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Wieder startete ich einen langen Arbeitstag, als ich mich aus dem Bett schmiss und dabei meinen Laptop mit runterriss. "Fantastisch.", murmelte ich genervt. Müde taumelte ich ins Bad und machte mich frisch, was diesmal viel länger dauerte als sonst. Es war mein fünfter Arbeitstag heute. Und heute hatte ich irgendwie richtig Pech. Ich glaube, es lag daran, dass mir meine Lieblingsseite auf Twitter nicht mehr antwortete. Und meinem Schützling Michael ging es auch nicht mehr so gut, wie ich ihn am Anfang kennen gelernt hatte. Es dauerte eine Stunde, bis ich mit fünf Minuten Verspätung und leerem Magen in der riesigen Klinik ankam. Freundlich begrüßten mich die alten Menschen, sie mochten mich und ich mochte sie. Lächelnd sprintete ich zu meinem Spind und zog mir schnell meine weißen Klamotten an, trappte dann in den Flur im achten Stock. Dort klopfte ich erschöpft an Michaels Zimmer Tür, doch ich bekam keine Antwort. Hoffentlich hatte er von alleine dran gedacht, seine Medikamente einzunehmen. Michael litt nicht nur durch seine Blindheit, er hatte auch Depressionen, weswegen er viele verschiedene Tabletten einnahm. Dabei war da noch eine kleine Sache, die wollte er mir aber noch nicht anvertrauen. "Michael?" Ich fuhr mir nervös durchs schwarze Haar, bis ich einfach die Tür aufmachte und einen regungslosen Jungen mit einer neuen Haarfarbe wiederfand. Er erzählte mir gestern im Garten noch, dass er es liebte, sich die Haare zu färben. Er mochte es Farben zu tragen, von denen er nicht einmal wusste, wie sie aussahen. Was sie überhaupt waren. Heute sind seine Haare rot. Es ist ein leicht komischer Anblick, doch ich gewöhnte mich schnell dran. Leise ging ich an sein Bett, hockte mich vor ihm. Er schien nicht zu atmen, oder schlief er immer so sanft? Als ich die geöffnete und leere Tabletten Schachtel neben ihm entdeckte, schlug ich Alarm. Umgehend holte ich Ashton zur Hilfe, er war auch zufälligerweise gerade in der Nähe, hatte seinen blonden Assistenten im Schlepptau. Der Blondschopf verfolgte ihn wie ein Schatten. "Calum, was ist passiert?!", fragte Ash panisch. Und schon übernahm sein Assistent seine Rolle, indem er Michael genausten überprüfte. "Ich kam rein und er war einfach so, genau so, ich bin fünf Minuten zu spät gekommen, Ash, aber, ich war schnell hier und ich hatte sowieso so ein komisches Gefühl im Bauch und jetzt lag er da und er bewegt sich nicht, ich..", stotterte ich ungenau vor mich hin. Bevor Ash antworten konnte, meldete sich Ash's Assistent besorgt. "Wir brauchen mehr Ärzte und eine Operation, Ashton.", sagte er schnell. Das tat Ash auch, während ich kurz vor dem Zusammenbruch stand. Ich hatte nicht erwartet, dass jemand hier Suizid begehen würde. Dabei verstand ich mich bestens mit Michael. War ich schuld? Gestern war er noch so philosophisch und nachdenklich, erzählte mir über seine Familie, die ihn allein gelassen hatten. Und nun sollte es vorbei sein? "Cal, geh bitte in die Kantine oder zu Melli, ihr geht es auch nicht so gut, gerade. Wir geben dir Bescheid, sobald du zu ihm kannst. Alles wird gut." Ich nickte nur langsam und sah Michael hinterher, der abtransportiert wurde. Der Blondschopf spendete mir liebevolle Blicke, die mir sagen sollten, dass alles gut wird. Ich nickte und zwang mir ein Lächeln auf, dann verschwand ich in Mellis Zimmer im sechsten Stock.

"Niall hat was gepostet!", rief sie freudig, als ich zur Tür herein kam. "Oh, Calum.", grinste sie und hielt mir ihr großes Handy hin. "Guck, Niall hat getweetet, dass 1D keine Pause machen wird!", grinste sie überglücklich und fiel mir dabei um den Hals. "Das ist ja wunderbar.", freute ich mich mit ihr und setzte mich zu ihr aufs Bett. "Ist sonst alles in Ordnung?", fragte ich und begutachtete währenddessen ihre Werte am Klemmbrett. "Jetzt geht es, jetzt bin ich ja sicher, dass meine Lieblingsboygroup zusammenbleibt." - "Körperlich?" - "Ich hab starke Unterleibschmerzen.", murmelte sie dann. "Lass mich das mal ansehen.", meinte ich leicht besorgt und versuchte somit Michael aus meinen Gedanken zu bekommen. Alles wird gut werden, sogar Ash sagte das. Vorsichtig schob ich ihre Decke nach oben und sah mir ihre Prothesen an. "Meine Meinung, also..", murmelte ich nachdenklich. Langsam hob ich ihre rechte Prothese an, woraufhin sie aufschrie. Dasselbe machte ich bei ihrer linken Prothese, sie schrie ebenfalls auf. "Ich glaube, dass sich die Prothesen nicht so gut mit dem Körper vertragen, Melli.", sprach ich behutsam. "Müssen sie wieder ab?", fragte sie etwas deprimiert. Ich zog meine Lippen ein und seufzte leise. "Wir sehen uns das noch eine Weile an. Wenn es morgen immer noch so ist und die Medikamente nicht helfen, sag ich Dr. Irwin Bescheid.", sagte ich sanft und wechselte die Flasche an ihrem Tropf. So ein junges, bildschönes Mädchen muss so sehr leiden. So wie Michael. Mir stießen Tränen in die Augen, die ich schnell unterdrückte, doch Melli bemerkte sie und fragte sofort, was mir auf den Herzen lag. "Nichts, meine Kleine, alles wird gut.", lächelte ich sanft und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, woraufhin sie erleichterte lächelte. "Hat Niall sonst noch was gemacht?", fragte ich interessiert nach. "Ne, aber Louis.", grinste sie und hielt mir ihr Handy vor die Augen. Während sie mir ihre Idole zeigte, hefteten sich meine Augen an einem Stoffaffen von ihr. "Der ist ja süß.", grinste ich und fasste den flauschigen Affen an. "Süß, oder? Willst du ihn haben?", fragte sie mich mit einem zuckersüßen Lächeln im Gesicht. "Darf ich denn?" - "Sicher.", freute sie sich, als sie mir den Affen dann reichte und ich mich an ihn kuschelte. "Danke, Melli.", grinste ich glücklich. Mein Arbeitshandy piepte. "Ich muss weiter, okay? Vielleicht komme ich heute Abend nochmal vorbei." - "Okay.", schmollte sie traurig. "Ich hab deinen Affen immer bei mir.", versprach ich und ging lächelnd aus dem Zimmer. Das erste was ich nun tat war ein Bild mit dem Äffchen zu machen und auf Twitter zu stellen. Dann steckte ich ihn mir in meine kleine Tasche am Kittel. Auf einmal kam Joyce auf mich zu gerannt. "Calum, du musst unbedingt mitkommen!", rief sie weinerlich und zog mich an der Hand mit. Sie verzauberte mich wieder, sie war so wunderschön. Doch schnell kam ich wieder in der Realität an. In dem Moment, als ich in die Intensivstation trat und ich Michael mit einer Sauerstoffmaske vor mir liegen sah, wurde mir klar, dass ich auf ihn aufpassen musste.

The blind accident {Malum ff} (Abgeschlossen) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt