4. - Im Stich gelassen

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~ Gedanken sind wie Schnee. Frierst du sie nicht ein, tauen sie dir davon. ~

»Irgendwie muss ich mich noch ein bisschen mit dem Gedanken anfreunden«, erwiderte ich ausweichend. Neidisch war ich nicht, die ganze Aufregung konnte mit getrost fern bleiben, ich hatte ich einfach Angst, dass Annie mich in dem ganzen Trubel um sie herum vergessen würde.

»Ja, bei mir ist das auch noch nicht ganz angekommen. Aber das wird schon, schließlich geht es morgen direkt richtig los. Weitere Angelegenheiten abklären und Pläne schmieden, wenn du verstehst was ich meine.« Das fing ja schon mal super an. Sie würde sich immer weiter von mir entfernen, ohne sich dessen richtig bewusst zu sein. Jake würde mich trotzdem noch da sein und mein Bauchgefühl verriet mir, dass auch diese vier Jungs noch Ärger machen würden.

Inzwischen hatten wir das Schulgelände verlassen und standen an der Weggabelung, an der wir uns immer trennten. Die vier was-auch-immer liefen gerade die Treppen hinunter und steuerten geradewegs auf uns zu. So wie sie da lässig entlang schlenderten, bestätigte sich in mir der Verdacht, dass sie Wesen waren.

Nur leider konnte ich nicht eindeutig bestimmen, um welche Art es sich bei ihnen handelte. Diese leichten Schatten um sie herum ließ auf etwas Dunkles schließen. Etwas bösartiges.

Allein deswegen ging mir Annies Verhalten ihnen gegenüber gegen den Strich. Sie hatte anscheinend kein Problem mit ihnen, wo das Dunkle in ihnen für mich offensichtlich war.

»Na sieh mal einer an, da kommen deine Wunschwesen. Vielleicht plauderst du noch ein Weilchen mit ihnen, meine Liebe. Dann werdet ihr schon noch den Weg zueinander finden. Aber ich muss jetzt wirklich los und nur damit du's weißt, laut dem Rat ist es egal wer das alles weiß. Es wird bald offiziell gemacht!« Sie wackelte mit den Augenbrauen und flitzte dann kichernd davon.

»Ehm, ja gut. Ich hatte zwar sowieso nicht vor, es an die große Glocke zu hängen, aber wer weiß. Vielleicht vergrößere ich deinen Fanclub ein bisschen!«, rief ich ihr hinterher, doch vermutlich hörte sie es schon noch mehr.

»Mach das ruhig, da sind generell ein paar zu wenig drin«, überraschte sie mich doch noch mit einer Antwort und blieb stehen. »Aber dann bist du auch Thema des Fanclubs, als beste Freundin der Auserwählten.« Während ich noch ziemlich verdattert rumstand, konnte sie sich kaum halten vor Lachen. War das ernst gemeint oder nur ein echt mieser Scherz? Genau das fragte ich sie auch.

»Tja, das ist eine gute Frage. Kannst ja nach der Antwort suchen, bis wir uns wiedersehen.« Unwillig schüttelte ich den Kopf. Solche Antworten gingen mir total auf die Nerven.

»Das hört sich an, als würden wir uns jetzt eine halbe Ewigkeit mich wiedersehen! Wir sehen uns, du Verrückte!«, schrie ich, so dass es bestimmt die halbe Schule mitbekam. Konnte mir jedoch herzlich egal sein, das würde nicht zum Gesprächsthema werden.

Annie winkte ausschweifend zum Abschied und verschwand dann wirklich hinter der nächsten Biegung in Richtung Stadt. Um nach Hause zu kommen, musste ich in die entgegengesetzte Richtung. In den Wald.
Ich nahm mir noch einen Moment Zeit, um alles zu verarbeiten. Meine beste Freundin würde jetzt berühmt werden. Die nagende Angst, sie zu verlieren, machte sich in meinem Magen breit, doch ich verdrängte es schnell. Über so einen Quatsch sollte ich nicht einmal nachdenken.

Seelenruhig begab ihn mich in Richtung Wald und schlenderte dort den schmalen Waldweg entlang. Das Zwitschern der Vogel und das Rauschen der Blätter im Wind gab mir ein kleines Stückchen Normalität. Es beruhigte mich und ließ mir die Illusion, dass alles normal und völlig in Ordnung sei.

Bis das Knacksen eines trockenen Zweiges das Bild der Ruhe zerstörte. Die Vögel verstummten, als ich mich auf dem Absatz umdrehte und die grinsenden Gesichter der vier Wesen erblickte.
Mein Herz begann zu rasen. Wenn sie mich jetzt schon verfolgten, hieß das auf jeden Fall nichts Gutes.

»Was wollt ihr hier?«, fragte ich. Glücklicherweise hörte man kein leichtes Zittern, ich klang sogar richtig genervt.

»Pah, du bist für uns doch nicht im Mindesten interessant. Annie hat da schon viel mehr zu bieten«, grinste der Typ, der mich vorhin in der Cafeteria so dämlich zugelabert hatte. Woher zur Hölle wusste der Kerl Annies Namen? Schon im selben Moment konnte ich mir die Frage selbst beantworten. Annie hatte sich ja prächtig mit einem von denen unterhalten.

»Aber meint ihr, es wäre schlimm, wenn ich sie mitnehme?«, wandte er sich an seine Freunde. Verwirrt musterte ich seinen zugegeben ziemlich attraktiven Rücken. Leichte Muskeln zierten die breiten Schultern und hoben sich unter dem engen Shirt ab. Was meinte dieser schräge Kauz nur mit mitnehmen? Ich würde mich ganz sicher nicht einfach verschleppen lassen.

»Wo sind bloß deine Manieren geblieben, Nighe? Anstatt dich erst mal vorzustellen, überfällst du sie direkt mit deinen verrückten Ideen. Also, nochmal ganz von vorne. Ich bin Alec!«, meinte der Typ mit den Mischmasch Haaren und irritierte mich damit nur noch mehr.

»Jared«, erwähnte sich der Rotschopf knapp und folgte damit dem guten Benehmen Alecs.

»Du hast ja bestimmt schon mitbekommen, dass ich Shay bin. Annie konnte sicher nicht mehr aufhören von mir zu reden.« Shays Augen blitzten belustigt auf und er war mir augenblicklich sympathisch. Auf irgendeine Art und Weite erinnerte er mich an mich selbst.

»Hach ja. Da mir mein Kumpel mir jetzt den Überraschungseffekt genommen hat, kommt jetzt nur ein unspektakuläres ich bin Nighe.« Sein Blick sagte deutlich, dass er lieber einen Auftritt mit Special-Effects und allem Drum und Dran gemacht hätte.

»Danke, aber leider interessiert mich das herzlich wenig. Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss dann los.« Auch wenn mich zu Hause eigentlich niemand erwartete. Die Vögel waren immer nicht verstummt. Es lag auf der Hand, dass dies an den Jungs lag.

»Wann du gehst, entscheide immer noch ich. Wir sind hier noch lange nicht fertig!« Ein starkes Zittern machte sich in meinen Beinen breit, bis sie nachgaben. Das Kribbeln wanderte meinen Körper hinauf und ließ alles taub werden. Durch einen immer dichter werdenden Nebel erkannte ich zwei Beine die neben mir zu Boden gingen, aber dann wurde alles schwarz.
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Tadam! Was meint ihr, ist mit Mila los?
Über Vermutungen in den Kommentaren würde ich mich freuen ^^

Eure Moonstone_2

MondlichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt