TEIL 31

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Die Frage löste in Helene ein unangenehmes Gefühl aus, sie fühlte sich so schutzlos und ausgeliefert. In dem kleinen Dorf in dem sie lebte, kannte sie jeder, nur wusste niemand, dass sie hinter der begehrtesten Frau steckt.

Niemand hatte Carmen je bei Tag gesehen, bloß bei Nacht. Helene wunderte es eigentlich, dass noch nie jemand hinter ihr kleines Geheimnis gekommen ist, wo sich doch in Dörfern wie diesem alles schnellsten herumspricht. Es war eben ihr gut gehütetes Geheimnis und das sollte es auch bleiben.

"Hier kennt ja jeder jeden.", lachte sie falsch.

"Ja, stimmt.", entgenete der Arzt lachend, tippte dann irgendetwas in seinen Computer ein.

"Ich muss die Wunde nähen."

Helene war froh, dass er nicht mehr über sie sprach.

"Okay.", meinte sie knapp, da sie nicht wusste, wie sie sonst antworten sollte, dennoch war es in ihrem inneren alles andere als okay.

Obwohl sie so schroff und eiskalt wirkte, waren es doch die geringsten Dinge, die ihr Angst machten, wie zum Beispiel Krankenhäuser. Oder spinnen.

Sie war in Gedanken versunken, als der Arzt bereits begann ihre Wunde zu nähen. Was hatte sie die ganz Zeit gemacht, fragte sie sich und sah dann dabei zu, wie er die dunklen Fäden durch ihr haut zieht.

Einen kurzen Moment lang bedauerte Helene, dass er zuvor ihr Hand betäubt hatte. Es gab Zeiten, da mochte sie den Schmerz, einfach weil es ihr zeigt, dass sie doch nicht ganz tot und abgestumpft war, dass sie noch Gefühle hatte.

Sie musterte weiterhin sein Gesicht, sah dabei immer Szenen der letzten Nacht vor sich. Eine Gänsehaut legte sich wie ein Mantel über ihren Körper, als sie daran dachte, dass sie mit diesem Mann schon sex hatte, bloß wusste es niemand, außer sie selbst.

-

"So.", riss er sie aus der Welt ihrer Gedanken, schon wieder.

Helene blickte auf ihre Hand. Schön sah es nicht aus. Sie musste es irgendwie verdecken, dachte sie sich, schaute dann wieder zu Ihrem gegenüber.

"Die Betäubung müsste in einer halben Stunde nachlassen.", schmunzelte er ihr zu.

Wieder gab Helene nur ein 'okay' von sich.

"In ein bis zwei Wochen sollten Sie nochmal vorbei kommen."

Helene hatte insgeheim keine Lust auf ihn, aber es ging wohl nicht anders.

Sie nickte und versuchte aus seinem Blick entziffern zu können, ob sie fertig war.

"Bis in zwei Wochen."

Er hob seine Hand, dann verließ sie das kalte Zimmer.

CARMEN - A woman's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt