Kapitel 13

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Daves Sicht

Seit ich auf dieser Insel fest saß, glaubte ich langsam wieder an so etwas wie einen Gott.
Ich und Emily hatten als fast einzige den Flugzeugabsturz überlebt, dann hatte ich die wilde Tortur über den Pazifischen Ozean überlebt und mir wurde noch eine Chance auf dieser Insel gegeben. Auf dem Meer wäre ich nicht lange am Leben geblieben.
Als nächstes hatte ich Glück mit dem Regen, als ich noch am Strand war, Glück, dass ich die erste Wasserstelle fand, Glück, dass ich nicht von einem Tieger zerfleischt wurde, Glück, das sich meine Wunden nicht entzündeten und jetzt hatte ich schon wieder Glück.
Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte.
Jemand stand mir bei und zeigte mir, dass es wert war zu kämpfen. Allein Emily war es wert, wenigstens zu versuchen zu überleben. Und natürlich auch meine Familie. Aber es schien so, als würde Gott ebenfalls an mich glauben.
Ich war eigentlich nie ein religiöser Mensch, aber das konnte alles nicht nur Zufall sein. Da war ich mir sicher.

Ich hatte mich mit pochender Seite, schmerzenden Füßen und ausgetrocknetem Körper mit den Armen noch weiter voran gezogen und nur wenige Meter entfernt einen Bach gefunden. Ich bin so froh gewesen, dass ich vor Freude fast geweint hätte. Dieser kleine Bach kam mir wie das größte Geschenk in meinem ganzen Leben vor. Er hatte mir mein Leben gerettet.

Nachdem ich einigermaßen wieder unter den lebenden weilte und mich satt getrunken hatte, säubert ich die Wunde, die von dem Tieger stammte. Meine ganze linke Körperseite war gerötete und die Fleischwunde sah ziemlich wüscht(schlimm) aus. Kein Wunder. In den letzten Stunden kam genug Schweiß und Dreck hinein. So gut es ging wusch ich sie aus, aber es brannte wie die Hölle.
Ich kniff die Zähne zusammen und wickelte danach ein großes Blatt vorsichtig um die Wunde. Den Kamera Gurt um meinen Hals benutzte ich als Schnur und band ihn waagrecht um meinen Oberkörper, sodass der behelfsmäßige "Verband" an der richtigen Stelle blieb.
Das Blatt rieb an meinem rohen Fleisch, aber es war besser als nichts.

Danach wusch ich mich so gut es ging. Dazu war der Bach eigentlich zu klein, aber ich stank, als hätte ich mich seit Wochen nicht gewaschen. Hatte ich ja auch nicht.
Ein wunder, dass ich nicht schon längst krank geworden bin. Anscheinend taugte wohl doch wenigstens mein Immunsystem.

Nachdem das auch erledigt war, suchte ich mir einen neuen Stock, den ich auch wieder spitz zu schnitzte. Den alten hatte ich zurück gelassen, als ich vor dem Tieger fliehen musste.

Ich fühlte mich schon etwas besser und hielt nach Früchten Ausschau, konnte aber nichts finden. Also machte ich mich auf den Weg, um zu jagen.
Seit Monaten hatte ich kein Fleisch mehr gegessen und obwohl mir das gar nicht behagte, musste ich jetzt einfach etwas jagen. Ich brauchte die Nahrung und zwar dringen.

So leise wie möglich bewegte ich mich durchs Unterholz. Einmal war ich ganz nah an irgendeinem Vogel, schreckte ihn jedoch auf.
Fluchend suchte ich weiter.
Auf einem tief hängenden Ast entdeckte ich ein Chamäleon, aber sowas konnte ich einfach nicht essen. Das ging nicht. Ich war kein Kannibale....
Natürlich würde ich essen, was zu finden war, aber nicht sowas.
Außerdem würde ein Chamäleon sowieso nicht sättigen.

Ich war schon kurz davor vor Ungeduld auszurasten, da entdeckte ich etwas braunes nicht weit entfernt. Das Tier sah aus wie eine Mischung zwischen einem jungen, kleinen Wildschwein, nur in dunkelbraun und mit viel Fell.
Es wirkte total unschuldig und suchte irgendwelche Samen auf dem Boden.
Aber ich brauchte es. Zum Überleben.
Also verschloss ich meine mitfühlenden Gedanken im hintersten Winkel meines Hirns und hob den Stock wie einen Speer.
Fressen und gefressen werden.
So ging es leider in der Natur zu. So sehr es mir auch wiederstrebte-als ich nah genug heran war stach ich mit der Spitze des Astes auf das kleine Tier ein. Leider erwischte ich es aber nur an der Seite und mit einem erschrockenen, ängstlichen Quieken rannte es weg. Aber ich hatte von meinen missglückten Jagdversuchen gelernt. Ich war schnell und warf mich sofort auf das eigenartige Tier. Unter dem Gewicht meiner Arme wurde sein Körper auf den Boden gepresst. Es versuchte sich heraus zu winden, aber ich griff nach dem nächstbesten Stein und schlug damit auf sein Kopf ein. Es zuckte unter mir zusammen aber ich versuchte krampfhaft das gequälte Jaulen des Wesens zu ignorieren.
Es erschlaffte, war aber noch am leben. Seine flehenden, dunkeln Augen sahen mir direkt in meine.
Aber ich musste es essen. Mir blieb keine andere Wahl. Wenn ich hier überleben wollte, durfte ich nicht mehr so zimperlich sein. Also kniff ich fest meine Augen zu, griff nach der Spitze meines Stocks und erstach das Tier mit einer Bewegung.
Schwer atmend machte ich langsam wieder die Augen auf und starrte entsetzt auf den blutigen Anblick vor mir. Das Tier war so unschuldig.
Ich ließ den Stock los und starrte geschockt auf meine blutigen Hände. Was hatte ich nur getan?!?
Entgeistert und völlig verstört robbte ich ein paar Meter weg.
Ich versteckte meine Hände im Gesicht und war angeekelt von mir selbst.
Zuhause hätte ich so etwas niemals getan, niemals ÜBER MICH gebracht.
Tja, nur so ein scheiß, DASS ich hier war.
Und jetzt konnte ich auch nichts mehr ändern. Das Tier war durch meine Hände gestorben und ob ich es jetzt essen würde oder es dort liegen blieb, spielte keine Rolle.
Sein Blut klebte mir an den Händen und im Gesicht.
Also bewegte ich mich wie in Zeitlupe auf den leblosen Körper zu und hob ihn hoch.
Mein Herz schmerzte und zog sich vor schlechtem Gewissen zusammen.
Wie war es nur so weit gekommen...?????!?!

*

Das Häuten war das größte Problem. Ich wusste einfach nicht, wie so etwas ging.
Also versuchte ich mit meinem behelfsmäßigen Messer, dass eigentlich die Spitze eines Stockes war, die Haut ab zu ziehen. Mehr schlecht als recht funktionierte es, aber dann stand ich schon vor dem nächsten Problem. Ich musste das Tier ausnehmen.
Ich war keine Memme, aber ich war einfach ein Tier freundlicher Mensch und wäre jemand in meiner Situation gewesen, hätte er es auch mehr als abstoßend gefunden, wenn man im normalen Alltag alles fertig abgepackt im Kühlschrank findet und jetzt so etwas tun muss.
Also schnitt ich den Magen auf und entfernte zuerst den Darm. Mir war kotz übel. Die Galle stieg mir hoch und mein Magen stülpte sich um. Mir blieb gerade noch Zeit, mich auf die Seite zu drehen, dann übergab ich mich.

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