Kapitel 29

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Ein wenig geschockt zog ich meine Hand zurück und blickte auf das nun feuerrot glühende Zeichen. Ich wollte es berühren, doch es war unglaublich heiß und ich hätte mich beinahe verbrannt. Doch so schnell wie es angefangen hatte, erlosch es auch wieder und verblich in das ursprüngliche Hellgelb. "Ich glaube, das sollten wir lieber noch lassen.", meinte Troy der vor lauter Feuer aufgehört hatte mit seinem Bruder zu zanken. „Naja kein Wunder, sie hatte schließlich noch nie Unterricht über die Beherrschung eines Elements.", warf Marie ein und stand ebenfalls auf, „Wie auch immer, wir gehen jetzt. Schönen Tag noch Jungs!" Ich verabschiedete mich ebenfalls und folgte Marie.

Wir machten uns also auf den Weg in die Stadt, fast wie ganz normale Mädchen. Sie schleifte mich in unzählige Läden, in die ich genauso gut in Deutschland hätte gehen können, und steckte mich in zig Sachen. Letztendlich kamen wir mit einigen Tüten zurück und hätten beinahe das Abendessen verpasst, hätte mein knurrender Magen mich nicht darauf hingewiesen.

Erschöpft lies ich zuerst mein Tablett auf den Tisch und anschließend mich auf den Stuhl fallen. „Shoppen mit Marie kann anstrengend sein, oder?", raunte ihr Bruder mir zu, was sie mit einem „Hey, gar nicht!" quittierte. Der Rest der Truppe war nicht mal mehr hier, da wir viel zu spät angekommen waren. Lediglich Jason saß noch an einem Tisch mit Leuten, die ich nicht kannte, und hatte mir kurz ein Lächeln zugeworfen.

„Wie kommt es eigentlich, dass wir immer mit Leuten aus Feuer und Wasser abhängen? Samuel hat mir erzählt, dass sie sich eigentlich von Natur aus hassen sollten.", fragte ich nach ein paar Minuten. „Weiß ich auch nicht so genau, so eng wie diese Woche ist das normalerweise auch gar nicht. Du siehst ja, dass Jason oft bei Leuten aus Feuer oder Erde steht, und Samuel und Flo sind Wasser. Die Zwillinge hingegen zählen zu Luft. Aber du hast Recht, von Natur aus sind wir Gegensätze. Seltsamerweise haben aber nur Jason und Samuel ein Problem miteinander; jetzt mal auf unsere Kreise bezogen.", erklärte Marie und schob sich dann eine Gabel mit Nudeln in den Mund. „An meinem ersten Morgen hier saß Jason auch mit Flo, Troy und Adrian an einem Tisch." „Ja, die vier verstehen sich auch gut. Allgemein ist das längst nicht mehr so verkrampft wie früher, wo alle vier Gruppen streng voneinander getrennt gelebt haben und Feuer und Wasser sich sogar bekriegt haben. Ich meine, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, da sind wir um einiges toleranter geworden. Aber die Charakterzüge eines Elementträgers hängen davon natürlich auch ab, vielleicht würden sich Jason und Samuel auch ohne die Elemente nicht vertragen." Ich nickte nur und warf einen kurzen Blick zu Jason, der mich gerade angeschaut hatte. Er warf mir erneut ein Lächeln zu, das aber viel zaghafter als sonst aussah –oder bildete ich mir das nur ein?

Nach dem Essen hatte ich mir in der Bibliothek ein Buch über mein Element ausgeliehen, da ich etwas mehr wissen wollte als die Tatsache, dass ich Feuer erzeugen konnte. Ich setzte mich an einen der kleinen Holztische und schlug die erste Seite auf. Entgegen meiner Erwartung war es sogar ziemlich interessant und ich erfuhr auch recht viel. Feuer war ein Grundelement, wie ich bereits wusste, das in der Lage war alle Unterelemente wie Blitze, Licht, Asche oder ähnliches zu kontrollieren, während Personen mit einem Unterelement der Kategorie Feuer nur diese eine Fähigkeit hatten. Allerdings gab es für jedes Unterelement eine bestimmte Technik, die erlernt werden musste. Der Claves eines Feuerträgers war in der Regel ein Schwert, auch 'Flammendes Schwert Jushas' genannt; wobei Jusha der erste Feuerträger gewesen sein soll. Ungefähr jeder vierzigste Feuerträger war sogar Herrscher des Drachenfeuers, das zwar ein wenig stärker war, sonst aber nichts besonderes an sich hatte.

Irgendwann klopfte jemand vor mir auf den Tisch und ich schaute von meinem Buch auf. „Kann ich mich zu dir setzen?", fragte Samuel und deutete auf den Stuhl gegenüber. „Klar, nur zu. Wie spät ist es eigentlich?" „Fast einundzwanzig Uhr, wieso?" Ich hatte fast zwei Stunden in dem Buch gelesen. „Ich schätze das Buch ist zu interessant.", meinte ich und streckte mich kurz. „Irgendwie logisch, schließlich wusstest du bis vor Kurzem noch gar nichts." „Ja, du hast wahrscheinlich Recht. Und was verschlägt dich hier her?" „Ich habe ein Buch für den Astronomieunterricht gesucht, aber es ist gerade ausgeliehen. Warst du schonmal im Observatorium?" „Ich dachte wir dürfen da nicht rein?" „Dürfen wir eigentlich auch nicht, aber wer hat gesagt, dass ich mich an Regeln halte?" Er grinste mich herausfordernd an und ich grinste zurück. „Solchen Versuchungen kann ich nicht widerstehen.", raunte ich und schlug mein Buch zu. „Aber jetzt ist es zu auffällig. Komm heute Nacht so gegen zwei wieder hier vor die Bücherei, okay?" „Okay."

Bis zum Schließen der Bücherei unterhielten wir uns noch herzlich und machten uns anschließend auf den Weg in unsere Zimmer. Es war gerade mal halb Zehn, aber seltsamerweise war Jason bereits auf dem Zimmer und duschte. Ich setzte mich also nochmal mit dem Buch auf den Boden, lehnte mich ans Bett und laß weiter.

„Na, spannend?", erklang Jasons Stimme aus dem Hintergrund. Ich schreckte ein wenig auf, antwortete dann aber: „Ja, ziemlich. Ich erfahre endlich mal etwas über mein Element." „Ja, das war für uns auch mal spannend. Mittlerweile ist diese Elementenkunde nur noch stinklangweilig. Manchmal vergesse ich, dass du mit unserer Welt noch nicht vertraut bist." Ich lachte. „Besucht dann überhaupt jemand diese Veranstaltung für Elementenkunde?" „Naja, die Erst- und Zweitklässler hauptsächlich. Ab und zu mal jemand, der die Infos für eine Präsentation brauchen könnte, aber sonst eher weniger."„Wieso werden sie dann so groß präsentiert?" „Ich weiß es auch nicht, ist so 'ne Lehrersache. Willst du noch duschen, das Bad wäre dann frei."

Nachdem ich ausgiebig geduscht hatte und zurück in das Zimmer kam, sah ich, dass Jason neben seinem Handy eingeschlafen war. Lächelnd zog ich die Decke ein Stück weiter nach oben, schaltete das große Licht aus und setzte mich am Tisch erneut über das Buch. Die Zeit verflog schnell, aber gegen ein Uhr war ich mit dem Buch durch. Ich war definitiv um einiges schlauer geworden; anwenden konnte ich mein Element aber hundert pro immer noch nicht.


In mancher Hinsicht erleichtert war ich schon, da ich ein paar meiner Fragen hatte beantworten können. Ich lehnte mich im Stuhl zurück, faltete die Hände hinter meinem Kopf zusammen und atmete tief durch. Anschließend drehte ich meinen Kopf nach rechts und sah, dass Jason sich mittlerweile wie ein Baby zusammengekauert hatte. Eine Haarsträhne war ihm ins Gesicht gerutscht. Er sah ziemlich niedlich aus, man konnte nicht mal erahnen, wie er im wachen Zustand war. Andererseits fragte ich mich, welche Geschichte wohl hinter seinem Image steckte. Tatsächlich wusste ich recht wenig über ihn, und das obwohl wir fast miteinander geschlafen hätten. Ich beschloss, es irgendwann heraus zu finden.

Feuerfunke *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt