Ring

6.5K 344 12
                                    

Ich lag bereits seit 6 Stunden in meinem Bett. Die Creme war schon längst eingewirkt,sowie der Tee getrunken und die Tablette eingenommen. Ich starrte an meine Decke,der Raum durch die Jalousien leicht abgedunkelt. Ich dachte nach und das zu viel. Doch die Kraft mich abzulenken,besaß ich nicht. Ich dachte an Jack. An die Schläge,an das Würgen. Ich dachte über seine und meine Beweggründe nach. Über Aktion und Reaktion. Doch zu einem Ergebnis kam ich nicht. Ich wusste nicht,ob oder wann ich ihn sehen wollte. Es schien fast unrealistisch,ihm unter die Augen zu treten. Seine dunkelbraunen Haare,die kreuz und quer und doch in Reih und Glied standen. Seine grünen Augen,die so viel Wärme,doch genauso viel Härte vermitteln konnten. Seine Gesichtszüge,so markant und doch so weich. Er war alles und doch nichts. Ich konnte nicht ohne ihn,das würde ich nie können. Doch eins war mir während dieser 6 Stunden klar geworden: Ich konnte ihn nicht sehen,ich wollte ihn nicht sehen. Es war wie eine Blockade,die sich in meiner Psyche aufgebaut hatte. Es ging einfach nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen ihn zu sehen und ich wollte es mir auch nicht vorstellen. Seine Reaktion,seine Mimik,seine Gestik,das alles wollte ich nicht sehen. "Schatz?",mein Blick glitt zur Tür,in der meine Mutter stand. "Brauchst du irgendwas? Soll ich dir einen Tee machen,oder-" Ich schüttelte nur den Kopf. "Wenn was ist,sag einfach bescheid.",nickte sie und verschwand,nachdem sie mein Fenster auf die Kippe gestellt hatte,aus meinem Zimmer. Ruhe kehrte wieder ein und während ich meinem ruhigen Atem und dem leisen Zwitschern der Vögel lauschte,sank ich langsam,aber sicher,in den Schlaf.

Das Nächste,was mich meine Augenlieder aufschlagen ließ,war das Klingeln der Haustür,welches durchs Haus hallte. Die ersten Sekunden dachte ich nicht groß darüber nach,doch mit einem Mal war ich hellwach. "Mum! Nicht die Tür aufmachen!",rief ich und sprang auf. Bei dem Versuch die Treppe schnellstmöglich herunter zu laufen,fiel ich hin und stürzte die Hälfte des Weges. "Talia,was zum?",meine Mum stand vor der Treppe und half mir auf,während es ein zweites Mal an der Tür klingelte. "Ist dir was passiert?",fragte sie verwirrt und erschrocken von meinem missglückten Stand. "Nein,nein Mum,nur bitte mach nicht die Tür auf!" Sie runzelte die Stirn. "Warum denn nicht?"
"Ehm..ehm..." Nervös begann ich mir auf der Lippe herum zu beißen. "Talia,was ist los?" Ich blickte zu Boden,es wurde zu schwer,ihrem Blick Stand zu halten. Es klingelte erneut.
"Jack hat...",ich stockte. "W-Wir haben uns gestritten.",murmelte ich,worauf der Gesichtsausdruck von meiner Mum von verwirrt auf besorgt wechselte. "Schatz,das ist ganz normal in einer Beziehung. Man streitet sich und man verträgt sich wieder." Ich spürte,wie sie ihre Arme um mich legte. "Ich bin aber noch nicht bereit dafür." Ich merkte,wie die ersten Tränen kamen,worauf ich sie versuchte wegzublinzeln. "Mum,bitte schick ihn weg." Sie drückte mich noch kurz an sich,bevor sie sich löste und nickend zur Tür verschwand. Schnell lief ich die Treppen hoch und wischte mir währenddessen eine einsame Träne auf meiner Wange weg. Schnell schlüpfte ich unter die Bettdecke und zog sie bis zum Kinn,fast so als würde sie mich schützen können. "Machen sie auf! Ich muss mit Talia sprechen!",hörte ich Jacks aufgebrachte Stimme,instinktiv zog ich die Deke noch ein Stückchen höher. "Sie ist nicht da,tut mir leid."
"Natürlich ist sie da! Machen sie auf! Ich will doch nur mit ihr reden!"
"Jack,sie ist noch nicht soweit. Geh bitte!"
"Das kann ich nicht,sie ist meine Freundin! Ich muss mit ihr reden!"
Mir traten Tränen in die Augen,die sich nicht unterdrücken ließen.
"Sie ist meine Tochter und jetzt geh bitte,du kannst in zwei,drei Tagen wiederkommen."
Das wars,die Stimmen von meiner Mutter und Jack verstummten. Ich unterdrückte ein Schluchzen und drückte mich tiefer ins Kissen. Als ich die Schritte meiner Mutter hörte,stand ich jedoch schnell auf und schloss meine Zimmertür ab. Ich wollte nicht,dass meine Mum mich so sah. Noch bevor ich mich in mein Bett legen konnte,hörte ich,wie etwas mein Fenster traf. Verwirrt wollte ich mich hinlegen,doch erneut traf etwas mein Fenster. Langsam ging ich auf mein Fenster zu und sah,wie bereits der dritte Stein an meine Scheibe flog. Draußen stand Jack und war dabei einen weiteren Stein vom Boden aufzuheben,doch als er mich sah ließ er ihn fallen. "Talia,komm runter,wir müssen reden!" Ich schüttelte den Kopf,während mir erneut die Tränen kamen. Mir kam es vor,als würden seine Hände sich erneut um meinen Hals legen und zudrücken. "Talia,bitte! Es tut mir leid! Gib mir einen Chance es wieder gut zu machen!" Ich schüttelte den Kopf,während ich ein Klopfen an meiner Tür hörte. "Talia,mach auf,warum schießt du denn ab?",hörte ich meine Mum hinter meiner verschlossenen Tür. "Talia,lass mich rein!",rief nun auch Jack,was mich erneut den Kopf schütteln und Tränen laufen ließ. "Talia,war das Jack? War das gerade nicht Jacks Stimme?!",hörte ich die aufgebrachte Stimme meiner Mutter vor meiner Tür. Mit einem letzten Blick auf Jack lief ich zu meiner Zimmertür. "Er ist im Garten.",murmelte ich und ließ mich gleichzeitig an der Tür hinunter sinken.  "Na warte,der kann was erleben!",hörte ich noch die Stimme meiner Mutter,bevor sie die Treppe hinunter eilte. Als sie ebenfalls im Garten war,fielen Wörte wie 'Polizei' und 'Chance' ,doch das Meiste verstand ich nicht,da das Gespräch von meinem Schluchzen übertönt wurde.

Wer auf Gewaltszenen mag,kann gerne bei meinen Geschichten: 'Leave me alone' und 'The suicide diary'  vorbeischauen. Würde mich auf jeden Fall freuen!

I love you psychoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt