Kapitel 15

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Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich einfach unsere Zimmertür öffnete, ohne nachzudenken. Ein Fehler, denn vor mir stand sogleich ein Junge an die eins fünfundneunzig, in seiner Uniformshose und ohne Oberteil, der mich interessiert musterte – keine Spur von Verwirrung. „Gwendolyn, wenn ich dich duzen darf, was treibt dich zu mir?", grinste er und lehnte sich an die Wand. Ich trat einen Schritt zurück und warf einen Blick auf die Zimmernummer – 78.Richtiges Zimmer, aber ein Stock zu weit oben. „Oh sorry, bin zu weit gelaufen.", entschuldigte ich mich und wollte mich umdrehen, doch der mysteriöse Junge zog mich am Handgelenk zurück, schlug mit einem geschickten Tritt die Tür zu und drückte mich sanft dagegen.„Wieso bleibst du nicht ein wenig, wenn du schon hier bist?",flirtete er und schaute mir eindringend in die Augen. Ich erwiderte seinen Blick und musterte seine braun-goldenen Augen, die mich wie kleine Strudel in ihren Bann zogen. „Weißt du, ich bin gerade aus einer fast einstündigen Ohnmacht aufgewacht und eigentlich auf der Suche nach meinem Zimmer. Aber wenn du mir deinen Namen verrätst können wir das ja verschieben.", entgegnete ich. „Wirklich keine Zeit? Mein Zimmergenosse ist nicht da.", sagte er gespielt verzweifelt und näherte sich weiter meinem Gesicht. „Wirklich nicht, sorry." Er seufzte und meinte: „Wäre doch eine Ehre Miss Feuer in meinem Bett zu haben." „So schnell spring ich da nicht rein, das musst du dir schon verdienen.", lachte ich, blickte in seine leicht enttäuschten Augen und öffnete die Tür. „Du könntest mit deinem Namen anfangen, mysteriöser Freund.", rief ich noch als ich bereits ein paar Meter den Gang entlang gelaufen war. „Tylor.", hörte ich ihn noch als ich die Treppen hinunter lief und an deren Ende Marie begegnete.

„Wynn,ich wollte gerade nach dir schauen. Wieso kommst du von da oben?",fragte sie. „Marie, ich glaube ich bin mit einem Fluch belegt.",seufzte ich während wir uns in Richtung meines Zimmers begaben. „Ach ja, welcher denn?" „Der, dass ich jedes mal, wenn ich eine neue Tür öffne, auf einen gutaussehenden, oberkörperfreien Jungen stoße." „Das wünscht sich doch jede. Moment mal, was ist eben passiert?" Sie blieb stehen und blickte mich irritiert an. „Ich war in Gedanken und bin einen Stock zu weit hoch gelaufen, hab die gewohnte Tür geöffnet und fand mich drei Sekunden später an die Tür gedrückt und flirtend wieder." „Ach ja, und mit wem?" Ich zuckte mit den Schultern. „Er sagt, er heißt Tylor." Marie fing an zu lachen. „Mach dir wegen dem keine Gedanken. Er ist in der siebten und hat sich seit zwei Jahren in den Kopf gesetzt bis zu seinem Abschluss jedes Mädchen ab der fünften zumindest mal geküsst zu haben." Ich lachte ebenfalls. „Und wie weit ist er?" „Von den neuen Fünfern fehlen noch die Meisten, ansonsten scheint er fast jede zu haben." „Und dich?" Sie lachte wieder und nickte. „Inden Sommerferien, ich war total betrunken. Aber eins kann ich dir sagen, küssen kann er."

Grinsend betraten wir mein Zimmer, in dem Jason, Samuel, Flo und die Zwillinge saßen und sich über etwas unterhielten. „Na, worüber redet ihr?", rief ich während Marie sich sich auf das Bett warf.„Darüber, welches Mädchen aus unserer Stufe den geilsten Arsch hat. Hey Wynn, du bist auch ziemlich weit vorne mit dabei!", rief Troy. „Ich weiß jetzt nicht ob ich geschmeichelt oder verstört sein soll.", entgegnete ich und lehnte mich in den Türrahmen.„Beides.", meinte Jason und ich entdeckte den Wodka in seiner Hand. „Hey, was machst du da mit meinem Lebenselixier?", meinte ich übertrieben. „Wir spielen Wahrheit oder Pflicht." „Ahja. Und wieso dann die Ärsche?" „Es kam die Frage auf, wer Flos Meinung nach den geilsten Arsch hat und daraus resultierte die Diskussion. Ja, sie diskutieren darüber. Wir stehen hier seit fünfzehn Minuten und diskutieren über Ärsche.", fluchte Marie in mein Kissen. „Wie geht es dir?", kam die Frage von Samuel. „Das erste Sinnvolle was ich hier höre, danke. Besser." „Dann können wir ja weiter spielen!", freute Adrian sich.

Ich lief zu dem Tisch und legte die Tablettenschachtel darauf, während mein Blick auf meine Fächerwahl fiel. „Klar, aber ich muss das noch ausfüllen.", meinte ich und setzte mich mit einem Stift an den Tisch, während die Flasche gedreht wurde. „Samuel, Marie, ihr schuldet mir noch was.", fiel mir ein. „Ach ja, was denn?",fragten beide wie aus einem Mund. Ich deutete mit dem Stift auf Jason, der gerade gedankenverloren durch seine Haare strich. „Ich hab den Wodka hier rein bekommen.", erklärte ich ihnen, worauf beide ein Seufzen ausstießen. „Ich lass mir was einfallen.",meinte Samuel und setzte sich zu den anderen in den Kreis. Stehen wurde ihm wohl zu anstrengend. „Darf ich fragen wieso wir mitten am Tag Wahrheit oder Pflicht spielen?", fragte ich während mein Stift über die Fächer glitt, die mich interessierten, fast so, als wüsste ich genau, was ich wählen würde. „Wieso nicht? Du bist übrigens dran, Wahrheit oder Pflicht?", hörte ich Flo sagen. Ich hob den Kopf und blickte in erwartungsvolle Gesichter, ließ den Stift einpaar mal auf den Tisch klacken und sagte dann: „Pflicht. Aber nichts sexuelles. Reine Vorsichtsmaßnahme."

Die Jungen diskutierten darüber, was ich machen könnte, während ich meinen Zettel umgedreht auf den Tisch legte und mich beinahe auf den Boden schmiss. „Sie soll mit 'nem Lehrer flirten.", meinte Troy, doch sein Bruder stritt es ab. „Viel zu langweilig. Wir brauchen was spannendes. Immerhin ist sie neu." Ich gab ein leises „Pff." von mir und betrachtete weiter das Tun, wobei mir entging, dass Samuel mir immer wieder besorgte Blicke zu warf. Irgendwie wurden die Vorschläge immer schlechter statt besser, und als jemand dann vorschlug, ich solle aufs Jungsklo gehen, machte Marie sich wieder bemerkbar. Sie gab ein genervtes Stöhnen von sich, rollte herum und setzte sich auf die Bettkante. „Was ist denn los mit euch? Haben die Ferien euch abgeschwächt oder was? Das ist doch alles Kinderkram. Seid bloß nicht nachsichtig mit ihr!" „Willst du mir hier was aufbrummen?", lachte ich und schaute sie an. „Kann sein.", grinste sie, während die Jungs wieder anfingen zudiskutieren. Es schien als hätten sie gerade eine Lösung gefunden,da klopfte es an der Tür. „Ich geh schon.", meinte ich und sprang auf, doch sie hatten das anscheinend nicht mitbekommen.

Ein wenig zu schwungvoll öffnete ich die Tür, denn der darin stehende fiel fast in das Zimmer. Anscheinend hatte er dagegen gelehnt. „Oh sorry, alles in Ordnung?", fragte ich und wurde gleich darauf von vertrauten braunen Augen angeschaut. „Na sowas, du schon wieder.", lachte Tylor und stellte sich wieder aufrecht hin. „Was verschlägt dich jetzt hier her?" „Ich suche Jason." Ich drehte mich zur Seite und brüllte über die Worte der Anderen hinweg: „Jason, komm mal her!" Keine Reaktion. Ich schaute wieder zu Tylor, der mich interessiert musterte, und sagte: „Warte kurz." Auf dem Weg nach drinnen nahm ich ein Buch, das auf einem kleinen Tisch neben der Tür lag, lief auf Jason zu und haute es ihm auf den Kopf. „Ey, meine Haare!", kam von ihm, und von seinen Freunden kam Gelächter. „Du sollst zur Tür gehen.", sagte ich und haute noch einmal leicht nach. „Ist ja gut, hör auf mich zu hauen.", lachte er und stand auf, nahm mir das Buch aus der Hand, haute es mir ebenfalls kurz auf den Kopf und lief dann zur Tür, die er nach einem kurzen Wortwechsel mit Tylor schloss.


Feuerfunke *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt