Kapitel 29

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"Ich bringe dich um!", knurre ich und stürze mich auf ihn. Diesmal hält mich Martin nicht davon ab. Er ist genauso geschockt wie seine Frau, der immer noch Tränen über die Wangen laufen.

Ich packe Stefan an seinem T-Shirt und ziehe ihn daran hoch. Sein triumphierendes Grinsen stachelt meine angefachte Wut noch mehr an, sodass ich ihn einmal kräftig durchschüttele. Meine Geduld schrumpft immer weiter.

"Warum?", frage ich.

"Sag es mir!", verlange ich und schüttelte ihn noch einmal kräftig. Dieser eingebildeter, arroganter, blöder...

"Lass mich erst runter"., keucht dieser. Kurz erwäge ich ihn hängen zu lassen und solange durch zu schütteln bis er mir freiwillig seine Antwort gibt. Bevor ich das jedoch in die Tat umsetzen kann, legt mir jemand eine Hand auf die Schulter.

Ich schaue nach hinten und blicke in das beruhigende Gesicht von Martin. Ein paar Sekunden halte ich ihn noch fest, erst dann lasse ich ihn langsam zu Boden gleiten. Als ich meine Faust aus seinem T-Shirt löse, knacken meine Finger und ein leichter Schmerz durchzuckt meine Hand. Der Schmerz lenkt mich ein bisschen von der Wut in meinem Inneren ab.

Ich lasse mich freiwilligein Stück weg von Stefan führen, weil ich weiß, dass ich ihm sonst eine rein haue. Balle aber meine Hände, um ihm notfalls doch noch das Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Natürlich nur im Extremfall.

Stefan streckt sich und wischt sich den imaginären Staub von der Kleidung. Natürlich darf dabei sein gewinnendes Lächeln nicht fehlen. Er will wohl, dass ich ihm eine reinhauen. Martin legt mir fürsorglich beide Hände auf die Schultern. Diese Berührung ist zugleich tröstend, als auch warnend. Stephan lässt sich Zeit und geht dann im Zimmer auf und ab.

"Ihr wollt wissen, wieso ich das getan habe?" Seine Stimme klingt komisch. Leicht belegt als täte es ihm leid, was er Michelle angetan hat. Aber sein Grinsen beweist das genaue Gegenteil.

"Ja!", sagt da Erika hinter uns. "Wir haben uns doch so gut verstanden. Du bist doch mein Bruder..."

"Ha!" Ruckartig bleibt Stefan stehen und starrt entgeistert auf seine Schwester. "Du hattest alles, was ich nicht hatte! Ich musste auf der Straße leben und hatte keine Mutter, die sich um mich gekümmert hat. Denkst du deine Freundlichkeit zu all den Armen und verlorenen Menschen würde das wiedergutmachen? NEIN!" Bei seinem lauten Schrei zucken wir alle zusammen. Kurz habe ich mit dem kleinen Jungen in seinem inneren Mitleid.

Michelle fängt an zu wimmern. Da verpufft das kleinste Fünkchen Mitleid und neue, stärkere Wut tobt in meinem Inneren. Instinktiv will ich Michelle trösten und will ihr eine Hand auf den Arm legen. Aber sie wird nur lauter, sodass ich die Hand hastig wieder wegziehe. Kleiner Bastard. Ich knurre noch einmal.

"Du kannst so viel bellen wie ein Hund wie du willst, kleiner Mann, aber an meinen Spaß mit Michelle kannst du nichts mehr ändern. Bist du traurig, dass du nicht die erste warst?"

"Arggh...", brülle ich und stütze mich zum dritten Mal auf ihn. Jetzt sehe ich nur nich rot. Ich bin bereit ihn fertig zu machen und sogar zu töten, wenn er mir keine andere Wahl lässt.

Diesmal hält mich ein Polizist davon ab, der anscheinend wegen der lauten Schreie die Tür aufgebrochen hat. Das schließe ich aus der Brechstange, die einer der Feuerwehrmänner in der Hand hält. Ich schaue nach hinten und entdecke noch einen Polizisten, sowie Sanitäter.

"Was ist denn hier los?", ruft der Polizist, der mich immer noch am Arm festhält.

"Er war es!", schreie ich und versuche mich loszureißen. "Er hat Michelle vergewaltigt!" Trotz meiner eindringlichen Worte und meinem ausgestreckten Zeigefinger, der auf Stefan zeigt, stürmt keiner der beiden Gesetzeshüter auf Stefan zu. Nur die Sanitäter eilen an Michelle Bett, werden aber genauso wie wir von lautem Gebrüll in Empfang genommen.

Sobald sie merken, dass sie sie so nicht beruhigen, geschweige denn untersuchen können, geben sie ihr eine Spritze. Höchstwahrscheinlich eine Beruhigungsspritze. Sofort eilt Erica an Michelles Seite und unterstützt die Helfer so gut sie kann.

"Was soll das ganze Theater? Erklärt mir sofort was hier passiert ist!"

Ich werfe einen Blick auf Stefan, der sein Dauergrinsen wieder aufgesetzt hat. Der hat Nerven. Er soll lieber anfangen zu reden und ihnen alles erzählen. Seinen brillianten Plan soll er selber erklären.

Er wird im Gefängnis seine gerechte Strafe absitzen und selbst wenn ich den Psycho eigenhändig dort einbuchten muss. Doch bevor ich mich wiederholen muss, fängt Martin an die groben Geschehnisse zu erklären.

"Dieser Mann hier hat meine Tochter vergewaltigt. Ich möchte bitte eine Anzeige erstatten. Würden Sie den jungen Herren bitte fest nehmen?" Kurz sind die beiden Offiziere erstaunt, aber dann stürmt der Polizist, der mich bis jetzt immer noch festgehalten hat, auf Stefan zu und legt seine Hände auf seinem Rücken zusammen.

Ich entspanne mich und überlasse den Polizisten die restliche Arbeit.

Dennoch grinst Stefan weiter und nimmt das nicht alles ernst. Es scheint ihn nicht zu interessieren, dass er für lange Zeit im Gefängnis landen muss. Und dafür werde ich sorgen.

"Sie sind verhaftet. Alles was Sie sagen kann und wird..."

"Sei doch froh, dass du eine Mutter hattest, Erika. Ich habe dir nur deine Tochter genommen. Ich hoffe, du fühlst den gleichen Schmerz wie ich. Spüre die Qualen, die ich jeden verdammten Tag erleiden musste. Ich genieße derweil deinen Schmerz."

Der Polizist wartet nicht bis Stefan zu Ende geredet hat, sondern schleppt ihn nach draußen, sodass sein Geschrei durchs ganze Haus dröhnt. Durch den Schall klingt seine Stimme leicht verzerrt. Er klingt wie ein Irrer.

Plötzlich fühle ich mich ganz schwer und stütze mich an der Wand ab. Jetzt wo Stefan endlich weg ist, verpufft meine ganze Kraft und die Anstrengungen der letzten Tage zehren an meinem Körper. Ich bin so müde.

"Jetzt wird alles wieder gut." Martin legt mir väterlich eine Hand auf die Schulter. Die Geste ist zugleich ein Trost für mich, als auch eine Unterstützung für ihn. Erika weint leise an Michelles Seite, hat aber dabei ihre Hand umklammert, die sie nur anfassen kann, weil das Beruhigungsmittel angefangen hat zu wirken.

Michelle schläft tief und fest, während die Sanitäter sie versorgen. Wenigstens Michelle geht es jetzt gut. Jetzt können wir alle aufatmen. Jetzt wird wirklich alles gut. Trotz des ganzen Disasters in Michelles, aber auch in meinem Leben.

"Und jetzt erzählen Sie mir, was zum Teufel hier passiert ist." Hinter Martin und mir steht der andere Polizist und schaut uns streng an.

Das ist das Masterdisaster.

Noch ist es aber nicht vorbei!

Was passiert jetzt wohl als nächstes?

Eure spokeswoman

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