Kapitel 1

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"Alles gute zum 17!"

Gracie umarmt mich stürmisch und will mich gar nicht mehr loslassen. Obwohl wir beide nichts miteinander zu tun haben, tut sie gerade so, als ob wir die besten Freundinnen wären. Eigentlich ist sie ja ganz ok, aber wenn sie mal auf einen Typen steht, sollte man ihr lieber aus dem Weg gehen.

Ja, ihr habt richtig gehört! Ich bin heute 17 Jahre alt geworden und zur Feier des Tages, hat mich meine beste Freundin Lisa in eine Disko verschleppt. Eigentlich bin ich nicht so der Partymensch, aber sie meinte ich sollte noch auf den Kosten meiner Eltern feiern gehen, bevor ich mit 18 alles alleine zahlen muss.

Und so sind wir jetzt hier und natürlich hat sie die gesamte Stufe mit eingeladen, obwohl ich nicht einmal die Hälfte kenne. Ich bin halt eben nicht so beliebt, wie Gracie, juckt mich aber auch nicht.

"Und wie ist es so mit 17?", fragt mich jetzt Patrick. Er geht mit mir zusammen in den Lateinkurs... oder so.

"Natürlich total anders!" Ich hoffe man hört den Sarkasmus. Er lacht und ich muss mitlachen. Er war schon immer der Kursclown... in welchem Kurs auch immer.

"Michelle! Michelle!" Ich drehe mich um und sehe Lisa nach mir rufen und sich suchend in der Menge umguckend. Ich verabscheide mich von Patrick mit einer Umarmung und gehe zu ihr.

"Oh man, Michelle, ich dachte, ich hätte dich verloren.", sagt sie, nachdem ich sie erreicht habe, und versucht mich dabei böse anzugucken, obwohl sie kurz vor einem Lachkrampf steht.

"Hättest du nicht die gesamte Stufe eingeladen, wäre das auch nicht passiert." Ich schaue sie ganz ernst an und versuche aus ihrem Gesicht herrauszulesen, warum sie mich gerufen hat oder ob sie einfach schon wieder zu viel getrunken hat. Ihr müsst wissen, dass Lisa schon 18 ist und gerne mal über die Stränge schlägt. Meistens brabbelt sie dann unnötige Sachen vor sich hin und versucht mich immer zu verkuppeln, obwohl sie die Typen selber heiß findet.

"Es tut mir leid, aber ich wollte, dass dein Geburtstag etwas ganz besonderes wird und deshalb werde ich heute kein Glas Alkohol zu mir nehmen."

"Das ist echt süß von dir, aber du musst dir doch nicht so viel Mühe machen, nur wegen einem Geburtstag."

Sie schnaubt und guckt mich böse an. "Du kannst mich so oder so nicht umstimmen, also los wir gehen jetzt zur Bar und DU wirst dir erstmal etwas zum Saufen holen. Außerdem wollen wir gleich noch ein paar Fotos mit dem Geburtstagskind machen und deswegen musst du einbisschen angeheitert sein, um lächeln zu können." Dabei betont sie das du extra noch und ich weiß, sollte ich jetzt noch weiter diskutieren, schmeißt sie mich noch von meiner eigenen Party und das wollte ich nicht.

Nach wenigen Minuten sitzen wir an der Bar. Ich mit einem Tequila und sie mit einer Cola. Sie scheint ihr Versprechen wirklich einhalten zu wollen, aber spätestens, wenn sie was angeboten bekommt, kann sie sich nicht mehr zurück halten und wird trinken bis der Arzt kommt und das bei ihr wortwörtlich.

Bisher habe ich nur wenige von unserer Schule gesehen und wenn dann nur welche, die ich selber kenne.

"Hast du den Typen gesehen? Der war voll heiß!", sagt auf einmal Lisa.

"Ich dachte, du hättest nichts getrunken?" So wie sie sich aufführt, könnte man meinen, dass sie von der Cola betrunken geworden ist. Vielleicht sollte sie nur Wasser trinken.

"Ich habe nicht getrunken, aber der Typ war wirklich heiß und selbst du ka..."

Auf einmal schlingt jemand seine Arme von hinten um meinen Bauch und versucht verführerisch in mein Ohr zu flüstern.

"Hallo, meine Hübsche. Alles gute zum Geburtstag. Was meinst du, willst du dein Geschenk lieber jetzt oder später im Bett?" Oh nein, Cole. Damit ist die Party gelaufen. Wie schon gesagt, er hat versucht verführerisch zu klingen, hat es aber nicht geschafft.

"Nein, lieber nicht. Ich bin heute nicht in der Stimmung und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich gehe mit Lisa tanzen."

Ich lächel ihn nochmal provokant an, befreie mich aus seinem Klammergriff, schnappe mir Lisas Hand und ziehe sie mit auf die Tanzfläche. Warum ist er hier, ich hab so keinen Bock auf ihn. Wie man wahrscheinlich schon bemerkt hat, ist Cole sowas wie mein Verehrer, nur mit dem Unterschied, dass er nur das eine will. Jeden verdammten Tag bekomme ich seine Sprüche reingedrückt. Keine Ahnung wieso ich, aber eines Tages kam er auf mich zu und hat mich angebaggert und ab da ging das jeden Tag so.

Am Anfang war das ja noch schmeichelhaft, aber mittlerweile ist es nur noch nervig vor allem, weil er mit dieser Ich-bekomme-dich-auf-jeden-Fall-ins-Bett-Nummer kommt und ich einfach mal null Bock auf einen Freund oder auf eine Freundschaftsplusbeziehung habe.

Kann man aber auch nichts gegen machen. Und das meine ich wortwörtlich! Egal was ich gemacht habe, der Typ lässt nicht locker. Ich hab ihm gesagt, er solle es lassen, ich bin ungeschminkt in die Schule gekommen, bin mit Pennerklamotten rumgelaufen, hatte sogar mal einen Fakefreund, etc...

Er hat nicht locker gelassen. Ich schweife mal wieder ab.

Auf jeden Fall sind Lisa und ich jetzt auf der Tanzfläche und tanzen uns sowas von einen ab, obwohl wahrscheinlich manche unserer Schritte aussehen, als kämen wir gerade aus dem Krankenhaus. Ihr kennt doch bestimmt diese Mädchen, die sich hoch und runter beugen und dabei noch die Hüfte kreisen lassen. Meistens tun sie das an Jungs (keine Ahnung, wie ich das beschrieben soll). Lisa und ich machen das die ganze Zeit und können uns vor lachen nicht mehr zurück halten. Wir versuchen so richtig bitchig auszusehen, während wir runter gehen. Ich hoffe mal uns sieht keiner aus der Stufe.

Ich finde, bei ihr sieht es sooo mega geil aus und ich sehe bestimmt wie so nen verkrampfter Roboter aus. Lisa sagt mir zwar immer wieder, es würde toll aussehen, aber ich glaube ihr einfach nicht. Das einzige was ich kann ist Streetdance. Trotzdem wollen wir beide nicht aufhören, auch wenn wir beinahe hingefallen wären, und uns auch nicht den Spaß verderben lassen. Lisa hatte Recht. Ich muss meine Freiheit auskosten.

Es haben sogar ein paar Jungs versucht uns anzutanzen, aber wir haben sie nie ran gelassen, da wir zusammen tanzen wollten. Mir haben auch schon mehrere Leute aus der Stufe gratuliert, obwohl ich vermute, dass eh die Hälfte der gesamten Stufe nur zum Feiern hier ist. Mir soll es recht sein, hauptsache ich habe meine Freunde bei mir.

Langsam wird es auch warm und stickig hier. Auch Lisa sieht einbisschen verschwitzt aus, will aber trotzdem nicht mitkommen, als ich sie frage, ob sie kurz frische Luft schnappen will. Also drängle ich mich alleine durch diese Masse von schwitzenden und stinkenden Leuten vorbei.

Als ich draußen bin, füllen sich meine Lungen mit der kühlen und angenehmen Luft. Ich laufe noch ein Stück weiter und lehne mich schließlich an einer Wand an, um für ein paar Minuten dem Lärm und den ganzen Leuten zu entkommen.

Ich hätte doch ein etwas wärmeres Kleid anziehen sollen, jetzt ist mir in meinem rotem Kleid, dass perfekt zu meinen grünen Augen und braunen Haaren passt, kalt und ich fange an zu zittern. Am liebsten würde ich jetzt zu Hause sitzen und mich in meiner Decke einrollen. Aber ich kann ja schlecht Lisa einfach so stehen lassen.

Doch diese Entscheidung wird mir abgenommen, als mir ein Junge mit braunen Augen seine Jacke über die Schultern legt. Ich starre ihn perplex an und kann nicht fassen, warum er hier bei mir ist.

MasterdisasterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt