Kapitel 42 - Urlaubsschäume

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In meinem Zimmer herrschte das reinste Chaos. Der Inhalt meines halben Kleiderschranks lag als blickdichte Schicht über meinem Bett verteilt und eine Auswahl an Büchern, Gesellschaftsspielen und Kosmetikartikeln auf dem Fußboden verteilt. Im Flur vor meiner Zimmertür sah es allerdings nicht viel besser aus. Dort standen Kisten mit für das Zelten notwendigen Haushaltsgegenständen sowie eine Isomatte und ein Schlafsack herum. Das Zelt hatte wie immer Isabella eingepackt, denn sie besaß ein großes Sechsmannzelt, was ein Überbleibsel aus alten Zeiten ihrer Mutter war.

Bei jedem Zelturlaub tauchten wieder die gleichen Probleme der Vorjahre auf und ich hatte immer noch keine Lösung gefunden. Das Motto hieß: 'So wenig wie möglich Platz verschwenden, aber so viel wie nötig einpacken.'

Aber was war wichtig und was konnte ich getrost zuhause lassen?

Mein Kopf ratterte und ich hatte ständig Angst etwas nicht einzupacken, was uns dann fehlen würde. Wahrscheinlich machte ich mir wie immer zu viele Gedanken.

Mein Handy vibrierte und ich kramte es unter einem Klamottenhaufen hervor.

'Wir holen dich in einer halben Stunde ab. Kuss, Bella', war der Inhalt des SMS-Textes, der in bedrohlich schwarzen Buchstaben auf dem leuchtenden Bildschirm erschien.

In einer halben Stunde? Echt jetzt?

Das Gefühl von Panik in einer Kombination mit Stress breitete sich in mir aus und ich stopfte wie wild den Koffer voll, während mein Kopf unaufhörlich ratterte.

Fünf Tage? Fünf Schlüpfer. Fünf Socken, zwei Bikinis, Sonnencreme, Gaskocher, Dosenöffner, meine heiß begehrte Campinglaterne...

Fünf Minuten vor der Zeit klingelte es bereits an der Tür.

Warum hatte sich Isabella nur so einen überpünktlichen Freund ausgesucht?

"Mina", schrie meine kleine Schwester Rachel von unten. "Deine komischen Freunde sind da. Kümmere dich auch um sie, damit sie nicht mich nerven."

Wie charmant. Ich flitzte die Treppe hinunter und bat Bella und Daniel darum, es sich im Wohnzimmer bequem zu machen. Meine Mutter kam auch schon aus der Küche und bot den zwei Turteltäubchen etwas zu trinken an. Zu viel Zeit hatte sie jedoch auch nicht, da bereits das Mittagessen am köcheln war und ihrer Aufsicht bedurfte.

Völlig außer Atem rannte ich die Treppe im ständigen Wechsel auf und ab und schleppte mein Gepäck hinunter, was Daniel dann mit mir zusammen in sein Auto verlud.

"Und ihr wollt wirklich nicht mehr mit uns zu Mittag essen?", fragte meine Mutter zum Abschied.

Isabella und Daniel schüttelten den Kopf, während ich sagte:

"Nein, wir haben uns doch alle Proviant eingepackt und zur Not kaufen wir uns etwas auf dem Zeltplatz. Außerdem hast du uns doch gar nicht mit eingeplant", erwiderte ich.

Meine Mutter gab schließlich klein bei und gab mir einen Abschiedskuss auf die Wange. Rachel ließ sich nicht noch einmal blicken und mein Vater war arbeiten.

Während der Fahrt zählte ich die Sekunden bis zur Ankunft, da mir Speiübel war. Da wusste ich noch nicht, dass diese der angenehmste Teil von allem sein würde.

Als Daniel mit seinem Auto durch die Schranke des Zeltplatzes gefahren war, hatte ich mir noch nichts dabei gedacht, außer vielleicht, dass wir so besser die Sachen ausladen könnten. Auch seine Mithilfe beim Zeltaufbau wusste ich zu schätzen. Nachdem Daniel den dritten Schlafsack ins Zelt geworfen hatte, fragte ich mich langsam, ob ich unter einer Wahrnehmungsstörung litt oder in Mathe zu oft Kreideholen gewesen war. Kurzerhand fragte ich:

Die flüsternden BäumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt