Wie gebannt starre ich auf das riesige Gebäude vor mir. Es wirkt wie ein großer, grauer Klotz, der einfach mitten in die kahle Landschaft gestellt wurde. Kein einziges Fenster ist zu sehen und generell wirkt alles um das Gebäude herum trostlos. Kleine, mickrige Bäume umstellen das Gebäude. Um mich herum ertönen die lauten Geräusche vorbeifahrender Autos, doch ich nehme es gar nicht wirklich wahr. Ich stehe einfach stumm mitten auf der langen Auffahrt vor dem großen Gebäude - einem Regierungsgebäude - mitten in George Town, einer mittelgroßen Stadt auf den Bahamas. Früher war George Town eine der unbedeutenden, unbekannten und kleinen Städte gewesen, doch mittlerweile waren viele Einwohner zugezogen und die Stadt erstrahlte in neuem Glanz.
Kurz schließe ich meine Augen. Ich habe keine Ahnung was mich erwartet oder was passieren wird. Angst überkommt mich. Was würde die Regierung mit mir anstellen? Ich hatte mich gegen das System gestellt. Nach Gerüchten zufolge endete das immer tödlich. Niemand, der sich gegen das System gestellt hat, soll noch am Leben sein. Alle sind bisher bei einem tragischem Unfall ums Leben gekommen.
Ein Schauder läuft mir mein Rückgrat hinunter. Ist es wirklich möglich, dass ich in wenigen Stunden schon tot sein kann?
Ich atme tief durch und gehe auf das Gebäude zu. Die Schiebetür öffnet sich automatisch. Ich werfe einen kurzen Blick zurück. Alec lehnt an seinem Auto und beobachtet mich. Seinen Gesichtsausdruck kann ich von dieser Entfernung zum Glück nicht erkennen.
Der Eingangsbereich ist grau gefliest. Es gibt eine kleine Theke, an der eine dickliche Frau mit einem strengen, blonden Dutt sitzt und genervt von ihrer Zeitschrift aufsieht, als ich hineinkomme. Mit langsamen und bedachten Schritten gehe ich vorsichtig auf sie zu. "Hallo", begrüße ich sie. In dem großen Saal klingt meine Stimme ungewohnt laut. "Ich bin Evelyn Smith. Ich habe..." "Jaja, ich weiß, Kindchen", unterbricht die Frau mich und sieht über ihre Hornbrille hinweg auf mich. Schließlich tippt sie irgendetwas auf einen großen Computer ein. "Geh doch gleich in Zimmer 222", meint sie schließlich ohne aufzuschauen. Ich nicke stumm und wende mich ab.
Erst jetzt sehe ich mich genauer im Eingangsbereich um. Eine Fahrstuhltür ist der einzige Zugang zu den oberen Stockwerken. Ich gehe langsam auf sie zu und drücke den Knopf. Sofort geht die Tür auf, ich blicke in den Innenraum des Fahrstuhls. Er ist mit Spiegeln an den Wänden versehen, dort sehe ich meinen angstvollen Blick. Ich betrete das Innere. Und betrachte die Legende:
E. Eingang
1. Räume 101- 199
2. Räume 201- 299
3. Räume 301- 399
Ich drücke den 2. Knopf. Der Fahrstuhl schließt die Türen und fährt nach oben. Schließlich öffnet er die Türen wieder und ich trete vorsichtig hinaus. Ich gucke mich um und sehe nur einen langen Flur, der in einem Grauton gestrichen ist. Vor mir ist eine Tür, die die Zahl 201 anzeigt. Ich gehe an den anderen Türen vorbei, bis ich schließlich vor der Tür mit der Aufschrift 222 stehen bleibe. Mein Herz pocht und ich habe das Gefühl, dass es jeder hören kann, der auch nur ansatzweise in meiner Nähe steht - was natürlich niemand tut, denn auf diesem Gang bin ich die einzige. Ich hole tief Luft. Dann strecke ich meine Hand aus und öffne die Tür.
Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
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Danke für 3,5K Reads! Ich habe heute mal ein etwas längeres Kapitel für euch. Einige meinten ja, ich solle sie länger schreiben und... tada: Da ist es^^
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Frag das System
Science FictionDas System sagt einem alles was man tun, denken und fühlen soll. Alles wird für zwanzig Jahre vorherbestimmt und alles läuft so ab, wie es geplant wurde. Niemand hat es bisher geschafft sich gegen das System zu stellen und es zu überleben. Doch ein...