Nur sehr schwer konnte sich Lina auf ihre Hausaufgaben konzentrieren. Sie musste die ganze Zeit an Jo und ihr Aussehen denken. Und dann waren es auch noch Mathehausaufgaben. Genervt legte sie sich in ihr warmes Bett, der Hass auf ihr Leben und sich selbst stieg immer weiter. "Ich wünschte, ich könnte sterben und endlich zu meinem Vater nach Hause kommen", dachte sie. Ihr gefiel der Gedanke zu sterben. Noch nie mochte sie ihr Leben, schon in der Grundschule wurde sie von den Jungs als fett abgestempelt. Aber das wird sich ändern, sie wird abnehmen, komme was wolle. Den ganzen Tag hat sie nichts gegessen, ihr Magen knurrte, aber sie musste stark bleiben. Für Jo. In ihren Gedanken spielten sich immer wieder diese dunklen Szenarien ihres Lebens ab.
Lina war sich sicher, der Wunsch zu sterben, ist eine Krankheit. Sie tippte in ihr Handy die Suchbegriffe 'Suizid' und 'Krankheit' ein. Sie wollte wissen, was mit ihr los ist. Sie wollte antworten. Als Suchergebnisse kamen Depressionen. "Depression. Das hört sich schon so düster an", taumelte Lina. Je mehr sie sich in das Thema einlies, desto mehr wurde ihr klar: Dieser Hass auf sie selbst, diese Essstörung und ihr Todeswunsch waren nicht normal. Auf einer dieser Internetseiten stand auch etwas von einer Art Selbstverletzung. Lina las den Artikel gespannt, sie wollte unbedingt wissen, was hinter diesem Begriff nur steckt. Je weiter sie las, desto mehr wurde ihr bewusst, dass diese Bilder auf ihrem Blog garkeine Unfälle waren. Nein, es war gewollt. Diese Narben und Wunden waren die Folge einer Depression. Lina wusste nicht warum, aber ihr gefiel der Gedanke sich selbst weh zu tun. Sie wollte wissen, wie es sich so anfühlt.
Doch plötzlich klopfte as an der Tür, es hatte schon ewig niemand mehr an der Haustür ihrer Familie geklopft. Schnell öffnete sie ihre Zimmertür, lief den dunklen Gang und Treppen hinunter und fragte, wer da sei. "Ich bins", antwortete jemand. Lina merkte, dass es ihre Mutter war, die ihren Haustürschlüssel am Esstisch vergessen hatte. Insgeheim hatte sie aber gehofft, das es Jo gewesen wär. Auch wenn es schwachsinnig klingt, denn sie kannten sich nicht und er weiß auch garnicht wo sie wohnt. Dennoch war es ihr Wunsch. Aber ihre Wünsche gingen noch nie in Erfüllung, das war schon immer so.
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Wenn eine Sucht zur Sucht wird
Teen FictionLina ist 15 und geht an eine Realschule in Bayern. Sie ist übergewichtig und entspricht somit nicht dem Schönheitsideal der heutigen Gesellschaft. Oftmals wird sie ausgegrenzt und verspottet, Freunde hat sie keine. Ihre Gedanken und Taten bringen si...