Nervös saß ich an seinem Bett in der Intensivstation und streichelte sanft seine Handoberfläche, so wie es Mali immer tat, um mich zu beruhigen. Dies brachte mich tatsächlich immer vom Wesentlichen ab und ich fiel wie in eine Art Trance, weil ich wusste, dass Mali mich niemals alleine lassen würde. Das sollte Michael auch wissen. Die Sauerstoffmaske, die piependen Geräte, der blasse Michael, der reglos vor mir lag. Meine Augen machten das alles nicht mehr mit und füllten sich mit Tränen. Angst überkam mich, als ich merkte, dass er gar nicht selbst atmete. Er musste notoperiert werden, hatte Ashs Assistent noch zu mir gesagt, bevor ich ins Zimmer rein durfte. Es war eine einmalige Ausnahme. Seine schlappen Augen und sein regloses Dasein erinnerten mich an meinen Vater und an meine Mutter, wie sie damals wie Schlafende auf dem Untersuchungstisch in der Leichenhalle lagen und ich sie mir genau ansehen musste, damit ich mir eingestehen musste, dass meine Eltern tot vor mir lagen. Mali konnte das damals alles gar nicht mitmachen und verfiel in eine schwere Depression, doch sie gab ihr Bestes, um wenigstens mich etwas abzulenken und Alltag in unser Leben zu bringen. Mit Tränen in den Augen spielte ich mit den Gedanken, dass er für immer fort sei und ich daran schuld war. Ich ganz alleine, so wie bei meinen Eltern, die ich einfach so alleine ließ. Vielleicht hätte ich sie beschützen können, als der Mörder sie umbrachte. Verdammt, Michael war mir so arg wichtig geworden. Wie ein Bruder. Oder mehr? Auf einmal kam Ashs Assistent rein, der uns traurig betrachtete. "Kannst du später in Ashs Büro kommen? Er wollte unbedingt mit dir sprechen.", fragte mich der Blondschopf besorgt. "Ja, gib mir nur noch ein wenig Zeit.. wie war dein Name nochmal?", fragte ich unsicher und wendete meinen Blick wieder kurz zu Michael, in der Hoffnung, er würde aufwachen. "Luke Hemmings.", lächelte er mich liebevoll an und verließ das große Zimmer so schnell wie er gekommen war. Ganze zwei Stunden saß ich neben den Bunthaarigen und wartete auf eine Reaktion von ihm. Da fiel mir ein, was Joyce zu mir gesagt hatte, als ich einen kleinen Zusammenbruch bekam, kurz nachdem ich aus Mellis Zimmer gegangen bin. Michael soll eine ganze Schachtel Schlaftabletten und sogar mindestens zwei Rasierklingen verschlungen haben. Ich hoffte so sehr, dass Joyce sich irrte und falls es stimmte, sollten die Ärzte ihn das Zeug so schnell wie möglich aus dem Bauch geholt haben. Ich wusste nicht, was ich glauben sollte. Am liebsten würde ich unter der Decke und der OP-Kleidung nachsehen, ob dort Narben waren. Ich liebte seinen Körper und hatte ihn schon oft zu sehen bekommen, als ich ihn mal beim umziehen oder baden helfen musste. "Ich bin schuld.", murmelte ich immer wieder. Immer mehr Menschen kamen dazu, die ich auf dem Gewissen hatte. "Es tut mir so leid, Michael.", schniefte ich. "Du fehlst mir.. irgendwie.. sehr." Ich konnte fast spüren, wie Michael meine Aussage erwiderte. Plötzlich drückte etwas sanft meine Hand. Als ich mit gläsernen Augen aufsah, bewegte Michael seinen Kopf und fing an mit seinen Augen zu flattern. "Michael!", rief ich erleichtert und fiel dem Grünäugigen um den Hals. "Dir geht's gut.", murmelte ich an sein Ohr. "Solange du da bist, ja.", hörte ich es schwach vom zerdrückten Menschen unter mir. "Mach so einen scheiß nicht nochmal, verdammt, Michael, ich hatte solche Angst um dich.", sprach ich ehrlich und sah dem schwachen Jungen besorgt an, während ich sein Gesicht in meinen Händen hielt. Erstmal sagte er nichts, er genoss es, dass ich ihn stützte und schmiegte sich an meine Hände. "Ich hab mir auch Sorgen gemacht.", murmelte Michael kaum hörbar und schloss seine Augen wieder. Schnell und ohne nachzudenken rief ich die Stationsärzte, die mich direkt aus dem Raum brachten und Michael untersuchten. Morgen solle ich nochmal wiederkommen, meinte Joyce, die mir seelischen Beistand leistete. "Ich muss los, tut mir leid.", sagte ich, als mir Luke und Ashton wieder in den Sinn kamen. Mein Lächeln im Gesicht war kaum zu übersehen, so war es auch in meinem Kopf, dort regierte nur noch einer. Ich war so verdammt froh, dass es ihm gut ging, teilweise. Immer noch schwirrte mir die unkommentierte Aussage von ihm im Kopf herum. 'Ich hab mir auch Sorgen gemacht.' Wusste er Bescheid? Oder wusste ich etwas wichtiges nicht? Leise klopfte ich an die Bürotür von Ashton. Schweigen. Dabei hatte ich eben noch Geräusche aus dem Büro gehört. "Ashton?" Schweigen. Ich beschloss einfach rein zu gehen, doch dies erwies sich als einer meiner peinlichsten Momente, die ich je erlebt hatte. "Calum? I-ich dachte, du wärst schonw-weg..", stotterte der Oberkörperfreie Oberhaupt der Klinik. Aus dem Augenwinkel erkannte ich nur schwer eine weitere Gestalt, die sich die Hose zu machte und sich hektisch aufrichtete. "Ich..", murmelte Ashs Partner. Verdammt, es war gar nicht seine Verlobte Joyce, mit dem er sich wohl den ganzen Abend lang auf dem Schreibtisch vergnügte. Es war Luke Hemmings.
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The blind accident {Malum ff} (Abgeschlossen) ✔️
Fanfic>> "Und du bist?", fragte mich der Bunthaarige mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Er hatte gemerkt, dass ich da war? "Ich bin Calum. Du bist Michael?" - "Nein, ich bin blind.", grinste er mit seiner schwarzen Brille. "Sein Humor ist einmal...