Sam neben mir schläft tief und fest. Er liegt auf dem Rücken, während ich ihm den Rücken zudrehe und auf der Seite liege, sodass ich zum Fenster sehen kann. Die Vorhänge sind zugezogen, doch das Mondlicht erhellt unser Zimmer trotzdem etwas. Es ist Vollmond und ich kann nicht schlafen. Ob es nun an der Tatsache liegt, dass Vollmond ist oder an der, dass Samuel da draußen frei rumläuft, weiß ich nicht. Schon als Kind konnte ich bei Vollmond nicht schlafen und das auch, wenn ich gar nicht wusste, dass Vollmond war. Deshalb klammere ich mich an diese Begründung, da sie logisch ist und mich von Samuel ablenkt.
Es ist kalt, sodass ich mich unter der eigentlichen Bettdecke und einer Wolldecke befinde. Sam scheint die Kälte nicht viel auszumachen, denn er hat die halbe Decke schon weggestrampelt und trägt nur ein T-Shirt. Endlich beginne ich mich schläfrig zu fühlen und schließe die Augen. Diese Ruhe währt allerdings nur für einen kurzen Moment, denn ein lautes Scheppern von draußen lässt mich aufschrecken. Sofort sitze ich kerzengerade im Bett und entsperre mein Handy, um auf die Uhr zu sehen. Diese zeigt gerade einmal drei Uhr nachts an. Beunruhigt stehe ich auf und ziehe schnell eine Strickjacke, die auf dem Stuhl neben dem Bett liegt über.
Am Fenster ziehe ich die Vorhänge auf, doch es ist nichts zu sehen. Die Straßenlaternen beleuchten die Straße, die noch vom Regen glitzert. Es ist kein Mensch zu sehen und die ganze Straße sieht verlassen aus. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen um auch wirklich jeden Winkel unserer Straße sehen zu können, doch ich sehe nichts. Das Geräusch hörte sich an, als hätte jemand eine Mülltonne umgeworfen, aber auch eine Mülltonne oder irgendetwas anderes aus Metall entdecke ich nicht.
"Was machst du da?", fragt Sam verschlafen im Hintergrund und reibt sich über die Augen. Auch er sitzt nun im Bett und sieht mich verwirrt und schläfrig an.
"Nichts. Ich dachte nur ich hätte etwas gehört.", antworte ich leise und ziehe die Vorhänge wieder zu.
"Das war sicher nur wieder die Katze von den Nachbarn. Vielleicht hat sie wieder die Mülltonne umgeworfen."
"Ja. Ja, wahrscheinlich.", gebe ich bedrückt zu und drehe mich wieder zu Sam. Wenn er nur wüsste, dass da draußen weder eine Katze, noch eine Mülltonne war.
"Komm her.", sagt er sanft und breitet seine Arme aus. Ohne weiter zu überlegen lasse ich mich wieder auf dem Bett nieder und rutsche zu Sam. Dieser legt seine Arme um mich und ich lasse meinen Kopf auf das weiche Kissen sinken, während er sich auf die Seite dreht und mich ansieht. Augenblicklich wird mir warm und ich fühle mich wieder etwas sicherer.
Sein Kopf ist direkt über mir, sodass ich in seine Augen sehen kann. Sogar in der Dunkelheit erkennt man das braun. Seine warmen Finger berühren meine Wange und Sams Blick wird nachdenklicher. Sein Gesicht kommt meinem näher, doch im nächsten Moment scheint er es sich anders überlegt zu haben und zieht sich zurück.
"Du solltest jetzt schlafen, Chloé.", sagt er leise und legt sich nun auch wieder hin.
Er wünscht mir noch eine gute Nacht und schon wenig später höre ich seinen regelmäßigen Atem. Ich versuche das Geräusch von draußen zu verdrängen und mich auf Sams Arme, die um meinen Körper liegen zu konzentrieren. Tatsächlich habe ich nach einigen Minuten Erfolg und spüre, wie ich langsam einschlafe, als die Müdigkeit mich einholt.
"Ich weiß nicht. Auf der einen Seite ist ihre Angst ja berechtigt aber ich glaube nicht, dass das so weiter gehen kann. Wenn etwas passiert übersteht sie das in ihrem Zustand nicht. Ich glaube sie braucht wirklich professionelle Hilfe."
Ich stehe neben der offenen Tür des Wohnzimmers, eng an die Wand gepresst, und belausche Sam bei einem Telefonat, mit einem Unbekannten. Es war nicht mein Plan, ihn zu belauschen, aber ich wollte gerade ins Wohnzimmer um mein Handy zu suchen, als ich gehört habe, wie Sam über mich spricht.
"Ich weiß nicht, Liam. Ich habe das Gefühl, dass da etwas ganz übles auf uns zu kommt und wir vielleicht.."
Sam wird von diesem Liam unterbrochen und hält inne. Ich lag also mit der Vermutung, dass irgendetwas nicht stimmt richtig. Schon seit heute Morgen verhält sich Sam so komisch. Er versucht immer in meiner Nähe zu sein. Zuerst habe ich das auf die Ereignisse in der Nacht geschoben, aber mittlerweile denke ich, dass da mehr hinter steckt und dieses Telefonat bestätigt meine Vermutung. Sam hat heute Morgen nach dem Aufstehen sogar alle Türen und Fenster kontrolliert und sie sorgfältig abgeschlossen.
"Ich weiß nicht wie ich sie vorbereiten soll. Ich weiß ja nichtmals genau auf was ich sie vorbereiten sollte. Wichtig ist, dass er nichts erfährt. Er darf nicht wissen, dass wir glauben etwas zu wissen. Wenn er aber wirklich in unserer Nähe ist und wenn sie ihn heute Nacht gehört hat, weiß er wahrscheinlich schon mehr als er wissen sollte."
Dass mit 'er' Samuel gemeint ist, ist mir sofort klar. Aber was meint Sam mit vorbereiten? Sam glaubte also doch nicht, dass es die Katze des Nachbarn war. Er wollte mich nicht beunruhigen. Hält er mich für zu schwach für die Wahrheit?
"Okay, gut. Bleib immer in der Nähe, ich denke wir werden deine Hilfe gut gebrauchen können. Du musst mir helfen sie zu beschützen, Liam."
Kurze Zeit später legt Sam auf. Ich warte noch etwas, bis ich ins Wohnzimmer gehe, mein Handy vom Tisch nehme und es in die Tasche meiner Jeans stecke. Ich will gerade wieder gehen, als Sam mich zurück ruft. Er sieht mich mit ernster Miene an und legt seine Hände auf meinen Schultern ab.
"Hör mir jetzt ganz genau zu, okay?", sagt er und ich nicke verwirrt.
"Ganz egal, was in den nächsten vierundzwanzig Stunden passiert, du bleibst immer bei mir und tust was ich dir sage. Du musst mir vertrauen, okay? Ganz egal was passiert."
Du sitzt so harmlos da,
Als wäre nie etwas passiert.
Die Vergangenheit war
und ich bin noch immer schockiert!Schockiert über die Wahrheit.
Welche ich langsam erfahr,
Bekomm ich Klarheit,
Über die große Gefahr.Kann ich sie überwinden,
Oder werd ich hier enden?
Wie ein Erdbeben,
Begann sie mein Herz zu schänden.
DU LIEST GERADE
Doppelgänger
Short Story■ Wird überarbeitet ■ "Ganz egal, was in den nächsten vierundzwandzig Stunden passiert, du bleibst immer bei mir und tust was ich dir sage. Du musst mir vertrauen, okay? Ganz egal was passiert." Chloè ist ein großer Fan von Sam Miles, einem YouTuber...