~ Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt. ~
Priya
Milas blaue Augen sprühten Funken und sie wirbelte neben mir durch den Saal. Die Trommel an ihren Hüften schien sie nicht zu stören. Ihr Selbstbewusstsein hätte ich gerne und doch spürte ich, wie ein wenig davon auf mich abfärbte. Trotz der Tatsache, dass fast alle von Kylans Untergebenen hier waren und mit uns tanzten, lachten und sangen, wirkte der riesige Saal leer. Zum ersten mal seit einer Ewigkeit konnte ich wieder aufrichtig lachen ohne das Gefühl der Erwartung anderer dahinter.
»Was ist das hier für ein Krach?!« Jeder verstummte schlagartig, als die donnernde Stimme von dem Tor her zu uns drang. Wie erstarrt hielt ich in der Bewegung inne, konnte und wollte mich nicht rühren. »Priya!«, sagte er gefährlich ruhig. Ich spürte seine autoritäre Präsenz direkt hinter mir. »Alle raus! Sofort! Ihr könnt froh sein, wenn ich euch alle nicht auf der Stelle vor die Tür setze! Mila, verschwinde mit in die Küche, mit dir werde ich mich später noch befassen!«, schrie er und ich zuckte erschrocken über die Lautstärke zusammen. Seine Wut war zum Greifen nahe.
Wie ausgepeitschte Hunde trotteten alle aus dem Saal, die Köpfe gesenkt. Mila suchte schuldbewusst meinen Blick. Sie sollte nicht so dermaßen traurig gucken, sie konnte schließlich nichts dafür. Ich nahm alles auf meine Kosten, ich hätte mich zu sehr hinreißen lassen und dabei die Grenzen überschritten. Mir graute es vor Kylans Strafpredigt. Ein wenig hatte ich auch gehofft, Mila würde mir trotz allem beistehen. Sie hatte auf mich wie jemand gewirkt, der sich nur von wenigen etwas sagen ließ. Bestimmt würde Kylan diesmal seine Drohungen wahr werden lassen. Er war einer der stärksten Vampire seiner Altersklasse, mit ihm war nicht zu spaßen.
Die gewaltige Tür fiel quietschend ins Schloss. Ich sollte sie bei nächster Gelegenheit ölen oder zumindest jemandem Bescheid sagen. Jetzt war ich völlig alleine mit Kylan. Selbst die Wachmänner hatten den Saal verlassen.
»Was hat es mit diesem Theater auf sich?« Die Schärfe seiner Stimme ließ mich erneut zusammen zucken. Warum war er nur immer so hart zu mir? Reichte es nicht, dass er mich hierher gebracht hatte und nun als seine Sklavin hielt? Dieses eine Mal würde ich mir das nicht gefallen. Mila hatte mir ein Stück weit die Augen geöffnet, sie war die erste, der ich mich anvertraut hatte.
»Wir hatten ein einziges Mal Spaß.« Sein Blick verdüsterte sich. Genau jetzt war es zu spät für einen Rückzieher. Ich musste das durchziehen, sonst würde er mich niemals ernst nehmen.
»Wie war das?«, gab er mir die mickrige Chance, meine Worte noch einmal zu überdenken, doch ich hatte mich entschieden. Heute würde ich siegen oder noch mehr verlieren.
»Ich denke, du hast mich schon verstanden«, antwortete ich gespielt gelassen, während mein Herz vor Aufregung fast aus der Brust sprang. Kylan hörte das sicherlich mit seinen übernatürlichen Vampirfähigkeiten. Nur zu gerne wüsste ich, woher ich plötzlich diesen Mut aufbrachte. Er zog nur prüfend eine Augenbraue hoch, als hätte er mit so etwas gerechnet. Mir schossen die Tränen in die Augen, als ich realisierte, dass er wirklich Herr der Lage war. Nie im Leben hatte ich eine Chance gegen ihn und sei sie noch so klein. Mit fest zusammengekniffenen Augen wandte ich mich von ihm ab. »Warum hälst du mich hier gefangen?«
»Ich halte dich nicht gefangen, ich beschütze dich!« Dieser Satz trat eine ganze Lawine voller Gefühle los.
»Das nennst du beschützen? Sperrst mich ein und lässt mich wie eine Bedienstete schuften! Mila ist noch keinen Tag hier und mit ihr geht es mir besser, als in den letzten zwei, verdammten Jahren, die ich hier verbracht habe!« Während ich mich aufregte, quollen heiße Tränen aus meinen Augen und zogen ihre Spuren über meine erhitzten Wangen. Dabei hatte ich doch stark sein wollen. »Wovor willst du mich überhaupt beschützen?! Der Einzige, vor dem ich beschützt werden muss, bist du!« Das war vielleicht ein wenig übertrieben, immerhin hatte er mir noch kein Haar gekrümmt. Von dem seelischen Schmerz einmal abgesehen. Kylan suchte meinen Blick.
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Mondlichter
FantasyWenn du auch mal nur die beste Freundin der eigentlichen Hauptperson bist. ~~~ Mila steht kurz vor ihrem 17. Geburtstag als sich ihr bis dahin langweiliges Leben dazu entscheidet, eine 180 Grad-Wendung einzulegen. Auf der ganzen Welt gibt es niemand...