Der restliche Tag gestern war furchtbar gewesen. Die ganze Zeit löcherte Leondra mich mit Fragen, die ich größtenteils über mich ergehen ließ. Sie ahnte, dass irgendwas nicht stimmte, doch trotzdem schaffte ich es, sie gekonnt abzulenken. Auch Maifis schien die ganze Sache nicht geheuer zu sein und ich verfluchte ihn und sein Gespür dafür, dass er allein an meinem Geruch wittern konnte, wenn etwas nicht stimmte. Trotz der Tatsache, dass Maifis streng genommen nur ein Hund war, wenn auch ein fast zwei Meter großer Höllenhund, war er unheimlich intelligent. Doch momentan hatte ich genug Probleme, um die ich mich kümmern musste.
Inzwischen war es elf Uhr fünfundzwanzig. Fünfunddreißig Minuten vor unserem Aufbruch.
Ich saß wie auf heißen Kohlen auf meinem Schreibtischstuhl und wippte mit den Füßen. Es war nicht so, dass ich nervös war, nur bereitete Cassian mir unaufhörlich Kopfschmerzen. Wie ich es ihm befohlen hatte, hatte er sich die letzten zwei Tage ausgeruht, zum Teil auch zwangsweise wegen meines kleinen Schlaftrankes, dennoch sah ich immer diesen verbissen Ausdruck in seinen Augen, wenn ich ihn kurz zu Gesicht bekam. Er hatte sich in den letzten drei Tagen so verändert, dass ich das Gefühl hatte, einen Fremden zu sehen, auch wenn Cassian und ich sonst auch nicht sonderlich vertraut miteinander waren. Er war emotional völlig instabil, und wenn ich das schon sagte, sollte das was heißen. Ich fürchtete, dass das alles nicht so laufen würde wie geplant. Wenn Cassian nicht doch noch einen Rückzieher in letzter Sekunde machte, würde er irgendeine Dummheit anstellen, da war ich mir sicher, und meine Aufgabe war es dann, alles wieder hinzubiegen. Und ich war zwar super im kaputt machen, aber etwas wieder in Ordnung zu bringen, lag mir nicht, so gar nicht. Ich atmete tief ein und erhob mich dann aus dem ohnehin unbequemen Stuhl, dann betrachtete ich mein Spiegelbild. Meine langen roten Haare hatte ich zu einem hohen Zopf zusammengebunden, was mich noch gefährlicher aussehen ließ als sonst. Ich hatte mich für unauffällige Kleidung entscheiden. Ein schwarzes Top, kombiniert mit einer schwarzen Lederhose und einer ebenfalls schwarzen Lederjacke. Meine Stiefel waren natürlich auch schwarz. Meine Dolche und mein Schwert hatte ich mir umgebunden. Ich sah aus wie die perfekte Auftragsmörderin. Nach einem letzten Blick auf die Uhr, machte ich mich auf den Weg.
Cassian und ich hatten abgemacht uns auf dem Hinterhof zu treffen und uns dann unbemerkt raus zu schleichen. Also wartete ich ungeduldig unter einem der vielen Bäume, um ja unentdeckt zu bleiben. Dann vernahm ich ein leises Rascheln links von mir. Ich duckte mich noch tiefer in die Schatten und wartete ab, bis ich schließlich Cassian sah, der ebenfalls unter den Baum trat. Ich richtete mich wieder auf und musterte ihn. Auch er hatte sich komplett schwarz gekleidet, was ihm ehrlich gesagt wirklich gut stand. Seine grünen Augen funkelten so umso mehr.
„ Bist du bereit?", fragte er mich leise.
Ich schnaubte abfällig.
„ Ich bin bereit geboren.", erwiderte ich.
Cassian ließ das unkommentiert und zusammen schlichen wir uns hinaus, was gar nicht mal so leicht war, wenn man bedachte, dass die gesamte Schule von einem riesigen Eisenzaun umgeben war. Glücklicherweise kannte Cassian ein paar kleine Schlupflöcher. Somit war der erste Schritt unseres Plans gemeistert. Schritt Nummer zwei war erreichen des Anwesens. Schnellen Schrittes gingen wir die Straße entlang, nahmen Abkürzungen und wurden quasi unsichtbar zwischen den tiefen Schatten der Häuser. Zielstrebig liefen wir gemeinsam bis zum Tore des Anwesens. Cassian machte immer noch keine Anstalten einen Rückzieher zu machen, er wollte das hier wirklich durchziehen.
„ Und wie kommen wir jetzt rein du kleines Genie?", fragte ich ihn. Er sah mich nicht einmal an. Auf der Mauer, die das Anwesen umgab patroullierten die Wachen. Es würde fast unmöglich werden, unbemerkt rein zu kommen. Statt in den Schatten zu treten, trat Cassian noch einen Schritt von der Mauer weg, sodass er nun gut erkennbar da stand. Ich hätte ihn schlagen können. Die Wache, die über uns patroulierte blieb überrascht stehen und starrte zu Cassian hinunter. Auch ich starrte ihn an und vernichtete ihn innerlich mit meinen Todesblicken.

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Satans Tochter
FantasiaWas hatte mein Vater sich bei der ganze Sache nur gedacht? Ich hätte wohl mehr Erfolg gehabt bei der Aufgabe ein pinkes Einhorn mit grünen Punkten zu finden, als einen Nachfolger für meinen Vater. Ich war gerade mal eine Stunde auf der Erde und wün...