12. - Wo zur Hölle...?

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~ Je tiefer wir über uns nachdenken,
desto weniger wissen wir, wer wir
sind. ~

Ich wachte auf, eingemummelt in einem Bett weichen Bett. Ob es meins war, konnte ich nicht sagen, obwohl es dafür deutlich zu weich war. Vorsichtshalber ließ ich meine Augen geschlossen und schob jegliche Gedanken von mir. Warum konnte ich nicht einfach wieder einschlafen? Erinnerungsfetzen trudelten durch meinen Kopf.

Konzentriert lauschte ich in die trügerische Stille hinein. Nicht einmal die Vögel sangen, wie sonst jeden Morgen. Mit geschlossenen Augen verharrte ich, bis ich polternde Schritte näher kommen hörte. Dazu leises Stimmengemurmel. Begeistert ordnete ich diese meinen Brüdern zu und war in nullkommanichts zur Tür geflitzt. In meiner Begeisterung bemerkte ich zu spät, dass ich mich nicht in meinem Zimmer befand. Um Haaresbreite flog die Türkante an meinem Gesicht vorbei. Zu Stein erstarrt blieb ich stehen.

Ein Monster trat mir entgegen, schlimmer als jeder meiner Albträume. Riesige schwarze fledermausartige Flügel versperrten mir den einzigen Fluchtweg. Hektisch blickte ich mich im Raum um, keine Fenster, keine schweren Gegenstände. Überlebenschance gleich null. Feuerrote Augen beobachteten akribisch jede meiner Bewegungen. Dem Wesen hingen lange verfilzte dunkle Haare ins Gesicht, welche aber nicht die scharfen Reißzähne verdeckten, die das Ding gefletscht hatte. Es war nur mit einem einfachen Tuch um die Hüfte bekleidet.

Wären die übermenschlichen Muskeln, breiten Narben und tiefen Schnitte nicht, sähe er erstaunlich menschlich aus. Zumindest rein vom Körperbau her. Bei den Armen wie Baumstämmen gab ich instinktiv jeden Fluchtversuch auf. Der Stiernacken wölbte sich und es schnaubte und knurrte. Oh ja, ich hatte es hier definitiv mit einem waschechten Dämon zu tun.

Vorsichtig tastete ich mich Schritt für Schritt nach hinten, bloß weg von diesem wahr gewordenen Albtraum. Jede Woche so kleine ruckartige Bewegung könnte ihn verärgern oder seine Jagdinstinkte wecken. Ich war zwar wie er ein magisches Wesen, aber ich bezweifelte stark, dass ihn dass interessieren würde, sobald erst einmal der Blutdurst geweckt wäre.

Mit einem großen Satz stand er direkt vor mir und hielt mich sofort am Arm fest. Überrumpelt machte ich einen Satz nach hinten, wollte mich dabei losreißen. Doch je mehr ich zog und zerrte, desto eiserner wurde der Griff der Höllenkreatur. Er knurrte, packte meinen anderen Arm und warf mich rücklings auf das Bett. Mir war bewusst, dass Dämonen sich gerne mal an Menschenfrauen vergriffen, wie sonst sollten Halbwesen entstehen. Trotzdem wollte ich kein Opfer dieses Dämons werden, also trat ich wie von Sinnen um mich, zerwühlte dabei das Bettlaken. Im Kopf ging ich alle Möglichkeiten durch, die mir zur Verfügung standen. Unglücklicherweise waren das viel zu wenig, im Grunde keine, die funktionieren würde.

»Lass mich los, du widerliches Ding!«, kreischte ich aufgebracht, als das Vieh sich über mich beugte. Ich nahm all meine Kraft zusammen, um nach ihm zu treten und mich somit zu befreien. Es brachte rein gar nichts, obwohl Angriff ja bekanntlich die beste Verteidigung war. Durch meine mickrige Attacke schien er sich nur noch mehr provoziert zu fühlen, denn er blickte verächtlich auf mich herab. Meine Handgelenke hielt er in einer seiner krallenbewehrten Klaue zusammen und dann drückte er ein Knie auf meine Beine, um das Gestrample zu unterbinden. Nach weiteren Schreien meinerseits drückte er die freie Klaue auf meinen Mund und wartete.

Als ich versuchte den Kopf zu heben, wurde ich sofort wieder runter gedrückt. Frustriert schloss ich die Augen und schnappte zwischen den behaarten Fingern hindurch nach Luft. Das war gar nicht so einfach, bereits nach zwei Atemzügen krampfte meine Lunge. Ich lechzte nach Sauerstoff.

»Du solltest nur dafür sorgen, dass sie im Zimmer bleibt und dich weder auf sie stürzen noch ihr die Luft abschnüren!«, ertönte plötzlich eine schneidende Stimme. Sie klang unangenehm verzerrt und tief. Wie Schmirgelpapier. Aus meiner Position konnte ich nicht erkennen, wer da sprach.

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