Kapitel 15

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Emily's Sicht

Ich saß gerade vor dem Fernseher und trank eine Flasche Bockbier, nebenher war ich an meinem Handy auf Whatsapp. Lisa schrieb mir gerade.
Was machst du grad?

Fernsehr schauen schrieb ich zurück und obwohl sie sehen musste, das ich noch etwas schrieb, rief sie mich an.
Ich ging ran.
Ohne Begrüßung:
"Sag mir bitte nicht, dass du nebenher eine Flasche Wein in der Hand hältst!"
"Es ist ein Bier" antwortete ich mit monotoner Stimme.
Lisa klang verzweifelt. "Emily, du musst unbedingt endlich dein Alkohol Problem in den Griff kriegen! "
"Wieso?" fragte ich und nippte an meinem Bier. Es fühlte sich einfach wunderbar an, wenn man ständig leicht berauscht war. Ich musste an nichts denken und fühlte auch nichts.
"Mensch, Süße du bist schon viel zu lange Alkohol abhängig! Das ist nicht gut für deinen Körper! "
Aber für meine Seele....fügte ich in Gedanken hinzu. Mir war bewusst, dass Alkohol eigentlich keine Lösung war, aber in meinem Fall schon.
"Wie auch immer..." Ich ignorierte einfach, was sie gesagt hatte. "Eigentlich wollte ich jetzt gleich zum Frisör, ich hab in ner halben Stunde ein Termin. Willst du mit kommen? "
Sofort stimmte sie zu. Wahrscheinlich war sie einfach erleichtert, dass ich immer öfters wieder Gesellschaft um mich herum zu ließ. Deswegen ging es mir aber trotzdem nicht besser. Ich hatte mich einfach nur mehr oder weniger mit einem Leben ohne Dave abgefunden. Musste ich ja. Mittlerweile war seine Beerdigung auch schon wieder 7 Monate her, aber ich weinte trotzdem noch jeden Abend, wenn ich im Bett lag.
Lisa riss mich aus meinen Gedanken. "Bis gleich!"

Tatsächlich stand sie 10 Minuten später vor meiner Tür und wir fuhren zum Frisör. Ich hatte schon genaue Vorstellungen davon, was ich heute wollte. Diesmal war ich nicht nur zum Spitzen schneiden her gekommen.
Lisa wartete auf auf mich im Vorraum und nach über einer Stunde war ich fertig.
Als ich zu ihr ging und sagte: "Wir können los." starrte sie mich erst mal nur sprachlos an. Ihr Mund stand offen. "Wow. Wer bist du?"
Ich hatte meine langen Haare bis knapp unter meinem Kinn abgeschnitten und sie dunkellila gefärbt.
"Nicht gut?" hakte ich nach, als Lisa immer noch nichts richtiges heraus bekam.
"Doch...doch..." stammelte sie und begutachtete meine neue Frisur von allen Seiten. "Nur...ungewöhnlich. Aber es steht dir. Auch wenn ich deine blonden Haare echt geliebt habe."
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich brauchte einfach eine Veränderung. Ich fühle mich auch selbst anders. Mein Leben hat sich sowiso schlagartig verändert und ich muss endlich mein altes Leben los lassen. Das gibt es nicht mehr."
Sie sah mich erstaunt an, hakte sich dann aber bei mir ein und zusammen verließen wir den Laden.

*

Eine Woche später fragte mich Lisa, ob wir zusammen auf eine Party gehen wollten. Seit sie mich damals mal darauf angesprochen und ich nein gesagte hatte, hatte sie dieses Thema nicht mehr angesprochen.
Ich überlegte nur kurz und stimmte dann zu. Diese Ablenkung war vielleicht echt nicht schlecht.
Also betrat ich um kurz nach 22 Uhr mit Lisa die meist besuchteste Disco, die es in der Umgebung gab.
Meine beste Freundin wollte zuerst tanzen, aber ich steuerte direkt auf die Bar zu. Ich bestellte mir einen Wodka und wollte gerade noch einen nach bestellen, da zog mich Lisa mitten in die Tanzende Menge. "Jetzt wird getanzt!" rief sie über die laute Musik und bewegte sich zu dem Bass der Musik, der den ganzen Raum vibrieren ließ. Ich musste mich erst wieder etwas in das Discofeeling einstimmen und verschmolz dann ebenfalls mit der tanzenden Menge. Ich war schon so lange nicht mehr auf einer Party.
Zwischen den verschwitzten, tanzenden Körpern verging die Zeit wie im Flug und ich fühlte mich erstaunlich wohl, denn hier gab es niemand der mich kannte oder mich mitleidig ansah. Ich fühlte mich total frei.
Mit Lisa alberte ich viel herum und an der Bar genehmigte ich mir später noch zwei weitere Drinks.
Als ich arm in arm mit Lisa heim stolperte, wusste ich, dass ich diesen Abend nicht bereute.

Dave's Sicht

In der Nacht schlief ich schon wieder unruhig. Wenn ich überhaupt schlief. Aber schon seit Monaten konnte ich kein einziges mal mehr richtig schlafen. Diesmal war es aber noch sehr früher morgen, als ich aufwachte.
Irgendwo hatte ich einen Knall gehört. Links und rechts von mir bewegten sich die Pflanzen im stürmischen Wind und über mir zogen dunkle Wolken vorbei. Immer mal wieder donnerte es und Lichtblitzte zuckten durch die Nacht.
Mühsam stand ich auf, tastete kurz meine heilende Fleischwunde ab und suchte nach einem Unterschlupf, da es zu regnen anfing. Der Boden war schon matschig und in Rekordgeschwindigkeit hatten sich die einzelnen Regentropfen in einen stürmischen Regen verwandelt.
Ich schiermte mit der Hand meine Augen ab und torkelte fast blind durch den Dschungel. Nur durch die vereinzelten Blitze konnte man ab und zu die schemenhaften Umrisse der Umgebung sehen.
Der Wind peitschte mir meine langen, unordentlichen Haare ins Gesicht und mir blieb nichts anderes übrig, als mich unter einen Busch zusammen zu kauern.
So verharrte ich, bis der Sturm etwas nachließ. Was aber ewig dauerte. Wenn es hier regnete und donnerte, dann richtig.

Meine Füßen waren schon eingeschlafen, bis das Wetter sich gegen Mittag wieder etwas beruhigt hatte.
Ich trank die verbleibenden Wassertropfen von den Blätter und versuchte wieder Orientierung zu erlangen. Ich musste unbedingt wieder zurück zum Bach finden, aber um mich herum sah alles gleich aus. Grün, grün und noch mehr grün. Fluchend ging ich in irgendeine Richtung. Jetzt hatte ich mich auch noch verlaufen! Das hatte mir gerade noch gefehlt....

Gegen Nachmittag fand ich irgendwelche relativ gut aussehende Trauben an einem Strauch und stopfte sie mir einfach in den Mund.
Mein Bauch fühlte sich zwar leicht gefüllt an, aber ich hatte das Gefühl mich immer mehr zu verlaufen. Also suchte ich nach einem geeigneten, hohen Baum und kletterte darauf. Ein paar Mal rutschte ich mit den Füßen von den nassen Ästen ab, schaffte es aber nach einer halben Ewigkeit so hoch zu klettern, dass ich einen besseren Überblick über den Dschungel hatte. In weiter Ferne entdeckte ich das Meer.
Mir kam nicht wirklich etwas bekannt vor, aber an dem hohen Berg, auf den ich mal geklettert war, konnte ich ungefähr die richtige Richtung erahnen.
Also machte ich mich wieder an den Abstieg, was aber gar nicht so leicht war. Immer wenn irgendetwas meine Wunde an der linken Seite berührte zog ich scharf die Luft ein und auf so einen riesen Baum zu klettern war leichter, als wieder hinunter zu kommen. Ich brauchte ewig und als ich nur noch etwa 6 Meter über dem Boden war, atmete ich schon auf.
Dann passierte aber das, was ja noch passieren musste. Ich suchte mit meinem rechten Fuß auf einem relativ stabilen Ast halt, der aber wohl doch nicht so dick war wie gedacht. Er hielt mein Gewicht nicht und brach. Instinktiv hielt ich mich schnell an einem anderen Ast fest, rutschte aber ab und fiehl nach unten. Mit einer schmerzhaften Wucht, die den Sauerstoff aus meinen Lungen presste, schlug ich auf dem Waldboden auf.
"Fuck!" schrie ich wütend, als meine Knochen schmerzten und ich Kopfweh bekam. Weswegen ich eigentlich sauer war, lag an meiner Wunde. Blut sickerte über meine linke Seite, da die Fleischwunde wieder aufgerissen war und schmerzhaft brannte.
Na toll!

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