Christian
"Ich muss zu Kevin, sonst beruhigt er sich nicht." Sie steht langsam auf und ich gleite aus ihr heraus.
"Warum du? Kann José das nicht? Er ist doch der Vater oder hab ich das falsch verstanden?" Ich kann nur hoffen, jetzt keine böse Überraschung zu erleben.
"Schon." Sie senkt den Kopf. "José ist der Vater, aber er zieht Kevin alleine groß. Nachdem diese blöde Schlampe den Kleinen zum ersten Mal gesehen hat, hat sie die Beine in die Hand genommen und das Weite gesucht." Ihre Stimme ist traurig.
"Wieso?" Wie kann eine Mutter ihr Kind einfach so im Stich lassen?
"Tja." Cassy atmet tief durch. "Sie hat während der Schwangerschaft geraucht, getrunken und Heroin konsumiert. Dadurch war das Baby schon sehr klein, aber was sie wohl dazu veranlasst hat, war dass er das Downsyndrom hat."
"Oh." Was soll ich sonst dazu sagen?
"Grace hat uns damals über alles informiert und wir haben uns entschieden, es mit dem Kleinen zu probieren. Da er sehr auf mich fixiert ist, kann meist nur ich ihn beruhigen." Sie lächelt freundlich, aber es erreicht nicht ihre Augen.
"Hast du dich anders entschieden?" Frage ich vorsichtig.
"Nein, das nicht, aber so hatte ich mir mein Leben nicht vorgestellt. Aber egal." Sie winkt ab. "Ich sollte gehen."
"Darf ich dich begleiten?" Ich will mehr über sie erfahren. Ich unterhalte mich gerne mit ihr und so erfahre ich auch mehr über sie. Scheinbar ist es für Welch echt schwer.
"Wenn du willst, klar."
Wir gehen die Treppe hinunter und ich greife nach ihre Hand. Ihre Hand ist viel kleiner und zierlicher als meine und es fühlt sich auf irgendeine Art und Weise gut an. Kassandra schenkt mir ein verlegenes Lächeln und führt mich durch die Küche zu einen separaten Raum. Schon durch die geschlossene Tür, hört man ihn schreien. Sie öffnet die Tür und ich sehe José, wie er mit dem Kleinen auf und abgeht.
"Endlich. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Er hat gegessen, getrunken, frische Windeln." Er schaut Cassy an. "Hilfe." Sagt er leise.
Sie nimmt ihm Kevin ab. Behutsam legt sie ihn auf den Wickeltisch und rollt ihn in die Decke ein. Jetzt hat er Ähnlichkeit mit dem Jesusbaby. Wiegend geht sie ein paar Schritte, redet ganz leise mit ihm und obwohl er so laut schreit, scheint er sie zu hören. Sein lautes Gebrüll, wird leiser und schließlich hört man nur noch ihre sanfte engelsgleiche Stimme. Ich verstehe nicht was sie sagt, so betörend ist der Klang. Ich kann den Kleinen verstehen. Wenn ich an ihrer Brust gewiegt werden würde und sie mir sanft Worte zuflüstert, würde ich auch ruhiger werden und alles um mich herum vergessen.
José wirft mir einen zufriedenen Blick zu und verlässt den Raum. Doch bevor er die Tür schließt, beugt er sich zu mir und flüstert mir ins Ohr. "Sie ist ein sehr zerbrechlicher Engel, verletze sie nicht." Ohne auf eine Antwort zu warten, schließt er die Tür hinter sich.
Kassandra hat es scheinbar nicht gehört, sie schmiegt das kleine Bündel näher an sich.
"Möchtest du auch Kinder?" Frage ich leise.
"Ich?" Ihre Augen weiten sich. "Ich kann keine gute Mutter sein." Ihre Augen wirken traurig, irgendwie verloren.
"Warum? Du bist für Kevin auch eine perfekte Ersatzmutter." Erwidere ich.
"Kurzfristig." Sie senkt ihren Blick und schaut ihn an. "Ich kann ihn nicht lieben, wie eine Mutter es könnte. Es liegt aber nicht an ihm, sondern an mir. Ich bin nicht der Typ zum lieben. Das ist scheinbar an mir vorbeigegangen."
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Touch me like you do
RomantizmIch weiß, was es heißt sich zu unterwerfen. Weiß, wie es ist geschlagen zu werden. Als ich es nicht mehr ausgehalten habe, es mich fast umgebracht hat, habe ich mein altes Leben verbrannt. Ein neuer Name, neue Stadt, neues Leben. Mit dieser Lüge leb...