"Aber dir geht es gut?" Rick hatte mich immer noch nicht angeschaut.
"Soweit wie es einer Krebskranken nunmal gut gehen kann, würde ich sagen." Ich seufzte und schaute nun auch von ihm weg und auf den Boden.
Ich sah vom Augenwinkel wie er nickte und dann mich ganz kurz anschaute.
Mir kam es so vor, als ob ich irgendetwas bei ihm getroffen hatte.
"Wie sieht es mit den Chancen aus?"
Er ist so direkt. Doch das gefällt mir, denn er hat nicht dieses Mitleid. Er hat mehr Mitgefühl, und das ist ein riesen Unterschied, in meinen Augen.
Wir sind uns so fremd, dass wir so miteinander reden können, sodass keiner den anderen verletzen möchte. Es ist nicht wie, wenn ich mit meinen Freunden rede, die einfach nichts Falsches sagen wollen. Und es tut verdammt gut.
"Ich weiß es nicht so genau. Ich wurde operiert, danach waren die Chancen ziemlich gut, aber.. Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. Es ist gerade so viel in meinem Leben los. Ich bin so verwirrt. Tut mir leid."
Mein Kopf ist wieder voll. So voll.
"Muss es nicht. Das ist bestimmt nicht leicht. Aber gebe nie auf. Das ist das Wichtigste. Egal was kommt. Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Ich schaute ihn wieder an und seine Worte taten gut. Sie waren kurz und einfach. Sie gaben mir Kraft.
"Dankeschön."
"Für was?"
Jetzt schaute auch er mir in die Augen.
"Für die Jacke. Für das Zuhören. Für die tollen Worte. Für den Umgang mit mir."
Er nickte und verstand. Er heulte nicht los, als er erfuhr, dass ich krank bin.
Wieso auch, er hatte keine enge Bindung zu mir.
Er trauerte auch nicht für mich, obwohl die Chancen so ungenau sind.
Er versuchte mir auch nicht tausende von Wörtern in den Kopf zu schlagen um mich irgendwie aufzumuntern.
Es kam mir vor, als ob er verstand.
Er verstand einfach und dafür war ich dankbar.
"Nichts zu danken." Er lächelte leicht.
-
"Dann sehen wir uns irgendwann." Ich war ziemlich froh geschwänzt zu haben. Denn so konnte ich sehen, wie nett Rick eigentlich ist und ich hatte auch Zeit über alles nachzudenken.
Nicht, dass wir jetzt die Besten Freunde werden, zumindest nicht von meiner Seite aus, aber nun hatte ich nichts mehr gegen ihn.
Ich nickte ihm einfach zu mit einem leichten Lächeln und betrat das Schulgelände.
Auf dem Schulhof war nicht allzuviel los. Eine Klasse saß draußen, die wohl eine Freistunde hatte und ansonsten hier und da vereinzelt Schüler.
Ich entschied mich rein zu gehen und auf die anderen zu warten, die jeden Moment aus haben müssten.
Ich dachte zurück an das Gespräch mit Rick. Er war so verständnissvoll. Wir redeten noch mehr über uns selbst. Gleichzeitig auch über die dümmsten Dinge.
Zum Beispiel, wie er und sein älterer Bruder mal so in einen Streit gerieten, dass es mit einem Krankenhausbesuch endete, für beide.
Oder bei mir, wie mich mal ein Mädchen im Einkaufszentrum dumm angemacht hat und wir uns fast in die Haare gekriegt hatten.
Als ich das erzählte, konnte sich Rick kaum noch halten, da er sowas natürlich nicht von mir gedacht hätte.
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Krebs
RandomKathy. 16 Jahre. Besonderheit: Krebs Leben: Voller Geheimnisse, Lügen, falsche Freunde...