Kapitel 6

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Hört euch dazu am besten Lords Prayer an. Vorallem bei Emilys Sicht nachher :) ↓

Dave's Sicht

Durch Wasser, dass über mein Gesicht rann, schreckte ich wieder auf. Verwirrt wischte ich einen dicken Tropfen von meinem Gesicht und sah in den grauen Himmel. Ich konnte es nicht fassen! Es regnete!!! Vor Freude hätte ich herum hüpfen können. Ich öffnete meinen Mund, versuchte so viel Wasser wie möglich aufzufangen und legte grinsend meinen Kopf in den Nacken. Es war doch noch nicht alles verloren. Bis jetzt hatte ich so viel Glück.
Dann fiehl mir plötzlich der Rucksack ein.
Schnell rannte ich durch den schon feuchten Sand und hielt den Rucksack so weit wie möglich auf. Ich musste so viel Wasser wie möglich sammeln.

Von einer großen Pflanze am Rand des Urwalds hatte ich mir ein großes Blatt abgerissen und fing damit ebenfalls Trinkwasser auf. Lange regnete es nicht, aber der Boden war nass und der Rucksack hatte ebenfalls etwas Wasser gespeichert, auch wenn es schon langsam wieder durch den Stoff heraus sickerte.

Ich trank das Wasser von dem Blatt und schluckte dann gierig das kühle Wasser, was im Rucksack aufgefangen wurde.
Zufrieden seufzend setzte ich mich einfach in den kühlen Sand und sah den Wellen zu, wie sie sich am Ufer brachen.
"Emily, wir werden uns wieder sehen. Ich werde kämpfen. Für dich." murmelte ich und starrte noch eine halbe Ewigkeit wie betäubt auf das Meer.

Ein paar Stunden später war die Sonne schon wieder draußen und der Hunger machte mir zu schaffen. Ich hatte das Gefühl jetzt schon abgenommen zu haben.
Es war eine schwachsinnige Idee, aber ich probierte es einfach und watete in das seichte Wasser. Ich wusste mir im Moment nicht weiter zu helfen.
Im seichten Meer mit bloßen Händen versuchen einen Fisch zu fangen, konnte man vergessen.
Zu allem Überfluss, als hätte ich nicht schon genug Probleme, dappte ich noch in irgendetwas spitzes. Ein scharfer Schmerz durchzog meinen Fuß und ich biss fest meine Zähne zusammen. Ich sah nach unten, in das klare Wasser und sah Blut. Ich musste in einen Seeigel getreten sein. Hoffentlich war er nicht giftig, aber das war jetzt eh schon egal.
Humpelnd zog ich meinen Fuß durchs Wasser, aber der Schmerz ließ nicht nach und etwas essbares konnte ich so auch nicht fangen.
Ich stellte mich echt dämlich an. Aber man musste erst lernen in der Wildnis zu überleben, wenn man von einer modernen, luxuriösen Stadt kam.

Ich war sowiso schon auf dem Weg aus dem Wasser, da sah ich etwas in ein paar Meter Entfernung. Oh mein Gott. War das etwa eine Haiflossenspitze!?!?!
Ich war mir nicht sicher und traute mir in meinem jetzigen Zustand auch zu, es mir nur eingebildet zu haben, trotzdem macht ich schleunigst, dass ich aus dem Wasser kam.
Bevor ich noch ganz in Panik ausbrach, schleppte ich mich in Rekordgeschwindigkeit aus dem Meer. Als das Adrenalin nach ließ, spürte ich erst wieder den stechenden Schmerz in meinem Fuß.
Ich würde ganz sicher nicht mehr so schnell ins Wasser gehen. Dann begutachtete ich meine Fußsohle, sah aber nur Blut. Die Wunde musste ganz schön tief sein. Ich war sauer auf mich selbst. Das musste jetzt ja auch noch sein!! Einen verletzten Fuß konnte ich gar nicht gebrauchen!
Hinkend machte ich ein paar Schritte und trieb am Dschungelrand ein Farn auf und wickelte ihn um meinen verletzten Fuß. Eigentlich müsste die Wunde gesäubert werden, aber ich wollte gerade auf keinen Fall wieder näher ans Wasser.
Ich improvisierte einfach und riss den Umhängegurt bei der Kamera ab und benutzte ihn, um den Farn an meinem Fuß zu befestigen. Vorsichtig trat ich auf. Das mit dem Laufen ging gerade so, der Farn dämpft die Schritte an meiner Wunde etwas ab.

Der nächste Tag war nicht anders als der letzte. Außer, dass ich mir nicht nochmal meine Fußsohle verletzte und die Wunde nicht mehr ganz so weh tat.
Das einzig gute an dem Tag war, dass ich noch am leben war. Aber selbst das, wusste ich nicht, ob ich es gut finden sollte. Wenn man hier alleine fest saß, stumpfte man ganz schön ab...
Wäre der Seeigel aber giftig gewesen, wäre ich jetzt schon tot. Und es würde gar kein Möglichkeit mehr geben Emily je wieder zu sehen.

Die Stunden verstrichen. Die Zeit verging wie im Flug, aber gleichzeitig auch unendlich langsam. Ich saß im Sand und starrte auf das Meer. Der Wind bließ mir meine länger gewordenen Haare ins Gesicht. Sie werden nicht mehr kommen.
Das wurde mir immer klarer. Ich wusste, ich durfte die Hoffnung nicht aufgeben, aber es war sehr unwahrscheinlich, dass ich gefunden werden würde. Außerdem quälte mich schon wieder der Durst. Sollte ich etwa ständig kurz vor dem Verhungern und Verdursten sein??
So konnte es nicht weiter gehen. Wenn ich hier eine Chance haben wollte, müsste ich den Dschungel betreten.
Damit würde ich riskieren ein rettendes Schiff oder einen Flieger zu verpassen, falls doch noch jemand nach mir suchte.
Aber ich musste einfach im Dschungel Wasser suchen gehen, sonst würde ich sterben. Was hatte ich also noch zu verlieren?
In den Rucksack packte ich die Öllamle und schnallte ihn mir auf den Rücken.
Humpelnd lief ich auf die hohe Baumwand vor mir zu. Mein Fuß brannte, aber ich ignorierte es.
Ich atmete einmal tief durch und lief zögerlich mitten in den unbekannten, gefährlichen Urwald.

Emily's Sicht

Wasser schwappte mir immer wieder über mein tränenüberströmtes Gesicht.
Das Salzwasser vermischte sich mit meinen Tränen, die ich um Dave geweint hatte. Das letzte mal, als ich ihn gesehen hatte, wurde er von einer Welle erfasst.
Er hatte keine Chance auf dem Meer zu überleben. Das wusste ich. Aber ich musste mich selbst beruhigen und schloss die Augen und dachte an unseren letzten Kuss.
Meine Lippen bebten und ich klammerte mich noch fester an das Schlauchboot.
Dave wollte, dass ich überlebte. Er hätte genauso gut meinen Platz im Boot haben können.

Unsere Rettungsinsel schwappte kontinuierlich hin und her und ich lag betäubt und kraftlos, mit geschlossenen Augen da. Genauso wie die anderen. Keiner sprach oder regte sich.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir schon auf dem Meer herum schwammen, aber irgendwann glaubte ich etwas gehört zu haben. Tatsächlich flog ein Rettungshubschrauber nur wenige Meter über dem Wasser und wir wurden gerettet. Gott sei dank. Dave hatte recht. Der Pilot musste kurz vor dem Absturz einen Funkspruch und unsere ungefähren Koordinaten auf dem pazifischen Ozean durchgegeben haben.

Wie hypnotisiert bekam mein Unterbewusstsein mit, wie ich angesprochen wurde, aber nicht reagierte und in den Hubschrauber geladen wurde. Meine Gedanken waren durchgängig bei Dave.
Ein Mann mit einer roten Jacke und einem Arztkoffer fragte mich ob alles okay sei und untersuchte mich. Aber was war schon okey, nachdem man einen Flugzeugabsturz mitgemacht hatte, gerade so überlebte und der verlobter noch irgendwo dort draußen auf dem Wasser war. Das war auch das erste, das ich sagte, seit ich durch die Wassermassen von Dave getrennt wurde.
"Es ist gut, sie sind jetzt in Sicherheit. Ihnen kann nichts mehr passieren" versuchte mich der Sanitäter zu beruhigen, aber er verstand nicht. Ich krallte mich in seiner Jacke fest, schluckte mehrmals und krächzte nachdrücklich: "Mein Verlobter ist da noch irgendwo alleine. Auf dem Meer. Sie müssen ihn finden!"
"Machen Sie sich keine sorgen, alles wird gut."
Ich hatte das Gefühl, er würde mich nicht ganz ernst nehmen. Wahrscheinlich sah ich auch ziemlich durcheinander aus aber ich ließ nicht locker. Panik sieg in mir hoch. "Sein Name ist Dave. SIE MÜSSEN IHN FINDEN!"
"Darum werden wir uns kümmern..." meinte der Mann in einem besänftigenden Tonfall. Ich wurde immer hysterischer und bekam nur noch mit, wie mir der Mann etwas verabreichte und alles um mich herum schwarz wurde.

*

Es stellte sich heraus, dass ich keine schlimmen Verletzungen hatte, sondern nur unter Schock stand. Ich musste nicht ins Krankenhaus eingeliefert werden und erfuhr alles weitere von einem Beamten.
Unter anderem, dass ich zu den 4 Überlebenden gehörte. Die zwei Männer und die Frau, die mit in meinem Boot waren, hatten es geschafft. Das Kind jedoch hatte nicht überlebt, es war zu schwach gewesen.
Alle anderen Passagiere unseres Flugzeuges waren tot.

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