Kapitel 11

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''Ann!'', rufe ich und schaue mich im Gang vor den Umkleiden um. Ganz hinten auf den Bänken sitzt eine zierliche Gestalt und keucht was das Zeug hält.

''Ann!'', wiederhole ich und laufe in ihre Richtung. ''Was ist los? Was ist passiert?'', bombardiere ich sie mit Fragen und knie mich vor ihr auf den Boden. Bestürzt muss ich dabei zusehen, wie sie weiterhin versucht auf jede erdenkliche Weise Luft zu holen. Still bleibe ich neben ihr sitzen und lege ihr eine Hand aufs Knie, um sie zu beruhigen. Doch es hat den gegenteiligen Effekt.

Sie keucht noch stärker, ergreift nun aber meine Hand und drückt sie so fest sie kann. Den Schmerz, der durch meine Hand schießt, nehme ich kaum wahr. Einzig und allein Ann ist jetzt wichtig.

So gute Absichten ich auch hege, dadurch geht es Ann auch nicht besser. Das einzige Problem dabei: Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ich tun kann. Nochmals versuche ich herauszufinden, was eigentlich los ist. Doch Ann bringt unter ihrem stätigem Keuchen keine Antwort auf meine Fragen.

Sie antwortet aber mit Gesten. Sie zieht meine Hand, die sie immer noch umschlossen hält, an ihre Brust und drückt dann mehrmals gegen ihren Brustkorb. Verzweifelt versuche ich ihre Gesten zu verstehen, aber ich habe keine Ahnung, was sie damit meint.

Hilflos muss ich mit ansehen, wie Ann weiterhin keucht und unsere Hände verzweifelt gegen ihren Brustkorb schlägt. Mir kommen die Tränen, doch bevor sie meine Augen verlassen können, hole ich tief Luft und beruhige mich so. Wenigstens eine muss einen kühlen Kopf bewahren.

Entschlossen packe ich Ann an den Schultern und sehe ihr tief in die Augen. ''Ann. Ann! Hör mir zu!'', versuche ich sanft auf sie einzureden. ''Ann, alles ist ok. Schau mich an, du hast es geschafft. Atme! Du musst nie wieder einen Parcour laufen, also atme!''

Mit großen Augen schaut Ann mich an und versucht mir etwas mitteilen zu wollen: ''... Hi-Hi... lf...e'' Hilfe! Ja klar, wieso bin ich nicht darauf gekommen. Nochmals schaue ich sie eindringlich an und sage ihr, dass ich gleich wieder da bin.

Sobald ich mich vergewissert habe, dass Ann mich verstanden hat, laufe ich los zu unserer Sporthalle, um unseren Lehrer zu holen. Er ist Sportlehrer, er weiß, nein er muss wissen, was mit Ann ist und wie man ihr helfen kann.

So weit kommt es aber nicht. Stattdessen stoße ich mit Michael zusammen, der anscheinend auf der Suche nach uns war. Erleichtert jemanden gefunden zu haben, der mir hilft, fange ich an zu weinen. Das ist jetzt das zweite Mal, dass ich vor Michael weine. Wie peinlich!

''Michelle, was ist los?'' Sanft hält er meine Schultern fest und schaut mich nun eindringlich an, als wäre ich diejenige die ein Problem hätte.

''Ann... sie... hat den Parcour gemacht... und dann... ich wusste nicht, was ich machen sollte... dann bin ich gelaufen... Lehrer holen...'', schluchze ich und versuche ihm irgendwie zu sagen, was los ist. Michael jedich scheint kein Wort zu verstehen.

''Ganz ruhig. Es ist alle ok!  Atme tief ein und aus und dann fang nochmal von vorne an.'' Ich tue wie er es mir gesagt hat und schaue dabei in seine blauen Augen. Sie beruhigen mich sofort und nach ein paar Sekunden, kann ich endlich wieder normal reden: ''Ann sitzt da hinten auf den Bänken und keucht ganz schwer. Komm mit. Du musst mir helfen.''

Ich nehme Michaels Hand und ziehe ihn zu Ann. Sobald wir angekommen sind, kniet sich Michael vor Ann und redet sanft, aber bestimmend auf sie ein. Ich stehe nur daneben und schaue Ann an.

Ich komme mir so nutzlos vor. Ann ist meine beste Freundin und ich kann ihr nicht helfen. Ich konnte noch nicht einmal ihre Gesten verstehen. Was bin ich bitte für eine erbärmliche Freundin.

''Michelle'', ruft mich Michael. Ich schaue ihn verwirrt an, knie mich aber neben ihn, als er mich zu sich winkt. ''Nimm ihre Hand.'' Auch diesmal befolge ich seine Anweisungen. Diesmal allerdings geht es Ann viel besser.

''Hey, Ann. Ich bin bei dir. Brauchst du etwas, soll ich dir etwas holen?', frage ich sie und bemerke, dass sie immer ruhiger wird und immer gleichmäßiger atmet.

''Wa... sser.'' Sie hört sich auch schon viel besser an. Bevor ich aufstehem kann, beugt sich Michael zu meinem Ohr und flüstert so leise, dass nur ich es hören kann: ''Ich hole ihr das Wasser. Sie braucht dich jetzt. Rede einfach weiter mit ihr. Du machst das toll. Ich bin gleich wieder da.''

Ich nicke und wende mich wieder voll und ganz Ann zu. Zuerst bin ich noch abgelenkt, da ich immer noch seinen Atem an meinem Nacken fühlen kann, aber ich verdränge dies schnell aus meinen Gedanken und konzentriere mich voll und ganz auf Ann. Ich rede wie ein Wasserfall und habe langsam selbst keine Zeit mehr zum Luftholen.

Selbst als Michael wiederkommt und Ann aus der Wasserflasche trinkt, höre ich nicht auf zu reden. Zu glücklich bin ich darüber, dass es Ann wieder gut geht. Erst als Ann lacht, nachdem ich ihr von meine Zunge-an-heißem-Tee-verbrennen Unfall erzählt habe, höre ich auf zu reden.

''Ich habe unserem Lehrer Bescheid gesagt. Wenn du willst, kannst du nach Hause gehen.'', sagt Michael und erhebt sich langsam. Er bietet zuerst mir und dann Ann seine Hand an. Sobald Ann steht, schlinge ich den Arm um ihre Taille, damit sie nicht umfällt. Dankbar lehnt sich Ann an meine Schulter.

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Beruhigt schlendern Michael und ich zu unserer nächsten Stunde. Seitdem Ann von ihrer besorgten Mutter abgeholt worden ist, weicht er mir nicht mehr von der Seite. Auch als ich es den Mädels gesagt habe, stand er mir bei und hat mir geolfen, als ich nicht mehr sprechen konnte.

Trotzdem habe ich noch immer voll die Schuldgefühle. ich musste von Michael erfahren, dass Ann Asthma hatte. Dabei sollte ich es als beste Freundin am ehesten Wissen.

''Was hast du jetzt eigentlich?'', frage ich ihn, damit wir nicht die ganze Zeit in Schweigen laufen. ''Ehm... Mathe...''

''Cool, ich habe jetzt... auch Mathe? Hä? Aber ich habe dich noch nie in einem meiner Kurse gesehen.'', sage ich und schaue ihn verwirrt von der Seite an. Ich dachte, wir hätten nur Sport zusammen. Michael fängt an trocken zu lachen.

''Naja... ich habe dir doch gesagt, dass ich dir aus dem Weg gegangen bin und deswegen war ich auch nicht in Mathe. Ich wollte dir zeit geben, nicht mehr sauer auf mich zu sein.'' Das ist irgendwie süß. Auf eine abgedrehte-Michael-Art.

Ich kichere nur und gehe weiter neben ihn her. Michael schaut mich von der Seite an, was mich dazu veranlasst noch mehr zu lachen. Daraufhin rammt er mir den Ellbogen in den Bauch. Ich stöhne auf, was nun ihn zum Lachen bringt.

So geht es die ganze Zeit bin zum Raum weiter. Mathe habe ich normalerweise mit Ann, aber da die zu Hause ist, ziehe ich MIchael kurzerhand neben mir. Zuerst ist er verwirrt und sitzt ein paar Sekunden stocksteif da, doch dann entspannt er sich weider und holt genauso wie ich seine Sachen raus.

Aus Langweile gebe ich ihm meine Schere. Er fragt nicht, sondern nimmt sie einfach in die Hand, dreht sie ein paar Mal in den Händen, als plötzlich die Schere in zwei Teile auseinanderbricht. Geschockt schaut Michael diese mit großen Augen an.

''Oh mein Gott, Michelle. Es tut mir so leid. ich habe echt keine Ahnung, wie das passiert ist. ich hatte die Schere nur kurz in der Hand...'', redet und redet und redet Michael ohne Punkt und Komma. Dass die Schere schon voll lange kaputt war, will ich ihm jetzt nich nicht sagen.

''Ich kauf dir eine neue, ich schwörs. Wie kann man nur so unvorsichtig sein, wie ich. Es tut...''

Und schon fange ich an zu lachen. Verwundert schaut Michael mich an, bis er begreift, dass ich ihn beschummelt habe. Lässig lehnt er sich zurück, ein Lächeln um seine Lippen , während er immer noch mit der Schere oder besser gesagt mit den Scherenhälten spielt.

''betrogen von einem Mädchen. Wow. Sowas schaff auch nur ich. Aber weil ich vor habe jetzt sehr viel Zeit mit dir zu verbingen, muss ich damit wohl vorlieb nehmen.''



Ist das der Beginn einer neuen Freundschaft?

Danke nochmal an meine beste Freundin, dass sie mir bei diesem Kapitel geholfen hat.

Eure spokeswoman




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