KAPITEL 14

1.3K 109 10
                                    

Wir Lichter waren gestorben. Buchstäblich. Wie lange war es schon her, seitdem wir etwas zum Essen hatten ? Ich stöhnte, bewegte mich aber gar nicht. Die Lichter lagen wie ich auf dem bett oder boden und sahen aus wie Leichen, die sich in den Tod quälten. Nur ein einziger Wort schwirrte in mein Kopf herum.

Essen !

Blass wie Vampire sagten wir kein Wort. Unsere Augen waren eingesunken, dunkle Augenringe zierten sie und schlaff wie Säcke lagen wir nun da. Manche Lichter leckten sich über die Lippen und stöhnten abwechselnd. Jedes mal wenn mich der Hunger überfiel, schliff ich mich ins Badezimmer, um etwas zu trinken und mein Hunger zu stillen. Doch es wurde nur unerträglicher. Als lauerte ein wildes Tier in mir, hielt ich meinen Bauch, um das knurren und krampfhaftes ziehen zu erleichtern.

,,Ich halte es nicht mehr länger aus. Ich hab keine Kraft mehr",schluchzte Teresa und man hörte ihre Schwache leise Stimme kaum. Ich würde zu ihr gehen, aber mein Körper verleugnete es grob. Ich würde alles tun, um etwas essbares in meinem Mund zu haben. Wir blieben stumm. Jeder Atemzug kostete uns eine ernorme Kraft.

,,Haltet die Augen offen. Nie einschlafen !",ermahnte uns Minho schroff, wobei seine Augen zu flatterten. Schweiß rann über meine Stirn und ich sah seufzend zu meiner Familie. Nur das knurren und brüllen unserer Magen war zu hören.

,,Niemals einschlafen",murmelte ein anderer, dessen Namen ich schon vergessen hatte. Das einzige tröstliche war Katie's letzten Worte. Auch wenn sie mich damit verletzt hatte, liebte ich es, ihre naive und unschuldige Stimme zu hören. Mein Sicht verschwamm und ich krallte mich angespannt an meine Bettdecke. Es tat weh. Mein Körper hielt es nicht mehr lange aus. Jeder Knochen schmerzte und machte es einem unmöglich weiter zu leben.

Du musst durchhalten !, schrie plötzlich eine Stimme in mein Kopf und ich lächelte verträumt. Da war sie wieder. Mein Mädchen ! Mein ein und alles.

Ich kann nicht mehr, Katie. Ich kann einfach nicht mehr, flüsterte ich kraftlos. Sogar Wörter zusammen zu fügen war so schwer wie eine Tonne Metall mit bloßer Hand zu heben.

Du darfst nicht sterben. Kämpfe weiter. Bald kommt etwas zu essen, bettelte sie fast schon. Ich schüttelte kaum merklich mein Kopf. Ich spürte wie ich mir selbst entglitt. Meine Hände lösten sich langsam aber sicher. Mich verließ die noch so kleine Energie.

Ich liebe dich, hauchte ich, bevor mich die Dunkelheit überrannte und ich willentlich dahin glitt.

*********

,, Newt ?",hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Ich war zu schwach um zu antworten und blieb stumm. Nur mein unregelmäßige Atmung zeigte noch, dass ich am Leben war.

,,Komm schon, Kleiner, öffne deine Augen. Ich weiß das du es schaffen wirst",spornte mich Minho's Schwache Stimme an. Es war kräftiger als vorher, aber immer noch schwach.

,,Minho ?",hauchte ich verbittert. Ich dachte ich wäre Tod. Wieso konnte ich nicht einfach Tod sein ?

,,Ich wusste, dass du es schaffst. Öffne dein Mund, Kleiner",befahl er sanft. Ich tat kraftlos was er wollte und öffnete meine Lippen ein Spalt weit. Ich fühlte etwas gebogenes in meine Lippe und biss mit großer mühe hinein. Ich keuchte, als ich merkte, dass ich eine Mandarine in mein Mund hatte und kaute genüsslich.

,,Langsam, sonst wirst du alles voll kotzen",warf Minho schmunzelnd ein. Er fuhr damit fort mich zu füttern.

,,Woher -", er unterbrach mich.

,,Schone deine Kraft. Iss !",befahl er. Ich spürte wie ich mit jedem bissen mehr zu mir kam. Mein Körper füllte sich mit Energie und ich schlug meine Augen auf. Minho war über mich gebeugt und hielt die noch frischen Madarinen Schalen. Lächelnd nahm er etwas von seinem Rücken und drückte es mir in meine Hand. Als ich das etwas sah, wurden meine Augen groß und ich lachte ungläubig auf.

Ein Apfel !

Weinrot wie es war, strahlte es mich an. Ich stellte mich auf mein Ellbogen und fing an alles in mich hinein zu schlingen. Mein Magen sprang förmlich aus meinem Mund und ich knurrte wie ein wild gewordenes Tier. Minho betrachtete mich amüsiert und besorgt gleichzeitig.

,,Wann ist das Essen gekommen ?",wollte ich wissen. Der dunkelhäutiger junger Mann zuckte mit seinen Achseln.

,,Vor ein paar Minuten. Du glaubst ja nicht, wie schnell es ging. Im Gemeinschaftsraum hat es ein paar mal geknackt und als wir die Tür öffneten, Essen voller Länge",klärte er mich genauso wissend auf. Nickend aß ich meinen Apfel weiter und genoss den Saft und den Geschmack.

Plötzlich hörten wir ein lauten Krach und wie jemand aufschrie. Ich sah ruckartig zu Minho, der zu der Tür sah und aufsprang. Irritiert hievte ich mit großer Mühe hoch und schlich mich in den Gemeinschaftsraum.

,,Antwortete uns !",brüllte jemand.

Als ich in den Gemeinschaftsraum stand, sah ich ein vollen Tisch mit Essen. Doch keiner sah sie an. Die Lichter standen im Kreis um jemanden, der in der Mitte saß. Je näher ich kam, erkannte ich, dass es ein älterer Mann war, der genüsslich ein Buch las, dass in seiner Hand verweilte.

,,Was ist hier los ? Wer ist der älterer Sonderling ?",fragte ich Minho, der das Geschehen mit verfolgte.

,,Ich weiß es auch nicht. Er kam mit dem Essen hoch. Vielleicht weiß er alles. Einfach alles",nuschelte er. Sein Körper war angespannt und er hatte seine Arme vor seiner Brust gekreuzt, sodass seine Muskeln sich auf sein Shirt spannte und ihn furchteinflößend wirken ließ. Teresa stand etwas abseits, blickte aber mit ein hasserfüllten Blick zu dem Mann rüber.

Ich lief unsicher zu Teresa und versuchte nicht ein zu klappen. Mein Magen schrie mir, dass ich mich auf das Essen stürzen solle, aber mein Kopf wollte wissen, was hier vor sich ging. Als Teresa mich bemerkte, wurden ihre Augen weicher und sie rannte auf mich zu.

,,Ich dachte schon, du würdest nicht durchkommen",flüsterte sie und umarmte mich stürmisch.

,,Ich hatte dir doch versprochen Katie zu finden und zu dir zu führen. Das kann ich nicht tun, wenn ich ins Gras beiße",scherzte ich und drückte sie an mich. Sie lachte leise und entfernte sich von mir. Ich wollte ihr sagen, was mit Katie vorgefallen war, doch ich hielt es für besser, vorübergehend niemanden über das zu erzählen. Sie hatten schon Sorgen genug.

Gute Entscheidung, wisperte Aris.

Ich ließ Tess los und marschierte zum Mann. Der jedoch machte sich nichts draus und blätterte eine Seite weiter, um voller Sehnsucht weiter zu lesen.

,,Leute, verteilt euch doch mal",rief ich.

,,Er will uns nichts sagen !",giftete Gally.

,,Ja, er meint wir sollen auf den richtigen Zeitpunkt warten",knurrte Bratpfanne. Seufzend schüttelte ich mein Kopf. Sie waren so anstrengend.

,,Es nütz euch auch nichts, wenn ihr hier herum steht und ihn angafft ! Lasst uns lieber etwas essen",warf nun Minho ein, dem ich mehr als dankbar war. Bei Essen sahen alle auf und sahen sich gegenseitig an, bevor sie nickten und von dem Mann losließen.

,,Bald",sagte der Mann und sah von seinem Buch auf. Seine matten Augen verankerten mit meine und ein eisiger Schauer lief über mein Rücken.

,,Bald ist es soweit !".

2.0 - I'll follow you into the darkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt