KAPITEL 15

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Zwei geschlagene Minuten betrachtete ich den älteren man und runzelte mein Stirn. Seine Augen huschten gierig über die schwarzen Buchstaben, die auf ein Weißen Blatt gedruckt waren und zog es wortwörtlich in sich auf. Einerseits wirkte er entspannt, so als ob er jeden Tag so da saß, doch ich konnte seine Nervosität spüren.

Er kratzte sich an sein Nacken und ich erkannte, wie der Buch leicht hin und her schwank, weil der Mann zitterte. Seine schwarzen dünnen haaren waren zur Seite gekämmt und seine braunen Augen blickten hoch zu meine. Monoton und mit einem gefährlich langweiligen Blick fuhr er kurz mein Körper rauf und runter, bevor er sich wieder genüsslich an sein Buch her machte.

Mir fiel auf, dass er nur weiß trug. Von seinem Kittel bis hin zu weißen Schuhen. Alles weiß, als wäre er ein gefallener Engel und würde uns vor das böse beschützen. Doch mein Kopf sagte mir was anderes. Er war ein Teufel, der sich als ein Engel ausgab, um unseren Vertrauen für sich zu gewinnen. Meine Gedanken fielen auf Katie und ich schnaubte wütend auf.

Auch wenn mein Magen knurrte und nach Essen bettelte, machte ich mich mit sicheren Schritten auf dem weg zu dem Mann, der immer noch da saß und sich kaum rührte, außer das er die Seite umblätterte. Meine Schritte wurden immer schneller und rasende Wut kippte über mich.

,, Stopp !",rief einer der Lichter, doch ich hörte nicht zu. Plötzlich stieß ich gegen etwas hartes und taumelte zurück. Meine Augen weiteten sich und ich fasste mir meine Gesicht, da ich sie gegen eine unsichtbare Barriere gestoßen war. Wie konnte ich diese Barriere nicht erkennen ? Vermutlich war ich zu beschäftigt mit dem Mann gewesen und hatte das Viereckige Haus, indem er saß, nicht wahrgenommen. Ich streckte vorsichtig mein Hand aus. Kalt, glatt und kühl. Es müsste also Glas sein.

Es schien, als hätte der Mann es nicht gehört und seine Augen wanderten von der einen zu der anderen Seite. Es machte mich rasend, dass er nur ein paar Schritte vor mir saß und keine Reaktion zeigte. Wutentbrannt fing ich an gegen den unsichtbaren Wand zu klopfen und sah dabei unentwegt rüber zum Mann. Dieser blickte von seinem Buch hoch und dolchte mich mit seinen Blicken. Anstatt aufzuhören, wurden meine Schläge immer schneller und lauter.

Der Mann stöhnte genervt auf und strich einer seiner losen fettigen haare zur Seite und sah mich aus kalten Augen an. Ohne ein Wort legte er einer seiner Finger auf die Seite, an dem er gelesen hatte.

,,Was ist dein verdammter Problem ? Wie oft sollte ich es noch wiederholen, dass ihr warten müsst, bis ich fertig bin",knurrte er Verärgert. Seine Stimme strahlte eine ungeheure Dominanz aus.

,,Und wer bist du, der dass entscheiden darf. Ich kann fragen wann und wo ich will. Da hast du mir gar nichts zu sagen",brüllte ich gedämpft zu ihm rüber. Augenblicklich erschien ein falsches und dreckiges grinsen in seinem Gesicht, was mir ein Schauer über den Rücken jagte.

,,Das wirst du bald genug erfahren. Nun mach deinen Freunden nach und iss was. Komm zu Kräften. Wir haben nur noch dreiunddreißig Minuten Zeit, bevor es wieder anfängt",grinste er wissend und lehnte sich dramatisch in seinem Sessel zurück und beobachtete mich intensiv.

,,Für was dreiunddreißig Minuten ?",wollte ich hartnäckig wissen, doch er Mann schüttelte nur ungläubig sein Kopf.

,,Die zweite Phase, mein junger Freund, die zweite Phase".

* KATIE'S SICHT *

Ungeduldig und voller Spannung starrte ich auf den Bildschirm, auf dem ich über zwanzig Jugendliche sah, die sich mit Essen vollstopften. Einer davon war Teresa. Meine kleine jüngere naive Schwester. Es zerriss mich innerlich, sie da zwischen den Horde Jungs zu sehen, doch ich konnte nichts dagegen unternehmen.

Sie hatte uns verraten ! Uns hintergangen und hinter unseren Rücken spiele gespielt. Ich weiß noch, wie sie versucht hatte mich von Wicked zu lenken. Sie sagte nur schlechtes und am Ende hatte ich die nerven voll und so schickten wir sie ins Labyrinth. Doch nun war es so weit.

» Implementierung von Phase zwei der Tests«

,,Wann ist es soweit ?",fragte ich erstickt und atmete hektisch, während mein Kopf pochte. Ava stand hinter mir und klopfte beruhigend auf mein Schulter. Diese Situation kam mir bekannt vor. Tausende von Bilder blitzen in mein Kopf und ich taumelte erschrocken zurück. Ava rief nach mir und versuchte mich zu halten, doch ich hab abwehrend meine Hände in die Höhe und sank langsam auf meine Knie. Die Stimmen in meinem Kopf wurden immer lauter und ich schloss angestrengt meine Augen.

Ich schrie voller Schmerz und hielt mein Kopf, um die Bilder und Stimmen aus meinem Kopf zu übertönen. Mein Herz schlug mir bis zu meinem Hals und mein Magen drehte sich um. Ich sah Griewers vor mir, die mich anbellten wie Hunde. Ein reines blaues Bach, der in den sanften Sonnenstrahlen glitzerte und funkelte wie kleine Diamenten. Ich sah tausende von Gesichter in mein Kopf aufleuchten. Aber am meisten blieb mir ein Gesicht vor meinen Augen hängen.

Diese Person hatte blonde Haare, die ein leichten Orangen Stich in der Sonne hatten. Seine teddy bär braunen Augen sahen mich zärtlich an, während seine Finger mein Körper rauf und runter fuhr. Ich bekam ein Gänsehaut und schauderte, als würde ich ihn wirklich an mir spüren. Seine Hände zogen mich sanft an ihn, während er lächelnd seine Lippen auf meine legte.

,,Katie !",riss mich eine Stimme aus meinen Tagträumen. Ich sah hoch zu Ben, der mich mit schief gelegten Kopf ansah.

,,Es geht mir gut",stotterte ich und versuchte die Gefühle, die in mir Achterbahn fuhren, zu bändigen.

,,Ich finde, du solltest dich ein bisschen hinlegen",murmelte er. Ben deutete mit sein Finger zu der Tür, um mir zu signalisieren, dass ich gehen sollte. Ich nickte ergeben, stand auf und versuchte das beben in mir zu kontrollieren.

,,Wann ist es soweit ?",fragte ich nochmal nach. Meine Stimme war kühl und wollte endlich wissen, wann es losging.

,,In einer halben Stunde. Bis dahin solltest du dich hinlegen und mach dir kein Kopf darüber. Ich werde dich rufen, wenn es soweit ist",flüsterte er bestimmt. Ohne ein weiteres Wort und mit einem matten Gesichtsausdruck lief ich an ihm vorbei und stürmte förmlich aus dem Raum. Meine Beine trugen mich zu mein Zimmer. Gerade als ich in mein Flur einbiegen wollte, hörte ich Stimmen, die miteinander stritten.

,,Wie konnte Sie ihr so etwas antun ?". Es musste die schwarzhaarige Mia sein, soweit ich es wusste.

,,Es ist besser für sie. Und das weißt du auch, Mia ! Sie musste alles vergessen, sonst hätten wir sie an diesen Lichtern verloren. Es musste sein !", hörte ich Ava mit ihren Zähnen knirschen. Also hieß das Mädchen mit den schwarzen glatten Haaren doch Mia. Neugierig lauschte ich weiter. Wem wurde die Erinnerungen genommen ? Diese Person tat mir ungemein leid und ich verspürte ein unangenehmes ziehen.

,,Aber doch nicht alles ! Sie weiß nicht mal, von wem sie schwanger ist", rief Mia außer sich. Ich keuchte laut auf und versuchte kein weiteres Ton aus mir heraus zu bringen.

,,Mia, ich hab gerade keinen Nerv für ein weiteres Streit mit dir. Bitte geh in dein Zimmer und wehe du sagst nur ein kleines Wort zu ihr. Sonst liefern wir dich eigenhändig zu den Cranks",sagte Ava ruhig. Meine Augen weiteten sich. Ihre Stimme war erfüllt von Leere und Gefahr. Meine Ohren nahmen nur noch das klappern von Schritten, die auf den weißen Boden kratzte. Mia musste wirklich weg gerauscht sein. Auch Ava ging mit leisen Schritten weg und ließ mich alleine mit meinen Gedanken.

Wer war dieser süßer Junge ? Hatten sie über mich geredet ? Von wem war ich schwanger ? Wieso sollte Ava so etwas antun ? Sie war wie eine zweite Mutter für mich, die mich aus der Hölle befreit hatte. Aber es kam mir vor, als wäre sie der Grund, dass ich direkt in die Mitte der brennenden Hölle gelandet war. Sicher fasste ich mir ein entschluss und tapste in mein Zimmer.

Ich würde schon noch heraus finden, was hier vor sich ging. Und Mia würde mir dabei helfen !

2.0 - I'll follow you into the darkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt