TEIL 66

107 13 0
                                    

Für beide fühlte es sich unglaublich ehrlich an und in keinster weise falsch. Noch nicht einmal für Helene, zumal sie vor kurzem erst mit Daniel zusammen gekommen war.
Für sie fühlte es sich einfach nur gut an, zu wissen, dass sie es schaffte, dass sich ein anderer besser fühlte. Sie wusste, dass man sie zu mehr gebrauchen konnte, als sex.

Unbewusst wurden ihre Griffe etwas fester, aber sie löste sich wenig später. Behutsam führte er sie zu dem großen Bett, wo sie sich hinsetzte.

"Zieh dich um. Und dann leg dich schlafen." 

Er wollte nicht mehr darauf eingehen, dass er schwach geworden war, verließ daher das Zimmer.

Helene zog sich um, das bequemste was sie in ihrem Schrank fand, war ein großes t-Shirt, welches sie sich über zog, bevor sie sich an das große Fenster stellte und nach draußen blickte. Was gerade in ihr vorgegangen ist, dass sie diesem Mann so zärtlich gegenüber sein konnte, wusste sie nicht.

"Bist du fertig?", dröhnte es von draußen, was sie mit einem leisen 'ja' erwiederte.

"Leg dich hin."

Etwas unsicher folgte sie seinen Anweisungen und zog die Decke über sich.

Er wollte gehen.

"Warte, bitte." Sie setzte sich wieder auf. Sie hatte das Gefühl, ihm so vertraut zu sein, sie musste mit ihm reden. An schlafen dachte sie sowieso nicht, zu aufgewühlt war sie.

"Erzähl mir bitte von dir.", presste sie über ihre trockenen Lippen.

"Du willst es nicht wirklich w..."

"Doch. Ich will es wissen. Bitte."

Er setzte sich zu ihr. Es war das erste mal, dass er einem seiner Opfer so verdammt nahe gekommen war. Nicht körperlich, sondern emotional. Er konnte sich noch nie einer Frau so sehr öffnen wie ihr, das war das, was sie besonders machte.

"Weisst du wie es sich anfühlt, alleine zu sein?", fragte er mit gesenktem blick.

"Ja. Das weiß ich."

Wieder nahm sie unbewusst seine Hand, er schaute dann überrascht auf. Er wusste ganz genau, dass er ihr nichts vor machen konnte. Sie kannte sein wahres ich, das ich, dass nur heraus kommt, wenn er der Person gegenüber Vertrauen geschenkt hat. So wie Helene. Trotz allem, wollte er sich beweisen und nicht wieder schwach werden. Langsam hob er seinen Blick und schaute ihr direkt in die Augen.

"Willst du dich abschminken?"

Verdattert schaute Helene ihn an.

"Nein, ich will wissen, was.."

"Nein! Lass das Thema einfach sein, okay?", fuhr er sie an und sprang dann ruckartig in die Höhe. 

Diesesmal hatte sie Angst, im Gegensatz zu vorher. Er schien unberechenbar, deshalb entschied sie sich zu schweigen.

Innerlich war sie wütend auf sich selbst, sie war so nah dran gewesen.

"Schlaf jetzt." Ohne ein weiteres Wort Verlies er den Raum und schlug die Tür hinter sich zu, woraufhin Helene verängstigt und alleine zurück blieb.

Sie drehte sich auf die Seite und zog die Decke über sich, spürte dann ein unangenehmes zittern welches durch ihren Körper rannte und fragte sich, was Daniel in diesem Augenblick machte.

Er war froh, den Schlüssel von ihr bekommen zu haben und ging in ihre Wohnung, direkt neben seiner, wo er sich mit Tränen in den Augen umschaute. Es zeriss ihm beinahe das Herz, als er das Bild von ihrer Tochter sah, die ein breites grinsen im Gesicht trug. Sie würde ihre Mutter wahrscheinlich vermissen. Vielleicht nicht in den nächsten zwei Tagen, aber nach einer Zeit schon.

Ihre Worte hallten wieder durch sein Ohr, als würde sie direkt neben ihm stehen.

"Warte nicht auf mich.", hatte sie gesagt und doch hatte er jetzt schon eine ungeheure Sehnsucht nach ihr und hoffte mit jedem Tag, sie würde irgendwann wieder an ihrem Fenster sitzen und auf die graue Stadt herausblicken, so wie es immer tat. Sie würde ihren roten Lippenstift tragen, dabei genüsslich an ihrer Zigarette ziehen, sie würden ihre dünnen, und trotzdem sexy Beine übereinander geschlagen haben und einfach auf die Welt herab blicken und selbst bei solch einfachen Taten so seriös und unverschämt sexy wirken.

Daniel wurde von seinem Herzen gesteuert, als er durch ihre Wohnung tapste, seinen Kopf hatte er ausgeschaltet.
Er ließ sich auf ihrem Bett nieder, während über dem kleinen Dorf die Nacht anbrach.
Die ganze Zeit hatte er versucht, ein starker Mann zu sein, aber auch seine Fassade war irgendwann gefallen. Als er sich in ihr Bett legte und seinen Kopf in ihrem Kissen vergraben hatte, dabei ihren Geruch einatmete, konnte auch er sich selbst nicht mehr belügen und brach in Tränen aus, wobei sein Körper sich verkrampfte.

CARMEN - A woman's StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt