"Mir ist schlecht, Sam.", jammere ich und lege eine Hand auf meinen Bauch.
"Hast du was gegessen?"
"Gestern Abend nicht mehr aber heute morgen.", antworte ich und fahre mir durch die Haare.
In der ganzen Aufregung gestern Abend hatte Sam vergessen uns etwas zu essen zu holen. Ich wollte aber nicht alleine sein; nicht nach dem was Sam mir erzählt hatte. Also hatten wir beide auf ein Abendessen verzichtet und waren schlafen gegangen.
"Wenn du dich hinlegen möchtest.."
"Nein, nein. Schon okay.", winke ich ab und nippe an meinem Wasserglas.
"Sam? Wie soll das weitergehen? Ich meine, ich kann das Haus nicht verlassen, weil ich Angst haben muss, dass er mich entdeckt. Ich kann nicht mein ganzes Leben lang hier verbringen.", nervös spiele ich mit meinen Händen.
"Ich weiß. Ich habe mir etwas überlegt. Ein Freund von mir kommt gleich vorbei. Dann zeige ich dir meinen Plan."
"Okay, dann gehe ich jetzt duschen."
Mit diesen Worten gehe ich ins Schlafzimmer, welches Sam und ich uns teilen müssen, weil es in der kleinen Wohnung nur eins gibt, nehme mir etwas zum anziehen und gehe damit ins Badezimmer. Dort dusche ich und föhne mir anschließend noch die Haare. Der Mord geht mir einfach nicht aus dem Kopf.
"Immer machst du alles kaputt, Chloé!"
Bei der Erinnerung an diesen Satz bildet sich ein Kloß in meinem Hals und ich lasse mich auf das weiche Bett sinken. Ich sehe auf meine Hände, die auf meinem Schoß liegen und versuche nicht zu weinen. Diesen Satz hatte Kate mal gesagt, als wir uns um eine Barbie gestritten haben und ich ihr am Ende aus Versehen den Kopf abgerissen habe. Da waren wir nicht älter als drei und schon beste Freunde. Ich habe angefangen zu weinen und mich bei ihr entschuldigt. Kurze Zeit später waren wir schon wieder beste Freundinnen und haben weitergespielt. Wie ich sie vermisse.
"Chloé? Weinst du?", fragt Sam, der gerade den Raum betreten hat und setzt sich zu mir auf das Bett.
"Nein. Es geht mir gut, alles in Ordnung.", antworte ich schnell und schiebe meine Haare vor mein Gesicht, damit er meine geröteten Augen nicht sieht.
"Hey, sieh mich an."
"Nein, Sam. Es ist wirklich alles okay. Warte einfach im Wohnzimmer. Ich komme gleich."
"Aber..", will er erwidern.
"Nein, Sam, kein aber. Geh jetzt bitte."
Ohne ein weiteres Wort verlässt er das Zimmer. Ich wasche mein Gesicht nochmal, damit man nicht sieht, dass ich geweint habe. Trotzdem schminke ich mich nicht. Anschließend gehe ich ins Wohnzimmer und sehe Sam auf dem Sofa sitzen. Er hat sein Gesicht in den Händen vergraben. Leise setze ich mich neben ihm und lege eine Hand auf seine Schulter. Er zuckt zusammen und sieht mich mit einem gebrochenen Blick an.
"Es tut mir leid.", sage ich und sehe auf den Boden.
"Schon okay."
"Wirklich?"
Als Antwort nimmt Sam mich einfach in den Arm. Ich genieße die Umarmung; die Geborgenheit, die Sicherheit. Doch der Moment wird durch die Tür unterbrochen.
"Bereit?", fragt Sam und lächelt mich an.
"Bereit."
"Das ist Tobi. Er wird sich jetzt an dein Aussehen machen, damit du wieder in die Öffentlichkeit gehen kannst.", stellt Sam mir den jungen Mann vor, der gerade unser Wohnzimmer betreten hat.
"Hallo.", sage ich schüchtern und reiche ihm die Hand. Er ergreift sie und lächelt mich an.
"Keine Sorge. Er weiß Bescheid.", sagt Sam und holt auf Tobi's Anweisung hin einen Stuhl, auf dem ich dann Platz nehme.
"Okay.. Fangen wir mit deinen Haaren an. Vertraust du mir oder möchtest du mitbestimmen?", fragt Tobi, während er ein paar Sachen auf dem Wohnzimmertisch verteilt.
"Ich glaube wenn ich mitbestimme sehe ich am Ende zu sehr nach mir aus. Tu was du für richtig hältst.", antworte ich und Tobi nickt.
Sam macht Musik an und kündigt dann an, dass er etwas arbeiten geht. Er lächelt mich noch einmal an, dann geht er in die Küche und lässt mich mit Tobi alleine. Ich bin verkrampft, kann mich nicht richtig entspannen, aber ich freue mich auf die Veränderung. The 1975 ertönt im Hintergrund und Tobi macht sich an meine Haare. Ich schließe die Augen, konzentriere mich voll auf die Stimme von Matthew Healy. Ich warte geduldig ab, lasse alles über mich ergehen.
"Du hast ein hübsches Gesicht. Etwas Mascara wird bei dir völlig ausreichen. Und dein Kleidungsstil ist auch gut. Du machst es mir leicht, Chloé.", sagt Tobi, während er etwas Mascara aufträgt.
Meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Seit der Sache mit Samuel hatte ich mich dreckig, hässlich und benutzt gefühlt. Aber diese äußerliche Veränderung gibt mir das Gefühl, endlich wieder hübsch zu sein und mich selbst akzeptieren zu können.
"Tobi, wie läuft's?" Ich höre Sams Stimme, als er wieder ins Wohnzimmer kommt. Er scheint die Luft anzuhalten und haucht dann ein leises "Wow". Kurze Zeit beendet Tobi seine Arbeit und sagt mir, dass ich die Augen öffnen soll. Ich sehe Sam, der Tobis Werk betrachtet und zufrieden aussieht.
"Komm mit.", sagt Sam und hilft mir aufzustehen.
Er führt mich in unser Schlafzimmer und befiehlt mir, die Augen zu schließen. Wir gehen noch ein Stück weiter.
"Augen auf."
Ich öffne die Augen. Wir befinden uns vor dem Spiegel unseres Kleiderschranks. Aber ich sehe völlig verändert aus. Meine Haare sind auf Schulterlänge geschnitten und umrahmen mein Gesicht. Sie sind hellblond. Sonst trage ich nur etwas Wimperntusche, die meine Augen betont. Es ist kaum etwas verändert worden, aber die Veränderung ist enorm.
"Du bist so schön.", flüstert Sam und wir sehen zusammen in den Spiegel auf mein neues Spiegelbild.
"Danke. Danke für alles."
I find it hard to say "bye bye"
Even in the state of you and I
And how can I refuse?
Yeah you rid me of the blues
Ever since you came into my lifeCause you're my medicine
Yeah, you're my medicine
You're medicineI, I wanna marry you
Said I, I adore you
And that's all I have to say, bye-bye
And you opiate this hazy head of mineCause you're my medicine.
Yeah, you're my medicine.~The 1975 - Medicine
DU LIEST GERADE
Doppelgänger
Short Story■ Wird überarbeitet ■ "Ganz egal, was in den nächsten vierundzwandzig Stunden passiert, du bleibst immer bei mir und tust was ich dir sage. Du musst mir vertrauen, okay? Ganz egal was passiert." Chloè ist ein großer Fan von Sam Miles, einem YouTuber...