TEIL 63

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Helene war sich unsicher, ob sie auf ihn eingehen sollte. Immerhin hatte er sie entführt, gestalkt, und eine Frau umgebracht. Eine, wobei sie sich sicher war, dass es mehr als eine war.

"Wie lange machst du das schon?", fragte Alexander während er ihr ein Glas Champagner einschenkte.

Währenddessen grübelte Helene, wie lange es schon war, aber sie kam nicht darauf. Die Tage zogen sich so elendig lang wenn man nichts hatte, womit man die Zeit totschlagen konnte, bis man Abend seinen Pflichten nachzugehen hat. Es fühlte sich an, als würde sie das alles schon ihr ganzes Leben lang machen.

"Lange genug.", antwortete sie daraufhin und erhaschte dann kurz einen seiner Blicke, als er ihr ein Glas Champagner reicht.

"Auf das Leben.", lächelte er leise und mit einer unfassbaren ironie in seiner Stimme.

"Auf das Leben.", wiederholte sie, stieß dann mit ihm an und nahm einen Schluck.

"Wann hat das alles angefangen, mit dem Drogen?"

Sie zog ihre Schultern hoch.

"Mit meinem damaligen Freund. Er hat mich gezwungen. Er hat mir immer eingeredet, dass es sich unglaublich geil anfühlen würde, Drogen zu nehmen. Und dann gings nur noch Berg ab."

Er nickte einsichtig.

"Er hat mich nur benutzt. Wie jeder andere auch."

Alexander wusste zwar nicht woran es lag, aber diese Worte trafen ihn so hart wie selten etwas zuvor.

"Und was ist danach passiert?"

"Danach bin ich die Abhängigkeit gerutscht. Immer weiter. Und als nichts mehr war, außer kaputt, hat er mich alleine gelassen."

"Warum hast du dir keine Hilfe gesucht? Bei deiner Mutter oder so?"

Helene zog die Schultern hoch.

"Ich hab niemanden mehr an mich heran gelassen. Mein Leben hat sich nur noch um die Sucht gedreht. Und darum, irgendwie an Geld zu kommen um die ganze Scheiße zu finanzieren."

Nach einer kurzen Pause fuhr Helene dann dort.

"Also so wie heute Immernoch."

Sie zog ein kurzes Lächeln über ihre vollen Lippen als sie ihn ansah.

"Und dann hast du dich prostituiert? Um an das Geld zu kommen, stimmts?"

Zustimmend und noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen nickte sie ihm zu.

"Wann war es das erste mal?"

Helene dachte nach, aber sie kam einfach nicht darauf. Es war schon zu lange.

"Ich war mit 16 schon keine Hintertür Jungfrau mehr, also..", kicherte sie.

Ihr Talent selbst bei solch ernsten und schweren Themen irgendwo einen Witz einbauen zu können oder darüber lachen zu können, war bewundernswert, fand Alexander.

Ungläubig blickte er sie an. Was er hörte erschrak ihn ein wenig.

"Am nächsten Tag konnte ich nicht mal mehr richtig gehen. Ich habe den ganzen Tag auf einer Packung Tiefkühlerbsen sitzen müssen.", erinnerte sie sich lachend zurück. Und je mehr sie darüber nach dachte, desto lustiger fand sie es.

"Du findest das witzig?", fragte Alexander sie, obwohl er ebenfalls ein Grinsen auf seinen Lippen trug. Er fand ihr Lachen magisch und Ansteckend, weshalb er ihr es nicht nehmen wollte. Man hatte ihr schon so viel genommen, wenigstens ihr Lachen sollte sie behalten.

"Irgendwie schon.", antwortete sie ihm kichernd.

"Reife Leistung, dafür dass du erst 23 bist."

Sie grinste unschuldig, obwohl sie alles andere als unschuldig war.

"Wie ist das eigentlich mit entzugserscheinungen? Ich nehme keine Drogen. Hier wirst du auch keine bekommen.", erklärte er mit einer gewissen Ernsthaftigkeit in seiner Stimme, woraufhin Helene einmal kräftig schluckte.

"Tu mir das nicht an, bitte."

Ihre Stimme zitterte stark und jetzt war ihr nicht mehr nach scherzen.

"Du wirst es überleben, oder?"

"Muss."

Eine kleine Träne verlor sich auf ihrer Wange, während sie in die leere blickte.

Sie schluckte wieder schwer, bevor eine weitere Flut Tränen ihr Gesicht überrannte.

Alexander saß währenddessen daneben und bewunderte es, wie sie es schaffte selbst so verzweifelt immer noch unverschämt schön und sexy sein zu Können.

Er wusste jedoch nicht wie er handeln sollte, da er sicher war, dass sie Angst vor ihm Hatte und auf ihre Berührungen mehr als empfindlich reagieren würde.

Als sie ihren Kopf drehte trafen sich ihre Blicke.

"Warum bin ich hier?"

Ihre Stimme zitterte so sehr, dass sie das Gefühl hatte, gleich keinen Ton mehr heraus zu bekommen.

Alexander schluckte.

"Ich brauche dich."

CARMEN - A woman's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt