Ich wurde durch ein leises schnarchen geweckt. Verschlafen öffnete ich meine Augen und blickte direkt in das schlafende Gesicht von Rick. Er hatte den Mund leicht geöffnet und schien felsenfest zu schlafe. Das einzige, was man hörte, war seine regelmäßige und tiefe Atmung. Ich schaute mir sein Gesicht näher an. Es war im Schlaf noch emotionsloser, als es am Tag war. Auch die kleine Anspannung, die er am Tag immer aufweist, als müsste er stets auf etwas Acht geben, war nicht zu sehen. Kurz gesagt hatte er etwas niedliches bubihaftes beim schlafen an sich. Lächelnd beobachtete ich ihn beim schlafen. Meine Gedanken drifteten wieder ab und gelangten wieder da an, wo sie gestern Nacht abgebrochen waren. Rick. Mir schoss die Bahnfahrt und die Szene, nachdem ich fast gestürzt war, wieder in den Kopf. Es ließ mich etwas breiter lächeln, bereitete tief in mir auch eine Art Trauer aus. Ich hatte gestern das ungeheure Bedürfnis ihn zu küssen, aber er war doch mein bester Freund und ich durfte unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzten. Das hat mir die Geschichte mit Max nur zu deutlich gezeigt, dabei hatten wir auch noch Glück und wir haben gerade noch so die Kurve bekommen und unsere Freundschaft gerettet. Ich wollte nicht das gleiche mit Rick durchmachen, am Ende zerbricht unsere Freundschaft nur daran und für das ist sie mir zu wertvoll. Außerdem hat er gestern Abstand von mir genommen. Er musste etwas gespürt haben und wollte es nicht. Er ist einen Schritt zurück gewichen, um aus der gefahren Zone zu entkommen. Würde er ähnlich fühlen, hätte er anders reagiert.
Meine Gedanken liefen Amok in meinen Kopf und ich bekam Kopfschmerzen wegen ihnen. Als ich es nicht mehr aushielt, stand ich so leise wie nur möglich auf und ging in die Küche. Dort machte ich mir einen Kaffee und setzte mich an den Tisch. Ich zog meine Beine an und hing weiterhin meinen Gedanken nach. Nein ich darf nicht unsere Freundschaft riskieren. Er ist Martis Mitbewohner und wir müssten uns dann noch immer regelmäßig sehen. Das würde keine gute Stimmung abgeben und das will ich den anderen nicht antun. Ich hörte das leise knarzen meiner Couch. Rick war aufgestanden und schlurfte mit trägen Schritten in die Küche. Er hatte nichts als eine Boxershorts an und ich versuchte nach aller Macht ihn nicht anzustarren, auch wenn er es so schlaftrunken nicht einmal bemerken würde. ,,Gut geschlafen?", fragte und konzentrierte mich lieber auf seine zerzausten Haaren. Er nickte und ließ sich mit einer vollen Tasse Kaffee neben mich nieder. Er trank langsam seinen Kaffee und wurde Stück für Stück wacher. Ich beobachtete ihn dabei unauffällig. Seine Haare fielen ihm leicht ins Gesicht und verdeckten mir somit das meiste seines Gesichts. ,,Sag, kann ich kurz bei dir duschen gehen?", fragte Rick deutlich wacher, nachdem er seine Tasse ausgetrunken hatte. ,,Klar du kennst dich eh aus", antwortete ich ihm Achsel zuckend. Rick stellte seine Tasse neben die Spüle und ging Richtung Bad. Typisch. Anstatt, dass er sie einräumt, stellt er sie lieber daneben. Seufzend räumte ich meine und seine Tasse ein. Als ich die Spüle schließen wollte, zwickte ich eine lose Haarsträhne ein. Ich unterdrückte einen Aufschrei und befreite sie mit einer Träne im Auge. Fluchend betrachtete ich die Strähne. Manchmal regten mich die unendlich langen Haare schon derbe auf. Es gibt einfach nichts unpraktischeres.
Ich suchte schnell die Sachen von Rick zusammen, die er einmal bei mir vergessen hatte und seitdem bei mir umher lagen. Ich hatte sie gewaschen und legte sie ihm vor die Badezimmertür. Ich zog mir auch noch schnell frische Klamotten an und betrachtete mich im Spiegel. Meine Haare waren wie immer zu einem Zopf geflochten, dieser mir fast zu Taille reichte. Ich machte ihn auf und ließ meine Haare lose an mir herunter fallen. Nun reichten mir sie beinahe zu meinen Hintern. Ich hatte sie mir als Trotz wegen den Umzugs mit 16 Jahren nur noch wachsen lassen. Das Ergebnis kann sich blicken lassen. Doch jetzt war ich ja wieder hier und es hatte eigentlich keinen Sinn. Ich stürmte durch die ganze Wohnung und durchsuchte alle Schubladen. Es muss doch noch irgendwo eine zu finden sein! Irgendwo muss ich sie doch hingelegt haben. Schließlich fand ich sie und stellte mich vor dem Spiegel im Flur. In diesem Moment öffnete sich die zum Bad. Rick hatte nur ein Handtuch um die Hüfte gebunden und hob seine sauberen Sachen vom Boden auf. ,,Danke fürs waschen, wäre nicht nötig gewesen und die offenen Haare stehen dir", bedankte sich Rick und musterte mich im Spiegel, da ich ihm den Rücken zugedreht hatte. Ich drehte mich langsam um. ,,Was willst du mit der Schere?", fragte er mich, als er diese in meiner Hand sah. ,,Meine Haare kürzen. Ich finde sie passen nicht mehr wirklich", erklärte ich ihm. ,,Ich zieh mich kurz an und dann reden wir weiter", sagte Rick und verschwand kurz im Bad. Er war schnell fertig und deutete mir an, auch ins Bad zu kommen. Ich folgte ihm und sah ihn fragend an. ,,Warum willst du sie dir abschneiden? Ich meine ich sage das ja nicht leicht, aber deine Haare sind total schön und ich fände es schade, wenn du es tätest", erklärte er. Wir standen beide vor dem Spiegel, er nur wenige Zentimeter hinter mir. ,Versaue es dir nicht!', schärfte ich mir ein. ,,Ich habe sie mir aus Trotz wachsen lassen, als wir umgezogen sind. Meine Mutter war gegen so lange Haare und ich wollte ihr signalisieren, wie sehr ich Berlin und Marti vermisste. Ich finde es nicht mehr angebracht, wenn ich sie weiterhin so lang ließe. Das Thema ist abgeschlossen", erklärte ich ihm und drehte mich um.
Rick nahm eine Haarsträhne von mir in die Hand und betrachtete sie eingehend. ,,Bist du dir sicher?", fragte er und durchbohrte mich fast mir seinem Blick. Ich nickte und ging einen Schritt zurück, um etwas Abstand zwischen uns zu bringen. ,,Ich helfe dir. Setz dich und ich spiel etwas Friseur", meinte Rick und zog einen Hocker herbei. Zögernd setzte ich mich. Rick streckte die Hand aus und ich über gab ihm die Schere. Unsere Hände berührten sich kurz. Schnell zog ich meine zurück, als hätte ich mich an seiner verbrannt. ,,Wie kurz?", fragte Rick tonlos. Ich zeigte kurz über meine Brust. Rick nickte und machte den ersten Schnitt. Er hielt die abgeschnittene Strähne hoch, sie reichte ihm etwas über den Ellenbogen. ,,Bist du dir noch immer sicher?", fragte Rick und hielt mir die Strähne vors Gesicht. ,,Ja", bestätigte ich. Rick machte seufzend weiter. Seine Hände streiften immer wieder meinen Nacken. Diese kleine Berührung reichte aus, um mir eine Gänsehaut über meine Armen zu bereiten. Beruhig dich! Er schneidet dir nur die Haare, weiter nichts. Ich schloss meine Augen und ließ Rick machen.
,,Fertig", meinte Rick schließlich. Langsam öffnete ich meine Augen. Es war ein seltsames Bild. Meine Haare fielen mir nur noch knapp über meine Brüste. Ich fühlte mich aber seltsam befreit. ,,Und?", fragte Rick. ,,Danke. Ich... es fühlt sich jetzt besser an", versuchte ich ihm zu erklären. Rick nickte und begann meine Haare aufzusammeln. Ich half ihm. Wir waren fast fertig, als sein Handy läutete. Er entschuldigte sich kurz und verließ das Bad, um zu telefonieren. Ich sammelte den Rest ein und schmiss sie in den Müll. Ich betrachtete sie ein letztes mal und klappte den Mülleimer zu. ,,Dominik hat gerade angerufen. Sie haben Mittagessen gemacht. Wir sollen kommen." ,,Wir?", fragte ich verwundert. ,,Ja, sie haben für dich mitgekocht", erklärte er kurz. ,,Damit ich dann aufräumen kann, oder wie?", fragte ich scherzend. ,,Nein dafür ist Steve da", sagte er ohne jegliche Emotion. ,,Oh, naja ich mach mich kurz noch frisch und dann können wir los. Rick nickte, verließ das Bad und schloss die Tür hinter sich. Ich betrachtete mich im Spiegel, ehe ich mich meiner Morgenroutine unterzog. Rick war heute so abweisend zu mir. Ja klar würdest du doch auch sein. Er will nichts von dir und hat gespürt, dass du ihn küssen wolltest. Du bist selbst schuld. Meine Narbe flammte wieder auf. Ich biss mir auf die Zunge. Es war eigentlich schon fast normal, dass sie die ganze Zeit etwas brannte, doch nicht so schlimm. Ich zog meinen Pulli hoch und hielt die Narbe unter fließendes Wasser. Das kalte Wasser kühlte sie und der Schmerz ließ nach. Ich stellte das Wasser wieder ab und betrachtete die Narbe. Sie hob sich seltsam gerötet von meiner restlichen Haut ab und sah sogar etwas entzündet aus. Hör auf damit. Das bildest du dir nur ein. Ich rieb mir einmal über die Augen und ging aus dem Bad. Rick wartete im Flur und hatte sich bereits Schuhe und Jacke angezogen. Er blickte auf und löste sich von der Mauer. Schnell zog ich mich ebenfalls an und schnappte mir meinen Schlüssel. ,,Du siehst blass aus? Geht's dir nicht gut?", fragte Rick und warf mir einen prüfenden Blick zu. ,,Nein, mir geht's gut. Keine Sorge", antwortete ich und kratzte mich an der Narbe.
Hey,
auf eine Morddrohung hin, habt ihr das nächste Kapitel. Hier nehmt es und verschont mich! Es ist sogar etwas länger als sonst. *auf Schulter klopf* XD Nein Spaß, aber bitte verschont mich. *weglauf bereit aufstell*
Lg eure Lovingisall
DU LIEST GERADE
Der Eine, der aus dem Ich ein Wir machte(Space Frogs Rick ff)
FanfictionMarie arbeitet als Lehrerin in Österreich, doch sei wird eines Tages versetzt und zwar nach Berlin. Sie kann es kaum fassen, dass sei in ihre alte Heimatstadt zurück muss. Dort begegnet sie schnell einer alten Bekanntschaft und macht auch gleichzeit...