach gerade heraus ohne einen Zusammenhang.

"Wofür?"

"Dafür, dass du mich gerettet hast.", antworte ich und spiele mit dem Ring an meinem Finger.

"Das Spiel ist noch lange nicht vorbei, Chloé."

In diesem Moment klopft es an der Tür. "Zimmerservice!", ruft der Anklopfer.

"Wir haben nichts bestellt.", ruft Sam zurück und steht auf. Er zieht mich hoch und scheint plötzlich nervös zu sein. Ich frage ihn, was los ist, doch statt zu antworten drückt er mich Richtung Fenster.

"Zimmerservice! Machen Sie auf!" Erneut klopft jemand fest an die Tür und Sam öffnet das Fenster, stellt sich danach vor mich. Was soll das? Wieso hat Sam plötzlich so Angst, obwohl es doch nur der Zimmerservice ist?

Plötzlich wird die Tür aufgeschlagen und zwei bewaffnete Männer stehen mit einem schiefen Grinsen im Raum. Ich schnappe nach Luft und presse mich gegen die Wand. Das Spiel ist noch nicht vorbei.

"Wen haben wir denn da? Sam vermisst dich schon, Kleine." Allein die Art wie er mit mir spricht widert mich an. Er richtet die Waffe auf Sam, geht langsam auf mich zu, schubst Sam zur Seite und legt einen Arm um meinen Hals. Angst macht sich in mir breit. Er drückt die Waffe an meine Schläfe und das kalte Metall löst Todesangst in mir aus. Ich beginne zu zittern, bekomme keine Luft mehr.

Der andere Mann richtet seine Waffe nun auf Sam, der langsam die Hände hebt. Zufrieden grinst der Mann. Doch plötzlich setzt Sam zum Sprung an. Ich zucke zusammen und die Waffe wird noch mehr an meine Schläfe gepresst. Er reißt die Gardinenstange mit sich herunter und schlägt ziellos um sich. Er trifft erst den Mann, der die Waffe auf ihn gerichtet hat. Der andere Mann schubst mich schnell zur Seite, sodass ich zu Boden falle. Sam nimmt die Waffe des zweiten und droht dem Mann. Sie stehen nun Waffe an Waffe gegenüber und es bleibt nur noch die Frage wer zuerst schießt.

Ich lege mein Gesicht in meine Hände und schließe die Augen. Ich wollte es nicht sehen. Wenn Sam es nicht schaffen würde wäre ich hoffnungslos verloren. Der Mann würde mich mit zu Samuel nehmen. Es dauert eine Ewigkeit bis der Schuss ertönte. Ich sehe vorsichtig auf. Sam kann man keine Emotionen im Gesicht ablesen, als der Mann zu Boden fällt und das Blut langsam aus seiner Brust sickert.

"Komm, das Hotelpersonal wird gleich kommen.", zischt Sam und hilft mir aus dem Fenster zu klettern. Sam nimmt meine Hand und zusammen rennen wir zum Parkplatz und schmeißen uns förmlich ins Auto.

"Du hast ihn umgebracht.", schluchze ich leise, als ich den ersten Schock überwunden hatte. Ich weinte nicht aus Trauer, ich weinte, weil ich genau weiß, dass die Erinnerungen nie mehr aus meinem Kopf gehen würden. Ich würde immer das Bild vor Augen haben, wie der Mann die Augen verdreht, zu Boden fällt und schließlich in seinem eigenen Blut liegt.

"Ich bin nicht stolz drauf. Es war Notwehr."

"Wer waren diese Typen?"

"Samuel ist nicht alleine. Er hat professionelle Leute, die ihn bei der Suche nach dir unterstützen. So weit ich weiß, hat er versucht die perfekte Sub zu finden und dann kamst du und jetzt ist er besessen von dir und seine Leute helfen ihm dich zu finden."

"Verdammt, du hast ihn umgebracht!" Ich höre Sam nur unterbewusst zu. Es bringt sowieso nichts. Samuel hatte Recht und daran wird sich auch nichts mehr ändern.

"Ich bin doch auch nicht stolz drauf, verdammt!"

Sam wird lauter, seine Hände umklammern das Lenkrad förmlich, sodass seine Knöchel weiß hervortreten. Sein Kiefer ist angespannt und er sieht auf die Straße.

"Wenn ich das nicht getan hätte, säßen wir jetzt ganz sicher nicht hier!"

"Sam, pass auf!", rufe ich noch, doch es ist zu spät. Aus der Seitenstraße schießt ein großes schwarzes Auto und rammt uns genau auf meiner Seite.

"Dieser Bastard!"

Sam lenkt den Wagen und treibt ihn auf eine hohe Geschwindigkeit. Mir geht alles zu schnell und ich bekomme weder von der rasanten Autofahrt, noch von den Schmerzen an meiner Seite viel mit. Doch auch dieser Fluchtversuch von Sam misslingt, sodass das Auto sich dreht und ich nicht mehr weiß, wo oben und unten ist und ob wir uns überschlagen oder nicht. Mein Kopf schlägt gegen das Fenster und ich spüre das warme Blut meine Stirn herunter laufen. Die Verletzungen an meinem Rücken schmerzen. Sam hat nur eine Platzwunde und sieht besorgt zu mir.

"Es tut mir so leid, Chloé.", sind die letzten Worte, dich ich klar und deutlich verstehe. Danach wird alles verschleiert und ich bekomme nur noch vage mit, wie Sam die Tür öffnet und nach Hilfe ruft. Und bevor der Krankenwagen und erreichen kann, empfängt mich schon die Dunkelheit und hemmt den Schmerz.

Sam hatte einen von seinen Leuten umgebracht und den anderen bewusstlos geschlagen. Hatte ich wirklich geglaubt, dass wir nun sicher waren? Hatte ich wirklich geglaubt, dass Sam das auf sich sitzen lässt? Ich war so naiv, so verdammt naiv und jeder Schritt machte mir das Leben schwerer. Bis heute und in alle Ewigkeit.

DoppelgängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt