»Soll ich dich mitnehmen?« Jemand griff nach meinem Arm und hielt mich zurück.
Ich blinzelte. »Lass mich in Ruhe, Dean.«
»Fynn wünscht sich deine Anwesenheit.«
»Du fährst ihn doch nur zum Flughafen.«, erwiderte ich.
»Wow, bist du heute zickig.«
»Glaubst du, dass Menschen andere Menschen verderben können?«, fragte ich. Meine Stimme zitterte und ich fühlte mich, als würde ich gleich in Tränen ausbrechen, doch Dean brach in Gelächter aus. Ich kniff die Augen zusammen und blickte ihn wütend an. »Was ist daran so lustig?«
Dean wischte sich theatralisch eine imaginäre Träne weg und umarmte mich. Genervt von seiner Reaktion stieß ich ihn weg und marschierte weiter. »Glaubst du ernsthaft, dass Eve dich zerstört hat?«
»Ich bin echt wütend auf sie und diese Wut hat von mir Besitz ergriffen, ich bin sicherlich genauso verbittert wie sie.«
»Was dir fehlt, ist ein kleiner Streit mit deiner besten Freundin.«
»Sie ist schwanger, das kann ich nicht tun.«
»Doch kannst du, du traust dich nur nicht.«, erwiderte Dean und wir schlenderten die Straße entlang zur U-Bahn-Station.
»Das ist auch total sinnlos, inwiefern soll ein Streit meine Laune bessern.«
»Oh das wird er nicht.« Dean steckte seine Hände in die Hosentaschen und trat nach einer leeren Coca-Cola-Dose. »Aber, wenn du ihr alles an den Kopf geworfen hast, was du ihr schon immer mal sagen wolltest, fühlst du dich freier und wenn sie wirklich deine beste Freundin ist, wird sie dir verzeihen.«
»Und wenn nicht?«
»Ich konnte Fynn auch verzeihen.«
»Das verstehe ich bis heute nicht.«, gestand ich und schüttelte den Kopf. Nebeneinander liefen wir die Treppen hinab. Die kühle, stinkende Luft einer alten Klimaanlage schlug uns entgegen. Ich fröstelte.
»Bruder vor Luder, wer kennt es denn nicht? Ich kenne Fynn schon lange und diese Sache mit ihm und Eve sollte nicht der Grund sein, wieso wir den Kontakt abbrechen. Außerdem siehst du ja selbst, wie sich das entwickelt hat, die beiden sind für einander gemacht.« Er seufzte. »Auf deren eigene kranke Art und Weise.«
»Da hast du wohl Recht, aber ich kann Eve kaum vorwerfen, dass sie Fynn eine gute Zukunft ermöglichen wollte.«
»Du kannst ihr aber vorwerfen, dass sie einfach abgehauen ist.«
»Aber ich verstehe ihre Gründe ja, ich verstehe wieso sie es tun musste!«, erwiderte ich aufgebracht. Die Bahn fuhr ein und wir betraten einen der Wagons. Dean bot mir den Sitzplatz ein und ich ließ mich dankend darauf nieder, während er neben mir stehen blieb. »Stört es deine Freundin gar nicht, dass du ständig mit mir draußen bist?«
»Elena ist wirklich in Ordnung. Sie hat ihre Macken, aber sie versteht, dass ich versuche Fynns Leben zu regeln.« Ich lächelte ihn an und er grinste zurück.
»Wann kommt sein Flug?«
Dean warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »knappe drei Stunden, danke dass du mit kommst.«
Ich winkte ab und lehnte meinen Kopf an die Lehne. »Keine Ursache.«, murmelte ich. Ich war todmüde.
Spike war krank und die Prüfungen raubten jedem an der Universität die Nerven. Noch dazu musste ich langsam meine Sachen packen und meine Eltern besuchen, das hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr getan. Ich hielt meine Augen die gesamte Fahrt über geschlossen und schlummerte mehr oder weniger vor mich hin. An Eves alten Station tippte Dean mich sanft an. Ich gähnte und folgte die ihm aus der Bahn. Obwohl es inzwischen schon Abend wurde, war es noch immer wohlig warm, ich liebte den Sommer.
Fynn wartete bereits vor dem Gebäude, zu seinen Füßen lag eine Reisetasche. »Megan!«, rief er erfreut aus, als er mich erblickte. Wir umarmten uns kurz zur Begrüßung ehe er Dean die Hand schüttelte. Mein Begleiter klopfte dem blonden Jungen auf die Schulter.
»Nervös?«, fragte Dean.
Fynn zuckte mit den Schultern und lachte. »Mann, ich werde Vater.« Ein bisschen panisch klang er dabei schon.
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Du bist die Ruhe in Person.«
»Was wenn sie mich wirklich verlassen wollte?«, fragte Fynn.
»Wollte sie nicht.«, erwiderte Dean.
»Und was wenn ich grade ankomme und sie just in dem Moment die Liebe ihres Lebens trifft?«
»Wird sie nicht.«, seufzte ich. Für Eve drehte sich alles nur um Fynn. Megan, ich hasse ihn. Megan, was soll ich tun. Megan, ich liebe ihn. Megan, Megan, Megan. Vermutlich hatte Dean Recht und ich musste mich mal Streiten. Nur hatte Eve definitiv einen Vorteil bei dieser Aktion, sie war ein wahrer Meister, wenn es darum ging, Leuten Dinge vorzuwerfen.
»Was wenn sie sich aufregt und das Baby einen Schaden erlangt?«
Dean schüttelte den Kopf. »Halt die Klappe, Fynn, du redest wirres Zeug.«
Der blonde Junge schluckte schwer und sah zwischen mir und seinem besten Freund hin und her. Dann überreichte er Dean schließlich seine Autoschlüssel und wechselte die Straßenseite. Wir beide folgten Fynn wie treue Hunde.
Er tat mir leid. Fynn war zwar keine reine Seele und hatte das Leben Anderer ebenso oft schwer gemacht wie seine treue Geliebte. Ich ärgerte mich über beide, sie waren beide die Brut Satans, doch Fynn wirkte so verloren und aufgelöst mit seiner Reisetasche, dass es mir förmlich das Herz brach.
Dean schloss den Wagen auf und ließ sich hinters Lenkrad fallen, ich setzte mich auf den Beifahrersitz und Fynn auf der Rückbank Platz nahm und in die Mitte rutschte.
Während Dean den Wagen ausparkte drehte ich mich zu Fynn um und starrte ihm gradewegs in die Augen. »Es wird alles gut gehen, Fynn.«, versuchte ich ihn aufzumuntern, da ich diese Stimmung nicht länger ertrug. »Du wirst schon sehen, Benny holt dich am Flughafen ab und dann wirst du sie wieder sehen.«
»Ich will nicht versagen.«
»Versagen in was?«, fragte Dean und lenkte das Auto durch den Nachmittagsverkehr.
»Was wenn ich ein richtig beschissener Vater bin? Oder ein richtig beschissener Ehemann.«
»Niemand zwingt dich übers Wochenende zu heiraten.«, erwiderte ich.
»Ich liebe sie und diese Wochen haben mir gezeigt, dass ich nicht mehr ohne sie leben möchte.«
Das war so romantisch. Ich unterdrückte ein gerührtes Oh und drehte mich wieder nach vorne.
»Selbst wenn ich sie nicht heirate, was wenn ich ein beschissener Partner bin, wenn wir beide keine Kinder großziehen können?«
»Wer kann das schon, Fynn? Deine Eltern waren zusammen der Inbegriff für Perfektion und du rauchst, trinkst und schwängerst eine Frau bevor ihr verheiratet seid.«, entgegnete Dean darauf. Schweigen breitete sich im Fahrzeug aus, sie war so unerträglich, dass ich nach wenigen Minuten das Radio anstellte und der Techno-Musik lauschte, auf die Fynn so abfuhr. Wir sagten nichts mehr, doch Fynns Fragen hatten eine Kettenreaktion in mir ausgelöst. Was wenn die beiden wirklich keine Kinder großziehen sollten?
Oder schlimmer: Was wenn Fynn Evelyn einen Heiratsantrag machen würde und diese ablehnen würde?
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Couple in a roundabout way
HumorLiebesgeschichten hören immer auf, wenn die Protagonisten ihren langen Weg zusammen finden. Doch keiner schreibt darüber, was danach passiert. Denn dann, kommen die wahren Probleme ins Spiel. Evelyn und Fynn, weniger geeignet für eine Lebenslangebin...
