Kapitel 18

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Emily's Sicht

Nach der Party hatte Jakob mich wirklich noch bis zur Haustüre gebracht und mich umarmt. Dabei fühlte sich seine Hand auf meinem Rücken seltsam warm an.
"Werden wir uns wieder sehen?" hatte er gefragt und ich hatte "Bestimmt." gesagt und ihm eine gute Nacht gewünscht.

Tatsächlich sah ich ihn nur 2 Wochen später beim Schlittschuhlaufen.
Jakob hatte mir bei der Hausparty schon erzählt, dass er dort in der Nähe wohnte und durch Zufall hatten wir uns tatsächlich getroffen. Er war mit Freunden dort, aber die restliche Zeit, die wir dort waren, sind wir zusammen gefahren. Es war echt witzig und wir hatten ziemlich viel Spaß. Am Ende tauschten wir Nummern, obwohl ich wusste, das er was von mir wollte.
Aber ich dachte mir: Warum auch nicht?

Seit Dave's und meinem Flugzeugabsturz waren bereits zwei Jahre und etliche Monate vergangen und Jakob war der erste, der mir gefiel und der mich auf andere Gedanken brachte.

Ständig war er total lieb und süß zu mir, aber auch bei unseren weiteren Treffen musste ich immer wieder an Dave denken. Er war einfach meine große Liebe.
Schon immer.
Was würde er jetzt sagen, wenn er mich so glücklich mit Jakob herum blödeln sah?
Irgendwie fühlte ich mich jedes mal, wenn ich in Jakobs blaue Augen sah, schuldig. Dave war tot und ich fühlte mich immer mehr zu jemand anderes hingezogen.
Auf der anderen Seite konnte ich auch nicht mein ganzes restliches Leben alleine bleiben. Ich war mir sicher, dass Dave das auch nicht gewollt hätte.

An Weihnachten kam Jakob überraschend vorbei. Eigentlich war das der Tag, an dem ich letztes Jahr unaufhörlich geweint hatte, weil ich mich an die alten Zeiten mit Dave erinnerte. Auch dieses Jahr hatten mir meine Eltern angeboten, zu ihnen zu kommen, sogar Fiona hatte mich eingeladen, aber ich lehnte ab. Ich wollte niemanden an Weihnachten runter ziehen und dachte, dass es am besten wäre alleine zu sein, aber ich hatte mich getäuscht.
Jakob war von morgens bis über die Nacht und den nächsten Tag bei mir und irgendwie war seine Anwesenheit tröstlich.

Ich stellte mir mit glasigen Augen vor, wie Dave mir zusah und zufrieden war, weil ich zum ersten mal nach fast 2 Jahren glücklich war.
Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch, als Jakob mein Gesicht in seine Hände nahm. Nicht so starke wie immer bei Dave, aber sie waren da. Ich hatte nämlich gedacht, dass ich nie wieder auch nur annähernd wieder so etwas hätte fühlen können.
An diesem Abend küssten wir uns zum ersten mal.
Der Abend wurde wunderschön, aber außer küssen passierte nichts mehr, worüber ich froh war. Jakob spürte auch, dass ich es langsam angehen musste, vermutlich auch weil er sich denken konnte, dass ich einen geliebten Menschen verloren hatte, da ich ab und zu an diesem Weihnachtsabend meine Tränen nicht unterdrücken konnte.
Ich würde Dave nie vergessen.

Dave's Sicht

Vorgestern hatte ich ein mir unbekanntes Tier erlegt, das Fleisch über dem Feuer gebraten und die Splitter der Knochen als Nähzeug verwendet. Damit und mithilfe von Pflanzenfasern als Garn, hatte ich meine Fleischwunde genäht.
Seit dem heilte sie wieder normal und mir ging es schon wieder besser. Wenn man mal davon absah, dass ich hier schon mindestens über ein Jahr festsaß und alle Menschen davon ausgingen, dass ich tot war.

Zum Glück konnte ich bei meinem bisherigem Medizin Studium aber schon etwas theoretisch und praktisch üben, wie man eine Wunde nähte. Es sah mehr schlecht als recht aus, aber die Wunde war einfach nicht besser geworden und Hauptsache meine Fleischhälften hielten zusammen.

Nachdem ich noch den letzten Rest meines verbliebenen Fleischstücks aufgegessen hatte, watete ich ins tiefere Meer um mich zu waschen. Das Salzwasser brannte in meiner Wunde, aber ich biss die Zähne zusammen und wusch mir meine brustlangen Haare. Da es Meerwasser war, blieb Salz in meinen Haaren zurück, aber es juckte nicht mehr so sehr wie zuvor.

Als ich wieder aus dem Wasser kam, legte ich mich in den heißen Sand und ließ mich trocknen. Ich begutachtete den blauen Himmel, sah in die Sonne und fasste automatisch an mein Handgelenk. Aber ich fühlte kein Metal. Mein Handgelenk war seltsam nackt.
Ruckartig setzte ich mich auf und sah mit vor Schock geweiteten Augen auf mein leeres Handgelenk. Das Armband war weg!
Wo war es?! Es musste doch hier irgendwo liegen! Das konnte nicht sein!

Ich versuchte nicht in Panik zu verfallen aber es war unmöglich. Ich hatte das einzige, wertvolle Andenken am Emily verloren!!!
Jetzt war alles vorbei...

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