Dave's Sicht
Der neue Name passte recht gut zu Sunny. In den nächsten Wochen war sie nämlich mein einziger Lichtblick. Mittlerweile war sie zu meiner besten Freundin und einzigen Ansprechpartnerin geworden. Sie antwortete mir zwar nicht, aber trotzdem hörte sie mir zu und ich hatte jemanden zum reden. Vermutlich hätte man mich für verrückt erklärt, wenn mich jemand beobachtet hätte, aber das war sowieso nicht der Fall, da es außer mir hier kein menschliches Lebewesen gab. Außerdem war ich vermutlich auch wirklich verrückt.
Sunny linderte diese Gedanken etwas. Ich hatte jemandem um den ich mich kümmern konnte und der mich brauchte. So fühlte ich mich nicht ganz unnütze.Ich konnte sogar sagen, dass die Zeit mit Sunny die beste auf der gesamten Zeit auf der Insel war. Durch Sunny fühlte ich mich nicht mehr so einsam und genug Nahrung konnte ich auch jagen.
Das leben hier spielte sich sogar schon in eine Routine ein.Nur leider hatte alles mal ein Ende.
Nach etwa 3 Monaten mit ihr, musste ich mir eingestehen, dass Sunny's Knochenbruch endgültig gut verheilt war. Mittlerweile hatte sie an das dreifache ihrer Größe Zugelegt und sah meiner Meinung nach ausgewachsen aus. Sunny war groß geworden.
Während der Zeit, wo ihr Bein noch nicht wieder ganz geheilt war, gab ich ihr immer Kräuter und andere Pflanzen zu fressen und als sie immer mehr und mehr wieder laufen konnte setzte ich sie täglich mehrere Minuten auf den Boden ab, damit sie sich selbst essen suchen konnte. Dabei beobachtete ich sie aber immer durchgängig, dass auch ja kein Tier ihr etwas anhaben konnte.Aber mir war klar, dass ich sie loslassen musste. Nun war sie groß, selbstständig und konnte ohne Zweifel selbst im Meer überleben. Sie braucht mich nicht mehr. Manche würden mich vielleicht für dumm halten, weil ich einer Schildkröte so nach trauerte, aber wenn man alleine, so lange auf einer Insel gestrandet war, fühlte man eine unglaubliche Zuneigung zu egal welchen Ansprechpartner.
Lange konnte ich Sunny sowieso nicht mehr bei mir festhalten, da sie immer öfters von selbst schon Richtung Meer, weg lief.Obwohl mein Herz brach und ich wirklich Tränen der einstmaligen Baby Schildkröte nach weinte, nahm ich sie an einem Abend hoch, küsste ihren Panzer und drückte sie an meine Brust, bevor ich sie hinunter, in den Sand ließ.
Mit zitternden Händen sah ich mit an, wie eine Welle über Sunny schwappte, sie hinaus ins weite Meer schwamm und dann für immer fort war.
Ich würde sie nie wieder sehen.Somit war mein einziger Sinn der letzten Monate weg, einfach mit einem mal aus meinem Leben verschwunden. Ich hatte mir nämlich ständig eingeredet, dass ich weiterhin nur überleben wollte, weil Sunny mich brauchte.
Aber jetzt war ich wieder so einsam und alleine wie sonst immer auf dieser beschissenen, verfluchten, einsamen Insel. Es fühlte sich an, als hätte jemand mein Herz heraus gerissen.
"Emily....." wimmerte ich mit einer brüchigen Stimme, die nicht mehr im entferntesten nach meiner klang.
Mein Körper sehnte sich gerade so enorm nach Zuneigung, einfach nur in den ARM GENOMMEN zu werden, aber ich war hier wieder alleine. Mitten auf einer winzigen Insel, im gigantischen Ozean.
So wie die gefühlten letzten 2 Jahre.
Und so würde es auch mein restliches Leben sein.Emily's Sicht
"Ich muss dich später was wichtiges fragen" sagte Jakob durch den Telefonhörer zu mir. Er klang ganz aufgeregt.
Ich lächelte leicht vor mich hin. "Okey...bin schon gespannt"
Dann verabschiedeten wir uns, da Jakob wieder weiter arbeiten musste.
Ich lief planlos in meiner Wohnung herum und entschied mich dann joggen zu gehen.
Als es draußen langsam dunkel wurde kam ich verschwitzt und außer Atem Zuhause an. Sofort ging ich erst einmal in die Dusche und als ich gerade mit Haare trocknen fertig war, hörte ich, wie jemand die Wohnung betrat. Das konnte nur Jakob sein, denn er war der einzige, dem ich den Haustürschlüssel gegeben hatte. Wir waren nun schon seit einem Jahr zusammen und da war das Vertrauen wohl so weit, dass ich ihm die Wohnung anvertraute. Jakob ging sowieso schon täglich ein und aus. In seinem eigenen kleinen Haus, war er die letzten Monate so gut wie gar nicht mehr.
"Hey Schatz..." begrüßte er mich und gab mir einen Wangenkuss.Nachdem wir zusammen zu Abend gegessen hatten, setzten wir uns aufs Sofa und Jakob sah mich glücklich an. "Also, was ich dich jetzt fragen wollte..." fing er an und machte mich neugierig.
"....was hältst du davon, wenn wir zusammen ziehen?"
Total überrascht und sprachlos sah ich ihn an. Begeistert redete er weiter: "Ich will, dass du zu mir ziehst. Wir kennen uns jetzt schon so lange und alles wäre viel leichter und noch besser, wenn wir zusammen bei mir im Haus wohnen würden. Wir wären ununterbrochen zusammen und du könntest die Wohnung hier vermieten oder verkaufen, wie du willst"
Zweifelnd sah ich ihn an. Meine Gedanken überschlugen sich. Klar, ich war mittlerweile schon 28 und es wurde auch langsam Zeit, dass ich mit Jakob was festes anfing und etwas suchte, wo wir noch lange wohnen würden, aber die Wohnung, in der ich mit Dave jahrelang so glücklich gewesen war, verkaufen? Unvorstellbar. Es hingen einfach zu viele Erinnerungen daran. Würde ich hier aus ziehen, wäre es so, als würde ich von Dave endgültig Abschied nehmen und ihn noch mehr betrügen.
Jakob schien mein Unbehagen zu merken und legte eine Hand auf meine. "Natürlich musst du nicht, ich könnte auch hier ein ziehen. " sagte er sanft und sah in meine Augen.
Jakob war wirklich lieb, aber das wollte ich auch nicht. Das war irgendwie meine und Dave's Wohnung und obwohl Jakob das letzte Jahr ständig zu Besuch war, würde es nicht das gleiche sein, wenn er hier einzog. Er nahm dann sozusagen Dave's Platz ein. Nein, das wollte ich auf keinen Fall. Aber die Wohnung aufgeben und zu ihm ziehen konnte ich auch nicht.Es war nicht schwer fest zu stellen, dass ich von dem Gedanken zusammen zu ziehen nicht sehr begeistert war. Jakob zog seine Hand weg und sah mich traurig an. "Oder willst du gar nicht? Du musst mir nur sagen, was los ist...rede mit mir!"
Seufzend wand ich mich von ihm ab und fuhr mir durch die Haare. Ich hatte erkannt, dass ich immer noch an Dave hang. Obwohl es bereits seit unserer Trennung auf dem Pazifik 3 Jahre her waren.
Jakob wartete immer noch auf eine Antwort.Ich kannte ihn mittlerweile so gut, das ich sah, dass er sauer werden würde, wenn ich jetzt nichts sagen würde und ihn ignorierte. Also holte ich tief Luft, sah auf meine Hände und erklärte leise "Jakob, es ist nicht, dass ich nicht mit dir zusammen ziehen will, aber an dieser Wohnung hängen viele Erinnerungen. Gute Erinnerungen. Ich will das hier nicht auf geben...ich...das kann ich nicht."
Ich konnte ihm schlecht sagen, dass ich ihn auch nicht hier haben wollte, weil sonst die Erinnerungen an Dave noch mehr verblassen würden.
"Achja und du bist dir sicher, dass du wirklich mit mir EIGENTLICH zusammen ziehen willst? " herausfordernd blickte er mir direkt in die Augen. Ich erkannte den Schmerz darin. "Emily, das klang gerade nicht so."
"Jakob...." flüsterte ich und es tat mir weh, ihn so traurig zu sehen. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an.
Ich öffnete meinen Mund, aber kein Laut kam heraus.
"Ich dachte du liebst mich." sagte er matt.
"Ich liebe dich doch auch!" antwortete ich sofort.
"Bist du dir da sicher?" sagte er leise. Mein Herz pochte wild.
"Ja!" erwiderte ich sofort. Aber war ich mir wirklich sicher? Vielleicht kannte Jakob mich besser als ich mich selbst.
Aber er bedeutete mir etwas. Sehr viel. Ich rutschte näher zu ihm heran und umarmte ihn. Aber er schlang nicht wie sonst seine Arme um mich. Seufzend löste ich mich wieder von ihm und sah ihm in die Augen.
"Ich brauche einfach noch Bedenkzeit wegen dem zusammen ziehen. Bitte lass mich erst noch darüber nach denken."
Jakob sah mir prüfend in mein Gesicht, suchte irgendetwas und nickte dann.
"Okey...." sagte er langsam. Die Enttäuschung, dass ich nicht so begeistert wie er von dem Vorschlag war zusammen zu ziehen, merkte man ihm deutlich an. "Dann geh ich jetzt besser....oder?"
Wahrscheinlich hoffte er darauf, dass ich sagen würde, er solle die Nacht wie die letzten hier bleiben aber ich nickte nur kurz. "Wäre besser." Ich musste jetzt einfach alleine sein und meine Gefühle ordnen. Er nickte knapp, stand auf und drehte sich nur noch einmal um, bevor er aus dem Zimmer ging. "Gute Nacht Emily"
Dann war er weg. Ohne Abschiedskuss.
Mir war klar, dass ich ihn verletzt hatte, aber es gab keine Entschuldigung. Ich wollte wirklich nicht mit ihm zusammen ziehen, ständig musste ich dabei einfach an Dave denken.
DU LIEST GERADE
Gestrandet
AdventureDies ist die tragische Liebesgeschichte von Dave und Emily. Ein Unglück trennt das verliebte Pärchen 5 Jahre voneinander. In dieser Zeit kann sich viel verändern und Emily muss mit dem Gedanken leben, dass Dave tot ist. Dave lebt aber. Nur, wie lang...