Christian
Was denkt sie von mir? Dass ich ein Monster bin? Ich sie nur ausnutze und dann fallen lasse? Verdammt Grey, was willst du wirklich? Ich muss dringend mit Flynn reden. Er könnte mir vielleicht sagen, was los ist. Warum sie so denkt und warum ich so dämlich reagiere. Ich bin gerne in ihrer Nähe und es ist mir auch egal, wer es sieht. Ein süßes Paar, hat Kate gesagt. Ein Paar? Kassandra hat Recht. Ich will unsere Zeit vertraglich festlegen und kontrollieren. Aber bei ihr ist es irgendwie anders, als bei den anderen. Ich schiebe den Gedanken beiseite.
"Ich bin bestimmt nicht der Ritter in der weißen Rüstung, eher schwarzer. Ich habe dir schon viel darüber gesagt, was ich von und mit dir will. Ich habe kein Problem damit, mich mit dir in der Öffentlichkeit zu zeigen. Ich zeige mich gerne mit dir. Wir harmonieren doch auch gut. Komm heute mit zu mir, dann gebe ich dir den Vertrag. Vielleicht bist du dann beruhigter. Es wird auch nur das gemacht, dem du zustimmst. Du bist der Sub, du hast das sagen. Du bestimmst, was ich machen darf und was nicht. Bitte denke nicht, dass ich dich nur benutze und dann wieder fallen lasse. Wenn es wirklich nicht funktionieren sollte, dann müssen wir das akzeptieren. Eine normale Beziehung kann auch in die Brüche gehen." Antworte ich.
"Es ist so kompliziert." Sagt sie leicht verzweifelt.
"Komm heute mit zu mir und dann klären wir alles." Ich muss sie überzeugt, sie darf mir jetzt nicht entgleiten.
"Ich muss hier bleiben. Wenn alle Gäste weg sind, muss ich noch aufräumen." Erklärt sie.
"Willst du nicht?" Frage ich sie ganz direkt.
"Doch."
"Aber?" Ich höre, dass sie irgendein Problem hat.
"Der Tag mit dir war wunderschön und ich habe Angst, er könnte mit dem Vertrag enden." Gibt sie kleinlaut zu.
"Was redest du da? Was meinst du denn, was in dem Vertrag steht?" Ich schaue sie an. Dann entdecke ich José. "Warte kurz hier."
Ich gehe zu ihm und frage ihn, ob es ok ist, wenn ich Kassandra mit zu mir nehme. Ich betone, dass es wichtig ist und er willigt ein. Dann nehme ich ihre Hand und führe sie in Richtung Wagen.
"Was ist los?" Fragt sie.
"Du kommst jetzt mit. Wir klären das." Sage ich nur und gehe schnellen Schrittes weiter.
"Stopp." Sie zieht an meiner Hand und ich drehe mich um. "Bitte." Es ist mehr ein Flehen. "Ich kann nicht so schnell, meine Schuhe." Sagt sie leicht verwirrt und wir beide blicken auf ihre hohen Schuhe. Ohne zu zögern, hebe ich sie über die Schulter. Sie quickt laut.
"Stopp." Ruft sie und ich stoppe abrupt. "Meine Handtasche?"
"Aber dann kommst du ohne Widerworte mit mir." Ich versuche ihr in die Augen zu schauen, doch sie senkt den Kopf. "Schau mich an. Ich will dich. Ich will dich wirklich. Die letzten Stunden mit dir waren so schön. Jetzt würde ich sehr gerne noch etwas Zeit mit dir alleine verbringen. Ich will dich nur für mich haben. Ungestört mit dir seien. Den Vertrag können wir auch noch ein anderes Mal besprechen. Jetzt brauche ich dich, will dich küssen und dich überall berühren. Sag ja."
"Ja." Haucht sie atemlos. "Eine Minute." Deutet sie mir und geht in die Küche. Ich hoffe inständig, dass sie wirklich nur ihre Tasche holen möchte. Sie soll mich jetzt nicht hier so stehen lassen. Nicht nach meinem Geständnis. Noch nie habe ich eine Frau gebeten zu bleiben. Sie förmlich angefleht. Aber ich brauche sie heute Nacht. Sie tut mir gut.
Die Tür öffnet sich und Cassy kommt auf mich zu gelaufen, streckt mir die Hand entgegen und ich ergreife sie.
Als wir im Auto sitzen, schaut sie nachdenklich aus dem Fenster. Ich ergreife ihre Hand und streichle über ihre Fingerknöchel. Sie schaut zu mir und obwohl es dunkel ist, leuchten ihre Augen.
"Was hast du vor, Christian." Fragt sie leise aber ernst.
"Ich möchte dich spüren, sehen wie du kommst."
"Und dann soll ich über Nacht bleiben?" Fragt sie leise.
"Wenn du möchtest? Ich würde mich sehr freuen." Gebe ich zu. "Hast du irgendein Problem damit?"
"Ich habe zum Beispiel nichts für die Nacht mit." Sie sucht nach Ausreden.
"Hab ich alles da. Was ist dein wirkliches Problem?" Langsam werde ich ungehalten. Ich mag es nicht, wenn meine Fragen nicht beantwortet werden oder sie mir ständig ausweicht.
"Ich habe nachts diese Alpträume und möchte dich nicht damit wecken." Sie nestelt an ihrem Kleid herum.
"Mach dir darüber mal keinen Kopf." Sie schaut verlegen aus dem Fenster. "Ich weiß wie es ist, nachts von Alpträumen geweckt zu werden."
Langsam dreht sie ihren Kopf zu mir. "Ich weiß. Ich habe das Entsetzen in deinen Augen lesen können, als ihr mich gefunden habt." Sagt sie nur.
Wie kann sie mich so durchschauen? Das hat noch nie einer gekonnt. Geschweige denn mich darauf angesprochen. Klar wussten Grace und Carrick von meinen Alpträumen, aber um sie zu beruhigen, habe ich gesagt, sie wären weg. Nur Flynn weiß davon. Wie kann Cassy in mir lesen, wie in einem offenen Buch?
"Ich kann hinter die Fassade von Menschen schauen. Schon immer hatte ich eine Gabe dafür, zwischen den Zeilen zu lesen und habe mich über Jahre weitergeschult. Diese Eigenschaft ist sehr hilfreich, wenn man alten reichen Säcken das Geld aus der Tasche ziehen will." Sie lächelt verlegen. "Nur einmal hat mich mein Eindruck getäuscht und zwar gründlich. Seit dem bin ich vorsichtiger geworden."
"Und du meinst, du weißt wer ich bin?" Frage ich sie und schaue ihr dabei tief in die Augen.
"Du bist ein gebranntes Kind. Nicht nur wegen deiner Mutter, sondern da ist noch was viel schlimmeres passiert. Du wirst es mir freiwillig nie erzählen und ich werde es vielleicht nie herausfinden, aber es schlummert noch immer in dir und beschert dir Alpträume. Du hast dir zwar eine hohe und massiv Mauer um dich herum aufgebaut, aber ab und zu lässt du mich in deine Seele schauen."
"Und was siehst du?" Jetzt bin ich gespannt.
"Du bist ein Menschenkenner, lässt dich nicht leicht hinters Licht führen. Brauchst Macht und Kontrolle, damit dir keiner zu nah kommt. Hinter dieser wunderschönen Fassade steckt ein Herz, was noch immer brennt. Die Menschen, die du liebst, würdest du mit deinem Leben beschützen und alles Unheil von ihnen abwenden, dich für sie aufopfern."
Ist es so? Ich würde für meine Familie alles tun, sie immer schützen. Wie kann Kassandra so etwas über mich wissen? Wir kennen uns doch gar nicht. Sie dagegen ist so undurchschaubar. Sie lässt mich nur in winzige Bruchteile ihres Lebens hineinschauen, gibt nicht viel preis.
"Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht zu nahe treten." Sagt sie schüchtern.
"Es ist unheimlich. Noch nie hat sich einer, außer meiner Familie, so mit mir unterhalten. Und schon gar nicht hinter meine Fassade schauen können. Warum komm ich bei dir nur nicht weiter?"
"Wenn du weißt, wie du andere analysieren kannst, weißt du, wie andere es bei dir nicht schaffen." Sie lächelt erzwungen. "Es ist leichter ein Leben zu leben, wenn man nicht zu viel von sich preis gibt. So muss man sich auch nicht erklären oder Rechenschaft für vergangene Dinge abgeben."
"Musst du das?" Worauf will sie hinaus? Wieder so ein Puzzleteil, was ich nirgends anlegen kann. Sie ist so geheimnisvoll.
"Vielleicht müsste ich, aber es war trotzdem die richtige Entscheidung." Antwortet sie nur und mir ist klar, dass sie damit das Thema beendet hat.
Kurze Zeit später lenkt Taylor den Wagen in die Tiefgarage. Ich steige aus und halte ihr die Tür auf, nehme ihre Hand und führe sie zum Aufzug. Auf dem Weg nach oben schicke ich Taylor eine Nachricht, dass er bis morgen früh eine Jeans, eine hellblaue Bluse, Converse und frische Unterwäsche für Kassandra besorgen soll.
Als wir oben angekommen sind, schenke ich uns ein Glas Wein ein und reiche es ihr.
"Die Sicht von hier oben ist atemberaubend. Ich kann verstehen, warum du dich hier in deinem Turm verkriechst." Sie klingt abwesend.
"Möchtest du fliegen?" Mir kommt da gerade eine richtig gute Idee.
Unsere Blicke treffen sich und ich sehe das freudige Funkeln darin.
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Touch me like you do
RomanceIch weiß, was es heißt sich zu unterwerfen. Weiß, wie es ist geschlagen zu werden. Als ich es nicht mehr ausgehalten habe, es mich fast umgebracht hat, habe ich mein altes Leben verbrannt. Ein neuer Name, neue Stadt, neues Leben. Mit dieser Lüge leb...