Diese eine Nacht dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Sie bestand nur aus Aufwachen, Träumen, Trauern, Angst haben und Traurigkeit. Die Digitaluhr neben Lina's Bett zeigte 2:13 Uhr in der Früh. Einzig das Licht der Anzeige unterbrach diese durchgehende Dunkelheit in ihrem Zimmer. Jo schlief sehr unruhig, auch er wachte hin und wieder einmal auf. Doch immer wenn er das tat, tat Lina so als würde sie schlafen. Sie wollte nicht, dass er wach bleibt und auf sie Acht gibt. Sie wollte so unkompliziert wie nur möglich sein, trotz ihrer psychischen Erkrankung. Nach mehreren Tagen meldete sie sich mal wieder auf ihren Blog an. 17 Anmerkungen und eine Nachricht. Aufgeregt klickte sie auf den Posteingang und las die Nachricht, in der folgendes Stand:"Ich kenne dich zwar nicht, aber dein Blog sagt unheimlich viel über deinen aktuellen Lebensweg aus. Du bist traurig und fühlst dich kalt und alleine, stimmts? Aber hey, lass dich niemals unterkriegen, irgendwann kommt deine Zeit und wenn sie dann endlich da ist, wirst du aufblühen." In diesem Moment saß Lina sprachlos auf dem Bett. Wie konnte eine anonyme Person so viel Wahres über sie wissen, und das nur durch ein paar Postings auf ihrem Blog? "Ich danke dir für diese netten Worte und hoffe, dass du dir dasselbe auch mal sagst", antwortete sie ihr. Lina war sich sicher, jemand der so viel über andere sagen kann, ohne sie zu kennen, hat schon sehr viel Schmerz erfahren. Es war still in ihrem Zimmer, es war so still, dass sie das sanfte Atmen ihres Freundes hören konnte. Es war gleichmäßig und so ruhig. Würde das Atmen keinen Ton abgeben, könnte man glatt meinen Jo sei tot. Sie loggte sich aus, klappte dem Bildschirm zu und kramte ihr Handy aus der Schublade. Der Akku war fast leer und Lina hatte das Bedürfnis richtig laute Musik zu hören. Sie holte ihre alten Kopfhörer aus ihrer Schultasche ind startete die Musik. Nach und nach machte sie sie immer lauter. Dann war sie so laut, dass sie ihre Gedanken für ein paar Minuten übertönte. Lina lag regungslos auf ihrem Kopfkissen, sie merkte wie nach und nach die Suizidgedanken ihren Weg in ihren Kopf finden. Die Kraft um dagegen anzukämpfen konnte Lina beim besten Willen einfach nicht auftreiben. Sie wusste wenn sie sich gehen lässt, hat sie den Kampf gegen sich selbst verloren.
Obwohl Lina nicht alleine war, fühlte sie sich einsamer denn je. Und sie wollte später einfach nicht wieder in die Schule. Sie wollte einfach nichts mehr machen, am liebsten nur im Bett liegen und schlafen. Ihre Motivation sank immer weiter in dem Keller und sie war müde. Trotzdem bracgte sie kein Auge zu, sie war viel zu aufgewühlt von den vielen verschiedenen Gefühlen der letzten Stunden. Für eine Schlaftablette war es zu spät, immerhin musste sie sich in zwei Stunden schon wieder für die Schule fertig machen. Sie wollte endlich wieder normal fühlen. Diese Stimmungsschwankungen kommen wie Wellen, manche merkt man früh genug und manche eben zu spät. Die Unbemerkten reißen dich in eine Flut voll Verzweiflung, man ist mit den Schmerzen und Gefühlen vollkommen überfordert. Der Zusammenbruch ist unvermeidbar. Doch diese langsam angerollten Wellen bemerkt man früh genug, man kann sich darauf vorbereiten und sich zur Not zurückziehen. Doch das musste Lina noch lernen, sie musste lernen ihre Gefühle zu erkennen und unter Kontrolle zu bringen - falls das überhaupt möglich ist.
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Wenn eine Sucht zur Sucht wird
Teen FictionLina ist 15 und geht an eine Realschule in Bayern. Sie ist übergewichtig und entspricht somit nicht dem Schönheitsideal der heutigen Gesellschaft. Oftmals wird sie ausgegrenzt und verspottet, Freunde hat sie keine. Ihre Gedanken und Taten bringen si...