Christian
Mein Arm liegt um ihre Hüfte, während wir durch die dunklen Gassen von Montesano laufen.
"Meine Mutter hat stark unter dem Verlust von Ray gelitten. Er war ihre erste große Liebe und kannte ihn schon aus dem Sandkasten. Sie heirateten als sie noch sehr jung waren und als ich dann kam, waren wir eine kleine glückliche Familie. Nachdem er dann aus dem Krieg nicht wieder kam und sie dann erfuhr, er sei tot, brach eine Welt für sie zusammen. Ich war noch zu klein, erst drei, um das alles zu begreifen. Ich habe sie oft weinen gehört und nicht verstanden warum." Sie atmet tief durch. "Dann kam dieser Bob öfters zu uns. Er wohnte in der Nachbarschaft und half ihr bei den handwerklichen Dingen im Haus. Scheinbar hat sie sich verliebt oder wollte mir zumindest eine heile Welt bieten. Schließlich heirateten sie, da war ich so sieben. Es war ok für mich, denn ich wollte, dass sie glücklich ist." Sie lehnt sich zu mir.
"Und dann?" Frage ich leise.
"Meine Mutter ist in Ihrer Konditor voll aufgegangen, sie liebte ihren Job und jede freie Minute verbrachte ich dort. Vielleicht sind mir deshalb ihre schleichenden Veränderungen nicht aufgefallen. Als ich neun war, brach sie im Laden zusammen. Später im Krankenhaus hat sie mir dann die Wahrheit erzählt. Sie hatte Brustkrebs. Man nahm ihr beide Brüste ab und danach Chemotherapie."
"Oh Gott." Hauche ich.
"Ich habe jede Sekunde an ihrem Bett verbracht, oft auch dort geschlafen. Sie hatte ihn schließlich besiegt." Ich nicke nur. "Als sie wieder zu Hause war, hatte sich vieles verändert. Sie und Bob stritten sich oft. Und leider, kam der Krebs auch wieder. Eines Nachts, meine Mum war im Krankenhaus, kam Bob zu mir ans Bett und sagte, wir zwei müssten jetzt zusammen halten. Und damit fing die Hölle an. Mit zusammen halten meinte er, dass ich seine Lust stillen soll, damit er dann Kraft für sie hat. Er drohte mir, sie sonst zu verlassen. Ich wollte, dass sie glücklich ist und habe zugestimmt." Wir betreten den Wynoochee Friedhof und setzten uns kurze Zeit später auf eine Bank.
"Was hat er verlangt?" Frage ich vorsichtig, obwohl ich es mir fast denken kann. Aber ich will nicht recht behalten und hoffe, dass er sie nicht angefasst hat.
"Zuerst war es harmlos, er wollte mich nur streicheln und später ich ihn. Dann sollte ich es ihm besorgen. Meine Mutter lag im Nebenzimmer und schlief. Es ging ihr nicht gut und deshalb hab ich es alles über mich ergehen lassen. Tagsüber hab ich sie gepflegt und nachts musste ich ihm dienen. Er ging immer weiter, verlangte immer mehr von mir. Mit 10 hat er mich das erste Mal vergewaltigt." Ihre Tränen laufen ihre Wangen herab, ich streiche sie mit der Hand weg, versuche ihr Trost zu spenden, bin aber gelähmt von ihren Worten. Was hat er ihr angetan? Wie konnte er nur?
"Dies habe ich vier Jahre zugelassen, vier lange höllische Jahre. Dann, an meinem Geburtstag, hat er mich mit dem Gürtel so stark misshandelt, dass er dachte ich wäre tot. Diese Nacht erlebe ich immer und immer wieder in meinen Alpträumen. Ich sollte mich bei ihm für sein Geburtstagsgeschenk mit dem Gürtel bedanken, was ich aber nicht tat. Das Blut tropfte auf den Boden, meine Haut war vollkommen aufgeplatzt, Dann wickelte den Gürtel um meinen Hals und zog feste daran, bis alles schwarz wurde. Als ich wieder zu mir kam, war er weg. Ich bin weg gerannt, wurde auf der Straße aufgelesen und ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde ich versorgt. Ich habe kein Wort gesagt, kein Namen, kein Hinweis darauf, wer ich bin. Trotz gebrochener Rippen, etlichen Prellungen und Platzwunden, bin ich in derselben Nacht noch aus dem Krankenhaus geflohen. Meine Mutter lag im Sterben und ich wollte bei ihr sein."
"Nein." Stoße ich heiser hervor.
"Doch. Er lag betrunken, wie immer, auf dem Sofa. Bob hatte sich an ihr vergangen. Sie war grün und blau geprügelt, nackt und missbraucht. Sie hat bitterlich geweint, da er ihr gesagt hat, was er die Jahre über mit mir gemacht hat. Ich sollte meine Freiheit zurück erlangen. Ich sollte ihn umbringen." Sie kneift die Augen zusammen.
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Touch me like you do
RomanceIch weiß, was es heißt sich zu unterwerfen. Weiß, wie es ist geschlagen zu werden. Als ich es nicht mehr ausgehalten habe, es mich fast umgebracht hat, habe ich mein altes Leben verbrannt. Ein neuer Name, neue Stadt, neues Leben. Mit dieser Lüge leb...