Kapitel 60

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Uh-Oh, where could I go? Everybody's watching me.

POV Lukas
Berlin, am nächsten Morgen
Ich wälzte mich am nächsten Morgen und her – ich hatte nämlich unheimlich schlecht geschlafen in der letzten Nacht, was vermutlich daran lag, dass ich den ultimativen Vertrauensbruch begangen hatte und es mir immer noch nicht klar war, wie ich das Tim antun konnte. Ich fand mich immer wieder in Matthias' Armen, vergrub meine Nase in seiner Brust, atmete seinen Geruch ein, stahl ihm seine Wärme. Und es fühlte sich so vertraut an. Erstaunlich vertraut. Vermutlich weil wir uns schon so lange kannten. Es war schon seltsam, wie schnell man für jemanden Gefühle entwickeln konnte – und dann erst nach so langer Zeit. Ich döste noch ein wenig vor mich, als mein Alarm losging und ich mich über Matthias' Brust lehnte, welcher seine Arme um mich geschlungen hatte, um mein Handy auszuschalten.

„Nein, geh nicht. Bleib hier, Lukas." Matthias zog mich näher an ihn, als ich mich aufsetzte und meine Füße über die Bettkante schwang.
„Sorry, aber ich muss echt gehen." Ich küsste ihn und entzog mich seiner Umarmung ein wenig um ihn anschauen zu können.
„Echt? Wo musst du denn hin?" Er strich mir über den Rücken, während ich mich auf seiner Brust abstützte. Ich fuhr ihm lächelnd mit den Fingern über die Brust, den Nacken hoch und hinter das Ohrläppchen, welches ich kurz zwischen Zeigefinger und Daumen rieb.
„Nachhause. Ich wollte noch jemanden treffen, und..."
„Ach komm schon, bleib hier bei mir." Ich schüttelte den Kopf und stand dann auf, um meine Sachen zusammenzusammeln. Ich spürte Matthias' Blick auf mir ruhen, wie er jede meiner Bewegungen beobachtete, wie ich in meine Boxer stieg, in meine Hose, mir mein T-Shirt überzog und in meine Schuhe schlüpfte.
„Sorry...", meinte ich nochmal. Er sah mich ein wenig traurig an, ließ es aber dabei bleiben. Mein Blick schweifte noch einmal über seinen Körper; mir wurde sofort wohlig, wenn ich daran dachte, wie wir noch vor ein paar Stunden miteinander geschlafen hatten, wie schön das gewesen war.
„Jetzt muss ich wohl den doppelten Walk-of-Shame machen – den, der immer nach Sex kommt, sowie den, nachdem ich meinen Freund betrogen habe."
„Haha, ja, schon."
„Hmmm...na, dann...habe...habe nen schönen Tag."
„Du auch, Lukas." Ich stand auf, gab ihm einen letzten Kuss und verließ dann seine Wohnung. Im Flur kam mir Matthias' Nachbar entgegen, der mich angrinste und mir einmal zuzwinkerte. Zumindest kam mir es so vor, als würde er das tun. Etwas verstört stürmte ich die Treppe herunter und zog mir währenddessen meine Jacke an. Schnellen Schrittes verließ ich sein Haus und ging zur nächsten U-Bahnstation, wo ich glücklicherweise nicht lange warten musste, bis meine U-Bahn einfuhr. Ich setzte mich in einem Vierer-Sitz und verkroch mich so gut es ging in der Ecke. Wenn mich jetzt noch jemand erkennen würde, dann wäre der Tag vollkommen im Arsch.


Zuhause angekommen, sprang ich sofort in die Dusche. Ich wollte das von der gestrigen Nacht abwaschen, einfach nicht mehr daran denken. Jedoch jedes Mal, wenn ich beim Einseifen meinen Körper berührte, dachte ich an Matthias, dachte daran, wie krass das gewesen war, dass es wie in einem Film war, so wie wir miteinander geschlafen hatten. Dass es mir wahnsinnig gut gefallen hatte. Dass ich kein schlechtes Gewissen hatte. Dass ich es nochmal wollte. Der Sex mit ihm war wirklich sehr gut gewesen. Er wusste genau, was ich mochte, küsste mich, leckte mich und fickte mich in einer Art, welche mir wahnsinnig gut gefiel. Und ja, der Sex mit Matthias war trotzdem nicht komplett anders zu dem mit Tim: wir bewegten uns ähnlich, änderten die Position in fast der gleichen Reihenfolge. Jedes Mal, wenn ich an den Sex mit Matthias dachte, zog es angenehm in der unteren Bauchgegend. Ich wollte nochmal zurück zu ihm, wollte ihn wieder und wieder berühren, ihn wieder küssen.

„FUCK! Das muss aufhören!", rief ich mir auf einmal selber zu, während ich mit der Faust gegen die Duschwand schlug. Du hast gerade Timi betrogen. Mit dem Typen, bei dem er Angst hatte, dass du mit ihm schlafen würdest. Ich begann in der Dusche zu zittern – vor Nervosität, davor, dass ich gerade etwas getan hatte, was ich noch nie getan hatte, aus Angst, dass Tim herausfinden könnte, dass ich ihn betrogen hatte und aus Trauer: ich wollte ihm das doch nicht antun! Was sah ich eigentlich in Matthias? Der war doch nur so ein Typ, während Timi die Liebe meines Lebens war! Wütend drehte ich den Hahn ab und stieg aus der Dusche. Ohne mir ein Handtuch zu nehmen, stellte ich mich vor den Spiegel, wischte mit der Hand über den Beschlag, den das heiße Wasser hinterlassen hatte und sah mich an. Mein Körper hatte sich natürlich nicht in der letzten Nacht verändert, ich war immer noch blass, schlank und einer, der seinen Freund betrog. Wer bist du nur?

POV Tim
Bielefeld, jetzt
Alles nur schwarz und weiß – sollte Liebe nicht rot sein?
„Timi, iss doch bitte was."
„Keinen Hunger."
„Aber dann wird dir schlecht."
„Ich will aber nicht."
„Das wird die ganze Sache nicht besser machen." Ich sah meinen besten Freund mit verheulten Augen an. Er schien sich wirklich Sorgen zu machen. Ein guter Mann, der liebe Marcel. Irgendwie schuldete ich ihm etwas.
„Sorry, Marcel, irgendwie..." Er winkte ab.
„Ich versteh schon, dass du nichts runterkriegst, aber du musst es versuchen. Du wirst immer dünner. Hast du Lukas erreichen können?"
„Nein." Traurig sah ich auf meine Hände, die mir auf einmal unheimlich alt vorkamen. Woher weißt du, dass Lukas dich betrügt? Er hat keine meiner Nachrichten beantwortet. Vielleicht hat er viel zu tun? Das glaubst du doch selber nicht!

„Tim."
„Was?"
„Ich habe dich gefragt, ob ich dir was kochen soll." Ich sah zu Marcel hoch, der eine frisch gerollte Zigarette in der einen Hand hielt und die andere Hand in der Hosentasche. Wie lange war ich in Gedanken versunken gewesen?
„Nee, danke, lass mal."
„Ok, dann koch ich uns was", grinste er mich an und sogar ich musste kurz lächeln. Als er in der Küche verschwand, sprang Heisenberg zu mir auf die Couch und kuschelte sich in meinen Schoß.
„Na, kleiner? Du merkst immer, wenn es mir schlecht geht, hmm?" Als Antwort wedelte mein Hund mit dem Schwanz und einige Minuten lang vergaß ich jeglichen Kummer. Ich hatte meinen besten Freund und meinen Hund hier – was will man denn mehr? Lukas. Ich wollte Lukas hier haben. Meinen Lukas, die Liebe meines Lebens. Dass ich heulte, ohne zu wissen, was überhaupt passiert war, war mir unheimlich peinlich. Natürlich war ich frustriert – dass ich ihn so behandelt hatte, dass er sich vermutlich die Liebe, die ich ihm momentan nicht geben konnte, bei jemand anderen holte, dass er mich nicht mehr wollte, dass er sich entliebt hatte. Gedankenverloren strich ich vorsichtig über Heisenbergs kurzes Fell und dachte daran, dass es vielleicht bald nur er und ich sein würden, dass Lukas mich vermutlich verlassen würde – wer wollte denn mit einem Junkie wie mir zusammen sein?

„Werde endlich mal erwachsen...", murmelte ich mir selber zu und starrte traurig auf meine Haustür, von der ich wusste, dass sie sich nicht öffnen würde. Und garantiert nicht Lukas dahinter stehen würde.

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Meine feinen Mäuse! Ich fahre morgen nach Spanien für zehn Tage und suche meine Inspiration :D Deshalb wird es halt jetzt zehn Tage lang keine Updates von meinen Geschichten geben (und dafür heute ein neues Kapitel) - ich hoffe, dass mir der Urlaub inspirationsmäßig wirklich guttun wird und natürlich nehme ich zwar nicht mein Tablet aber dafür ein Notizbuch mit. Wer weiß? Vielleicht kommen ja doch ein paar Ideen für meine aktuellen Geschichten und vielleicht sogar für etwas Neues.

LG


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