Kapitel 18

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POV Lukas

Bielefeld, jetzt
Wir hatten unser letztes Konzert der Tour vollbracht und waren alle ziemlich erschöpft. Auf dem Weg nach Berlin fuhren wir an Bielefeld vorbei, sodass Timi aussteigen konnte. Netterweise ließen die Jungs uns etwas Zeit alleine, als ich mich von meinem Freund verabschiedete. Wir würden uns zwei Wochen lang nicht sehen – mindestens – was mich in den Wahnsinn trieb. Außerdem hatte ich bald Geburtstag und hatte eigentlich gehofft, dass wir den zusammen feiern könnten. Nur leider ging das eben diesmal nicht. Dass Tim sich weigerte, nach Berlin zu ziehen, war eine Sache, die mich gigantisch nervte. Klar, Bielefeld war auch ganz nett, aber es würde uns doch allen mehr bringen, wenn er in die Hauptstadt ziehen würde.

Timi und ich standen etwas abseits des Tourbuses, vor seinem Haus und schwiegen uns an. Dass wir nach zwei Jahren Beziehung immer noch so aneinanderhängten, erstaunte mich sehr (auch wenn wir vor ein paar Minuten einen kleinen Streit gehabt haben). Vor allem da wir beide auch ganz gerne mal unsere Ruhe hatten, ganz gerne mal ein paar Tage ohne jeglichen sozialen Kontakt verbrachten. Ich sah zu Tims Haus auf: es war so groß, so dunkel, und doch so schön. Er hatte echt Glück, in so einem riesigen Teil zu wohnen. Und dann versaute er die Wände mit Graffiti, nein, Entschuldigung, Kunst. Ich zog die Mundwinkel nach unten und sah dann wieder zu meinem Freund, der sich die mittlerweile vierte Zigarette innerhalb einer halben Stunde anzündete.
„Ein paar Wochen."
„Ja. Mehr nicht."
„Hmm", machte er nur.
„Weißt du, wenn du bei mir wohnen würdest, hätten wir diesen Stress nicht die ganze Zeit...", fing ich vorsichtig an.
„Mann, Lukas! Jetzt fängst du wieder mit der Scheisse an. Ich will nicht nach Berlin ziehen, Schluss, aus." Er warf mir einen extrem genervten Blick zu und ich bereute meinen vorherigen Satz sofort.
„Ich muss los."
„Ja." Die kühle Stimmung zwischen uns beiden versetzte mir einen Stich. Ich gab Tim einen flüchtigen Kuss und ging dann wieder zu den anderen. Wozu brauchten wir denn lange Abschiede? Man sieht sich doch eh bald wieder.

POV Basti
Ich beobachtete die beiden vom Bus aus. Mir entging die kühle Stimmung nicht und ich entschied mich, dann auch keinen blöden Kommentar loszuwerden, als Lukas geknickt in den Bus zurückkam. Igor und Sudden warfen mir beide besorgte Blicke zu, die ich abwinkte. Lukas ließ sich auf seinen Platz sinken, zog sich seinen Hoodie ins Gesicht und starrte dann aus dem Fenster, in die entgegengesetzte Richtung zu Tims Haus. Letzterer war schon drinnen verschwunden.
„Lukas..." Als Antwort kam nur ein Knurren.
„Ich weiß, dass du Scheisse drauf bist, aber aus irgendeinem Grund liebt Tim Bielefeld. Ich versuch schon seit Jahren, ihn zu überzeugen, nach Berlin umzusiedeln, aber er will einfach nicht." Schweigen. Ich seufzte.
„Er liebt dich, Lukas." Der Angesprochene veränderte seine Position minimalst, schwieg jedoch weiter.

„Schau mal, vielleicht ist das doch nicht so schlecht, dass ihr in zwei verschiedenen Städten wohnt. Dann sitzt ihr nicht so aufeinander", kam es von Igor, der immer wusste, was man in solchen Situationen sagen musste, ohne irgendjemanden zu verletzen. Es kam wieder nichts von Lukas, also entschied ich mich, Timi eine Nachricht zu schreiben.


Ich, 14:27: Weitkamp, dein Schatzilein ist ziemlich betrübt. Ihr müsst das echt mal regeln, mit den Wohnsitzen etc. Ich halt mich raus, aber ich denke auch, dass es am besten wäre, wenn du auch nach Berlin ziehst.

Ich bekam keine Antwort.

POV Tim
Nach Berlin ziehen...Basti wusste doch, wie sehr ich Bielefeld liebte! Dass er mich jetzt, nachdem ich diesen kleinen Streit mit Lukas hatte, damit nervte, trieb mich zur Weißglut. Sauer griff ich nach meiner Bong, die ich schon lange nicht mehr angefasst hatte und wollte gerade anfangen, als mein Blick in die Bong selber fiel und ich vor Ekel fast gekotzt hätte. Du bist ein erwachsener Mann Anfang dreißig und kannst noch nicht mal deine Bong säubern? Was bist du nur für ein Mensch?! Die Mundwinkel verziehend brachte ich das gute Stück zur Spüle und will gar nicht aufzählen, was alles so rauskam, als ich Wasser durchlaufen ließ. Eine Sache lass ich jedoch da: ein paar der Dinge, die da aus der Bong fielen, waren einmal lebendig gewesen.

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