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Als ich aufwache, liege ich mit dem Kopf auf Sams Schoß. Er lächelt mich an und lässt zu, dass ich mich langsam aufsetze.

"Na, du Schlafmütze?"

Grinsend legt er sein Handy weg und dreht sich etwas, sodass er mich ansehen kann.

"Wie spät ist es?", frage ich und unterdrücke ein Gähnen.

"Halb drei. Hast du Hunger?"

Ich nicke und Sam steht auf. Er reicht mir seine Hand, die ich ergreife um mich anschließend hochziehen zu lassen. Kurz halte ich mich an Sams Schultern fest, bis ich sicher auf meinen Beinen stehe. Dann gehen wir gemeinsam in die kleine Küche.

"Was möchtest du essen? Nudeln?", fragt er und öffnet einige Schränke um Töpfe herauszuholen.

"Du kannst kochen?", frage ich amüsiert und verschränke die Arme vor der Brust.

"Naja, mehr oder weniger. Vor den Videos musste ich mir die Rezepte immer drei mal durchlesen und dann höllisch aufpassen um vor der Kamera nichts zu versauen."

Ich lache und stelle mir vor, wie Sam total ahnungslos vor einem Kochtopf steht. Aber dann erinnere ich mich auch an seine Tutorials, in denen er Starbucks Getränke nachgemacht hat und komme mir für meine Frage sofort wieder blöd vor.

"Aber keine Sorge. Nudeln werde ich schon hinkriegen.", fügt er lächelnd hinzu und hebt mich vorsichtig auf den Küchentresen.

"Na dann bin ich ja beruhigt."

Sam macht sich an die Arbeit und gibt sein Bestes um eine Soße vorzubereiten. Ab und zu schmeckt er ab und verzieht sein Gesicht. Dann fügt er mehr Salz hinzu und hält mir einen Löffel hin. Vorsichtig, um mich nicht zu verbrennen, probiere ich und lächle.

"Nicht schlecht.", gebe ich zu.

"Sei ehrlich zu mir. Kann man das essen?", fragt er verunsichert und gibt die Nudeln in das kochende Wasser.

"Ich bin ehrlich. Es schmeckt gut."

Wenig später serviert Sam uns jeweils einen Teller Nudeln mit Tomatensoße und einem Glas Cola. Wir setzen uns an den kleinen Tisch in der Küche und essen.

"Das schmeckt gut.", lobe ich und sehe zu Sam.

"Danke, aber Nudeln mit Tomatensoße ist wohl keine große Kunst oder?"

"Nein, aber ich bringe dir das Kochen schon noch bei.", antworte ich und esse noch eine Nudel.

"Erstmal musst du wieder gesund werden. Möchtest du gleich einen Film gucken?"

Ich nicke und stehe auf, um meinen leeren Teller abzuräumen, werde aber von Sam am Handgelenk zurückgezogen.

"Ich mach das schon. Geh du lieber ins Wohnzimmer und such dir einen Film aus. Du musst auf dem Fernseher nur im Menü Netflix auswählen."

"Okay..", murmle ich leise und stelle meinen Teller wieder ab. Im Wohnzimmer durchsuche ich Netflix nach einem Film und stoße auf "Wie ein einziger Tag". Sam wird mich hassen, aber ich liebe den Film einfach.

"Und, hast du was gefunden?", fragt Sam noch glücklich und lässt sich neben mir auf dem Sofa nieder.

Ich deute auf den Fernseher und als Sam den Titel des Films sieht vergeht sein Lächeln und er sieht zu mir.

"Och nee." Er versucht sich in einem Hundeblick und ich werde ihm ein Kissen ins Gesicht.

"Doch."

Dann lehne ich mich an Sam und starte den Film. Er legt einen Arm um mich und nimmt eine Decke, die er dann über unsere Körper legt. Stark hält er den ganzen Film durch und seufzt erleichtert auf, als der Abspann beginnt. Leicht boxe ich ihm in die Seite und er grinst mich wieder mit diesem typischen Grinsen an.

Dann klingelt sein Handy und er löst sich von mir um abzuheben. Sofort wird es kälter und ich wickle die Decke eng um mich. Er geht mit dem Handy am Ohr in die Küche und ich höre gedämpft, wie er mit jemandem spricht.

Kurze Zeit später kommt er wieder ins Wohnzimmer. Er steckt sein Handy in die Hosentasche und zieht sich eine Jacke über.

"Ich muss noch mal kurz in die Stadt. Soll ich was zu essen mitbringen?"

"Gerne. Wo fährst du hin?", frage ich und schalte mit der Fernbedienung auf einen anderen Sender.

"Nicht wichtig. Ich bin bald zurück.", antwortet er und geht zur Tür. Ich flüstere noch ein "okay" hinterher und schon fällt die Tür ins Schloss. Wieso muss Sam so plötzlich aufbrechen? Wieso will er mir nicht sagen, wo er hingeht? Ich beschließe einfach auf seine Rückkehr zu warten und konzentriere mich auf die Sendung im Fernsehen. Zwischendurch hole ich mir ein Glas Wasser, an dem ich aber nur nippe. Zu sehr hängen meine Gedanken an Sam. Wo ist er? Ist er in Gefahr? Was ist, wenn Samuel ihn umbringen will, weil er denkt, dass ich tot bin? Ich werde nervös und versuche mit aller Kraft mich nur auf den Fernseher zu konzentrieren.

Als die Haustür aufgeschlossen wird und mit einem Knall zu fällt, schrecke ich auf. Sam betritt das Wohnzimmer und fährt sich durch die Haare. Er sieht nicht glücklich aus, er lächelt nicht. Er sieht erschöpft aus. Seine Augen finden mich und ich presse die Lippen zusammen.

"Chloé?", seine Stimme ist verzweifelt, gebrochen, unkontrolliert.

"Ja?" Es ist nur ein leises Flüstern, aber mehr bringe ich nicht zustande. Sein Erscheinungsbild macht mir Angst.

"Erinnerst du dich an den Arzt, der dich in Stockholm behandelt hat? Du hast ihn im Park noch einmal angerufen.", fragt er und ich weiß sofort wen er meint.

"Ja."

"Er wurde umgebracht."

Kein Ton zuhören, alles still und leer
ganz allein ging ich im Dunklem umher.
Ein helles Strahlen von oben herab
erleuchtet das Kreuz auf stillem Grab.
Es blinkt und funkelt in allen Farben
es ist so leuchtend kaum zu ertragen.
Spüre den Zauber am heiligen Ort,
hell mitten im Schnee, in dieser Landschaft,
blüht eine Rose in stiller Andacht.
Gedanken reifen an einsamen Hort.
Eisige Sphäre die mich lang umgab
gewichen dem Duft der in der Luft lag.
Von Wärme durchströmt wich die Einsamkeit
und machte sich tief im Gemüte breit.

Ja, er würde mich immer finden. Daran wird niemand etwas ändern können. Vielleicht hätte ich Sami verlassen sollen und mich meinem Schicksal stellen sollen. Vielleicht hätte ich dann nicht so viele Menschen mit in den Tod gerissen.

DoppelgängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt